13. Tierkreiszeichen entdeckt…
Alle Jahre wieder gibt es große Aufregung in der astrologischen Gemeinschaft. Meistens, weil wieder einmal irgendjemand in irgendeinem Artikel behauptet hat, dass es ja eigentlich 13 Sternzeichen gibt und die Astrologie schon alleine deswegen falsch liegen muss mit ihren Deutungen und Ableitungen. Oder dass die Sternbilder doch heute überhaupt nicht mehr mit den Tierkreiszeichen übereinstimmen würden, weil der siderische Hintergrund sich verändert hat. Einfach ausgedrückt – Astrologen arbeiten mit komplett falschen Daten.
Das ist natürlich immer wieder ein gern genommenes Argument seitens der Skeptiker-Szene und diverser „Hardcore-Wissenschaftler“, die sich schon aus Prinzip nie mit den Grundlagen der Astrologie beschäftigen, weil es aus ihrer Sicht ja gar keine gibt. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Astronomie-Blogger Florian Freistetter, der gerne die kreativen Winter- und Sommerlöcher in seinem Blog mit Angriffen auf die Astrologie ausfüllt. Überschrift: Astrologie ist Unsinn.
Mittlerweile hält der Astronom Freistetter in schönster Regelmäßigkeit Vorträge im gesamten deutschsprachigen Raum über Astrologie und erklärt den Menschen, warum Astrologie nicht nur Unsinn ist, sondern sogar in gewisser Weise gefährlich. Nun sollte man ja denken, dass Menschen, die sich selbst der Wissenschaft verpflichtet fühlen, auch in ihrer Kritik an anderen Systemen wissenschaftlich vorgehen. Aber weder Herr Freistetter noch andere selbsternannte Skeptiker tun dies. Stattdessen werden Plattheiten und Allgemeinplätze als Wahrheiten und Fakten verkauft, die schon beim ersten Blick darauf zeigen, dass der oder die Autoren sich niemals die Mühe gemacht haben, zumindest mal ein seriöses Grundlagenwerk zu lesen. Deshalb kommt es nicht nur zu den eingangs erwähnten Fehleinschätzungen, sondern auch zu Aussagen wie „Astrologie müsse ja Unsinn sein, da sie meist nur die Hauptplaneten für ihre Deutungen benutzt und all die abertausend anderen Himmelskörper, die es ja sonst auch noch in unserem Sonnensystem gibt, außen vor lässt.“ Oder man behauptet wie in diesem Vortrag (LINK zu einem Video), dass es keinerlei Übereinstimmung zwischen den verschiedenen astrologischen Schulen gäbe was die Grundlagen betrifft, weshalb man sich als Kritiker dann eben auch nicht mit Details aufhalten müsse (demnächst werde ich auf Herrn Freistetters Vorträge detaillierter eingehen…)
Vor 50 Jahren hätte man über solch eine Argumentation nur sanft lächeln können, um dann den fehlgeleiteten Kritikern freundlich zu erklären, dass die astrologischen Inhalte ja im Laufe von Jahrtausenden durch Beobachtungen entstanden sind, die sich über alle Kulturen und viele Generationen hinweg erst bewahrheiten mussten, bevor sie Eingang in das astrologische Allgemein-Wissen fanden. Und das eben nur beobachtet werden konnte, was auch im weitesten Sinne sichtbar war, weshalb sowohl die damals „unsichtbaren“ Planeten wie Uranus, Neptun und Pluto (der ja nun nicht mehr als Planet angesehen wird…), wie auch alle sonstigen Asteroiden etc. nicht in das System aufgenommen wurden. Man beschränkte sich sozusagen auf das Wesentliche und vertiefte das Wissen um die wenigen Bausteine, statt es inflationär oberflächlich auszudehnen.
Leider hat sich diese Tradition aber seit einigen Jahrzehnten völlig aufgelöst, heute gibt es tatsächlich umfassende Sammelwerke über fast jeden bekannten Felsbrocken in unserem Sonnensystem, in denen die Autoren dann behaupten, dass ihre darin gemachten Behauptungen mitsamt den astrologischen Zuordnungen allesamt überprüft worden seien. Von ihnen natürlich. Nur leider gibt es bis heute nirgendwo ernst zu nehmende Studien über längere Zeiträume hinweg, die auch nur annähernd einem Forschen im üblichen Sinne gleich zu setzen sind und diese Mutmaßungen belegen würden. Ich selbst weiß von Autoren, die lediglich in ihrer engsten Umgebung (Verwandtschaft und Freunde) die Stellungen diverser Asteroiden und Kleinstplaneten berechnet haben und aus den Charaktereigenschaften des Onkels dann eben ableiteten, wie man den Himmelskörper XYZ deuten müsse.
