Leschs astrologischer Kosmos
Ausgerechnet mein liebster TV-Wissenschaftler..., der auch noch den selben Vornamen wie ich hat…, und dessen Jupiter im Schützen in enger Konjunktion mit dem Galaktischen Zentrum steht, so wie bei mir die Sonne…, aber egal.
Ausgerechnet Harald Lesch also, seines Zeichens ein Sonnenkrebs mit ziemlich genauem Trigon zu Neptun und womöglich einer Mond-Uranus-Konjunktion. Der mir in früheren Jahren, als das Internet noch ziemlich langsam war, mit seiner Sendung Alpha Centauri, meist eingebettet von den Space Nights, so viel wunderbaren Input vermittelt hat. Über schwarze Löcher, Quarks, Kometen, Planeten, dunkle Energie und was weiß ich noch alles. Kurz und gut – mein Idol, wenn es um Wissensvermittlung ging, um das Erklären von komplexen Umständen auf einfache, aber trotzdem intelligente Art und Weise.
Ausgerechnet er hat sich dieses Jahr jetzt schon gleich zweimal mit dem Thema Astrologie beschäftigt. Zugegeben – im Verhältnis zu manch anderen, selbst ernannten Aufklärern, die in Wirklichkeit nur Phrasen dreschen und Meinungsmache betreiben, wenn es um die Mutter aller Wissenschaften geht, war Harald Lesch dabei noch höflich und zurückhaltend.
Und trotzdem – was er inhaltlich sowohl in seinem Beitrag vom 19.01. über die Sternbilder und Tierkreiszeichen, wie auch über den Einfluß des Mondes letzten Sonntag (bzw. seinen Nichteinfluß auf uns Menschen) zum Besten gab, entsprach so gar nicht dem Bild des Mannes, das sich bei mir im Laufe der Jahre festgesetzt hatte. Natürlich – Lesch ist ein kritischer Geist, der auch andere Themen entsprechend angeht, und das ist auch gut so. Aber ich hatte eben nicht erwartet, dass er ausgerechnet bei meinem Lieblingsthema der Astrologie so absolut nachlässig, ja schon fast fahrlässig argumentieren würde.
Aber seeing is believing, hier erst mal sein Videovortrag zum Thema Zodiak:
Nun, was soll man dazu sagen, eigentlich eher ein Anlass um erst mal betreten zu schweigen. Aber um der alten Zeiten willen, zitiere ich zumindest aus einem unserer zahllosen Beiträge hierzu. Denn das Hauptargument, dass Harald Lesch hier als „Beweis gegen das astrologische Modell anführt“, haben wir hier schon 2012 wesentlich klarer auf den Punkt gebracht:
Arbeiten wir siderisch oder tropisch (heliozentrisch und anderes lassen wir der Einfachheit halber mal außen vor)? SIDERISCH bedeutet: der Tierkreis liegt physikalisch gesehen in den unendlichen Weiten des Kosmos. Seine genaue Position ist nicht feststellbar. Denn seine Begrenzung entsteht durch diverse Fixsterne. Auch kann nicht genau bestimmt werden, wo dieser Tierkreis beginnt.
Ein Beispiel: Das STERNBILD WIDDER besteht aus sehr vielen Fixsternen. Alpha-Arietis (auch Hamal oder Elnath genannt) befindet sich in einer Entfernung von ungefähr 66 Lichtjahren (1 Lichtjahr = 9,5 Billionen Kilometer). Sheraton (beta arietis), der in der Antike als Orientierung für den Frühlingspunkt galt, steht dagegen „nur“ 60 Lichtjahre entfernt. Und 53 Arietis, ein seltsamer bläulich-weißer Stern, den man in klaren Nächten durchaus mit bloßem Auge beobachten kann, liegt knapp 750 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt.
Wenn wir also vom Sternbild Widder sprechen, müssen wir seine Raumausdehnung auf ungefähr 690 Lichtjahre bemessen. Eine Größe, die jeden Vorstellungsrahmen sprengt. Sollte man dann auch noch die Galaxien in diesem Bereich zum Sternbild Widder rechnen, dann befinden wir uns nochmals in einer völlig anderen Dimension. Die Galaxis NGC 680 liegt 120 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, aber immer noch im Sternbild Widder. Wo also beginnt und endet ein Sternbild in seiner Raumtiefe?
Um es auf den Punkt zu bringen: Unbestritten stehen all diese Objekte innerhalb eines horizontalen Himmelsabschnittes. Nur eben extrem weit voneinander entfernt, betrachtet man auch die Tiefe des Raumes. Ist es deshalb wirklich sinnvoll, sie zu einer Gruppe zusammenzufassen, sie als energetische Einheit zu behandeln? Also Sternbild und Tierkreis-Abschnitt gleichzusetzen? Oder handelt es sich vielleicht um zwei unterschiedliche Systeme, die im Laufe der Jahrtausende eine seltsame Symbiose eingegangen sind? Also nicht im Widerstreit zu einander liegen müssten, wenn beide jeweils entsprechend ihrer Komponenten angewandt werden würden?
aus Der Zodiak - Ursprung und Einheit
Nur – ist das eben nur die halbe Wahrheit bzw. die eine Hälfte der Geschichte. In der anderen, die Lesch und die meisten Kritiker aus der Skeptiker-Gemeinde einfach weglassen, wird genau erklärt, was der tropische Zodiak ist und welche astronomischen Grundlagen er hat:
Im tropischen Modell ergeben sich ähnliche Unklarheiten, wenn auch, was physikalische Ausdehnungen angeht, in viel kleineren Dimensionen. Das Stichwort hier heißt: Ekliptik. Die EKLIPTIK beschreibt eigentlich die Bahn der Erde um die Sonne. Geozentrisch betrachtet also die Bahn der Sonne innerhalb eines Jahres. Es handelt sich um einen gedachten Großkreis, der diese Bewegung abbildet. Dort wo sich nun diese Bahn mit einem ebenfalls gedachten Himmelsäquator (die Projektion des Erdäquators in den Himmel) kreuzt, befinden sich die sogenannten Ekliptik-Punkte. Astrologisch sprechen wir von 0°Widder und 0°Waage.