Aber um Missverständnissen vorzubeugen - ich rede hier keineswegs davon, dass man auch in unseren Zeiten noch Jahrhunderte benötigen würde, um die Relevanz neuer Entdeckungen am Sternenhimmel angemessen zu überprüfen. Würde man dies im Sinne anderer wissenschaftlicher Untersuchungen tun, würde man vermutlich in 10-20 Jahren belastbare Ergebnisse bekommen. Nur geschieht das eben nicht. Im Gegenteil brüstet man sich in weiten Teilen der astro-logischen Gemeinschaft ja mittlerweile damit, dass Astrologie im wissenschaftlichen Sinne nicht beweisbar wäre und jeder Versuch dies zu tun, scheitern muss. Und somit öffnet man Tür und Tor für alle selbsternannten Astro-Gurus, die einfach nur schriftlich behaupten müssen, sie wüssten genau was es mit all den neuen Entdeckungen auf sich hätte und in kürzester Zeit wird aus diesen Behauptungen ein gängiger Standard.
Würde sich also ein objektiver Beobachter offen mit der heutigen, „modernen“ Astrologie beschäftigen, um sie auf ihre Sinnhaftigkeit und Überprüfbarkeit hin zu untersuchen, müsste er erst einmal die „Spreu vom Weizen“ trennen, da mittlerweile die Durchmischung von klassischen Methoden, die sich über viele Jahrhunderte hin bewährt haben, und neuzeitlichen Fantasien, die keinerlei überprüfte Basis haben, sehr weit fortgeschritten ist.
Und das wiederum bedeutet, dass für objektive Beobachter nicht mehr zu unterscheiden ist, ob das System des Zodiaks und die inhaltlichen Zuordnungen diverser Kleinst-Asteroiden verschiedene Ursprünge haben oder auf dem „gleichen Mist gewachsen sind“.
Genau deshalb ist es heute sehr einfach, das ganze astrologische System mit ein paar lapidaren Nebenbemerkungen in Frage zu stellen. Und man muss eigentlich froh darüber sein, daß auch auf Seiten der astro-logischen Kritiker Ignoranz und Arroganz scheinbar so weit verbreitet sind, dass sich niemand wirklich die Mühe macht, sich inhaltlich fundiert mit dem System Astrologie auseinander zu setzen.
Sonst könnten sie ja wirklich eines Tages auf die Idee kommen, böse Frage zu stellen, wenn Astrologen wieder einmal erzürnt ihr System verteidigen und einfach behaupten, dass es nur 12 Tierkreiszeichen gibt und diese keinesfalls identisch mit den Sternbildern sind.
Zum Beispiel die einfache Frage, was denn bitte die Tierkreiszeichen dann wären? Eine äußerst „böse Frage“, denn nach meiner Schätzung werden ca. 99% aller Astrologen und Astrologinnen darauf keine Antwort haben. Außer den üblichen Eso-Klischees wie „der Zodiak ist ein Lichtkreis ums Universum“ oder „der Tierkreis ist nur eine symbolische Metapher“.
Nur wenn dem so wäre, warum soll es dann nicht auch ein 13. oder 14. Zeichen geben? Und warum sollten die Zeichengrenzen dann nicht fließend sein? Dann müsste man aber auch die Planeten vor solch einem, rein symbolischen Hintergrund nicht so genau auf Grad, Bogenminuten und –sekunden festlegen, wie das in der astrologischen Arbeit heute meistens gemacht wird. Und Transit-Auslösungen etc. sollten dann auch nur noch mit großen variablen Zeitspannen angegeben werden, statt so genau, wie wir dies heute tun. Ein lockerer Bilderkreis mit pi-mal-Daumen Festlegungen und dementsprechenden pi-mal-Daumen Deutungen, das wäre dann das entsprechende Model dieser Astrologie.
Und hier würde ich mich dem Astro(-nomie)-Kollegen Freistetter anschliessen: (diese Art von) Astrologie ist wirklich Unsinn.
Einen der besten und wichtigsten Beiträge zu einer neuen Astrologie, die auch genauer Überprüfung standhält, haben in unserer Zeit Alois Treindl und Dieter Koch von der Firma Astrodienst in Zürich/CH geleistet. Ihre Berechnungsgrundlagen für Planeten und andere Himmelskörper haben es möglich gemacht, eigene Beobachtungen über Auslösungen genauestens zu überprüfen. Vieles von dem, was wir hier in den letzten Jahren aufgezeigt haben, könnte ohne diese Grundlagen nicht verifiziert werden. Wenn Astrologie aber eine Pi*Daumen Bilder-Analogie wäre, dann wären diese Berechnungen völlig überflüssig.
Sind sie aber nicht, denn wer immer sich die Mühe macht, zB Auslösungen auf ihre Zeitgenauigkeit hin zu überprüfen (Loop ist voll von solchen Beispielen), wird erstaunt über die Exaktheit dieser Angaben sein. Da ist nichts mit ungefähr, circa oder könnte sein.
Dasselbe lässt sich auch über die Zeichenwechsel von Sonne, Mond und Planeten, ja sogar über den Wechsel der vier Hauptachsen des Häuserkreises sagen und auch nachweisen. Auch hier geht es nicht um ungefähre Zeitangaben, sondern die Orben liegen allenfalls im Minutenbereich.
Zumindest solange man sich auf die alten klassischen Inhalte bezieht. Im Umkehrschluss kann man dann aber genauso schnell feststellen, dass die meisten der neuen „Pseudo-Planeten“ wenig bis gar keine Relevanz haben, wenn man sie auf diese Weise überprüft.
Grundsätzlich möchte ich aber zur Ehrenrettung einer ganzen Generation sagen, dass es bis zu einem gewissen Zeitpunkt völlig natürlich war, sich von der irrwitzigen Informationsflut, die durch Computer und Internetzugang in den letzten 40 Jahren ausgelöst wurde, erst einmal wegschwemmen zu lassen. Natürlich war das alles hochinteressant, vor allem die Möglichkeiten endlich jeden Felsbrocken auf seiner Bahn um die Sonne genauestens berechnen zu können und prophylaktisch in die Charts und Horoskope einzugliedern. Und ich möchte auch keineswegs ausschließen, dass manche dieser neu entdeckten Himmelskörper tatsächlich auch bestimmte Lebensbereiche abdecken und in den Symphonien des Zeitgeists als Obertöne spürbar sind.
Nur – sie innerhalb des Systems gleich zu setzen mit den Hauptplaneten und ihnen sogar in Teilen völlig eigene Bereiche zuzusprechen, die von den klassischen Planeten nicht abgedeckt sind, führt dann eben dazu, dass sämtliche Hierarchien in diesem System verwässert und aufgelöst werden. Bis am Ende nichts mehr unterscheidbar ist, nur noch ein geschmackloser Einheitsbrei von dumpfen Stereotypen übrig bleibt.
Zudem führt diese „Gleichmacherei“ auch zu einer völlig oberflächlichen Betrachtungsweise des ganzen Systems. Würde man einmal davon abweichen, könnte man ja zum Beispiel auf die Idee kommen, Neuentdeckungen systemisch innerhalb der „alten“ Kategorien zu zuordnen. Eben genau im musikalischen Sinne als Obertöne, die zwar selten wirklich hörbar sind, aber trotzdem das gesamte Klangbild mitprägen. Nur sind Obertöne eben immer davon abhängig, dass es auch einen Hauptton gibt (auch dazu demnächst mehr…).
Man könnte bestimmte Asteroidengruppen in einen gemeinsamen Kontext bringen und sie dementsprechend auch nur in Bezug zueinander deuten, ihnen aber gleichzeitig immer einen der alten, klassischen Herrscher als grundsätzlichen Maßstab zuordnen. So würde man im Laufe der Zeit womöglich sehr differenzierte Erweiterungen der bisherigen Lebens- und Themenbereiche bekommen, ohne die systemischen Grundlagen der Astrologie aufzuweichen oder gar völlig aufzulösen.
Allerdings müssten auch diese Zuordnungen verifizierbar sein und das ginge eben nur über differenziertere Formen von statistischen Auswertungen. Aber auch darüber gibt es ja innerhalb der astrologischen Gemeinschaft großen Streit, häufig hört man das Argument, dass die Aussagen der Astrologie eben nicht statistisch erfassbar wären.
Wenn man sich dabei lediglich auf bestimmte Charaktereigenschaften bezieht, die gerne dem einen oder anderen Tierkreiszeichen zugeordnet werden, dann mag das wohl richtig sein. Die Ergebnisse solcher Auswertungen sind bisher fast allesamt niederschmetternd, da sich viele Behauptungen zum Beispiel über Sonnenzeichen und ihr Verhalten nicht belegen lassen. Nur was dabei häufig übersehen wurde und immer auch noch wird ist der Umstand, dass es aber trotzdem sehr signifikante Ergebnisse gab und gibt, die dann aber ein ganz anderes Bild auf diese Archetypen-Lehre werfen. Neue Ansätze in dieser Richtung gibt es allemal, der finnische Mathematikprofessor Kyosti Tarvainen neue Berechnungsgrundlagen entworfen, die sogar die vermeintlichen irrelevanten Ergebnisse von Michel Gauquelin in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen (Artikel darüber beim Astrology News Service). Und vor allem neue Möglichkeit aufzeigen, wie statistische Untersuchungen der tiefgründigen Komplexität des astrologischen Systems gerecht werden können (mehr darüber demnächst…)
Nur sollten diese Bemühungen dann auch seitens der astrologischen Gemeinschaft sehr viel mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit bekommen, als dies bisher der Fall war und ist. Ansonsten macht es wenig Sinn, sich über Kritiker zu beschweren, die auch nächstes Jahr wieder behaupten werden, dass der Schlangenträger doch eigentlich das dreizehnte Sternzeichen wäre.
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