Der FRÜHLINGSPUNKT beschreibt den Anfang des Streckenabschnitts, in dem die Sonne symbolisch über den Äquator steigt, bis hin zum Sommeranfang (0°Krebs), an dem sie ihren höchsten Punkt auf dieser Bahn erreicht. Dieser Punkt ist fast identisch mit der größten Entfernung zwischen Sonne und Erde (um den 5.Juli herum, also bei 13° Krebs). Danach steigt sie bildhaft wieder ab, bis sie den Äquator um den 21. September herum (Herbst Tag-und-Nachtgleiche) schneidet. Den „tiefsten“ Punkt ihrer Bahn erreicht sie zur Wintersonnwende (0° Steinbock), einige Tage später (um den 3. Januar herum) stehen sich Erde und Sonne auch am nähesten.
Die Eckpunkte dieser Bahn sind also klar definiert und verändern sich nicht. Deswegen wird auch in den herkömmlichen Medien der Frühlingsanfang immer mit einer spezifischen Uhrzeit angegeben. Und die ist absolut identisch mit dem Übergang der Sonne von Fische nach Widder. Das tropische Modell dreht sich also ausschließlich um die Beziehung zwischen unserem Heimatplaneten, dem Ort an dem wir uns befinden, und der Grundlage allen Lebens, unserer Sonne. Hierin liegt nichts wirklich Magisches, die ekliptikale Wanderung erschafft quasi die vier Kardinalpunkte unseres Zodiaks von selbst. Jedem dieser Viertelabschnitte werden nun drei Teile zugeordnet, daraus ergibt sich der gesamte tropische Tierkreis mit allen zwölf Phasen. Weitere Erklärungen und Bezugspunkte sind nicht nötig.
aus Der Zodiak - Ursprung und Einheit
Also lieber Herr Lesch, ich hoffe damit ist ein für alle Mal klar, dass der tropische Tierkreis, den die meisten westlichen Astrologen als Grundlage nutzen, in keinster Weise etwas mit Fixsternen und romantischen Sternbildern zu tun hat. Es gibt natürlich auch astrologische Schulen, die mit dem sogenannten siderischen Tierkreis arbeiten, also mit den genannten Sternbildern. Aber wenn man sich hier bei uns dem Thema widmet, vor allem auf kritische Art und Weise, dann sollte man sich vielleicht auch an dem gängigen Modell orientieren. Und somit ist das Märchen vom 13. Sternzeichen ebenfalls als Ammenmärchen geoutet. Hoffe ich zumindest…
Aber leider war das ja noch nicht alles, am Sonntag mussten sie ja unbedingt auch noch einen Beitrag im ZDF einbringen, indem sie die Meinung vertraten, dass der oft vermutete Einfluss des Mondes gar nicht existieren kann. Auch hierzu vorneweg ihre Argumente - Link zum Video
Was mich schon fast gerührt hat, waren die vielen Zettel mit den vielen Untersuchungen zu diesem Thema, von dem sie dann manches vorgetragen haben. Ein Vorgehen, dass ich so noch nicht bei ihnen erlebt habe, normalerweise ist es gerade ihre freie Rede, die mich so oft überzeugt (mit Jupiter im Schützen am GZ kein Wunder…). Um jetzt auf die möglichen Wirkungen des Mondes ausführlich einzugehen, würde ein kleiner Artikel wie dieser nicht ausreichen. Aber ich sammle ja seit Jahren diesbezüglich Material und womöglich wird es eine generelle Antwort auf all die oberflächlichen Kritiken an der Astrologie demnächst in Buchform geben.
Bis dahin möchte ich nur auf drei Fakten hinweisen, um sie, sehr geehrter Herr Lesch, vielleicht doch nochmal zum Nachdenken bringen.
1. Wie kann man behaupten der Mond hätte keinen Einfluss auf uns, wenn man im selben Beitrag ausführlich beschreibt, dass selbst seine Anziehungskraft (die ja angeblich nicht sehr groß ist) ausreicht, um auf unserem Heimatplaneten regelmäßig gewaltige Verschiebungen und Verformungen auszulösen. Und weiter – dass sich ohne ihn aller Wahrscheinlichkeit niemals Leben auf der Erde entwickeln hätte können?
2. Wie kann man die Tatsache ignorieren, dass die Mondphasen fast identisch sind mit der Eigenrotation der Sonne auf 45° ihrer Breite. Und das auch der durchschnittliche (!) Menstruationszyklus der weiblichen Bewohner unseres Planeten damit übereinstimmt? Drei fundamentale, zyklische Übereinstimmungen in die sowohl Sonne und Mond (und damit auch die Mondphasen) wie auch das menschliche Leben und eine seiner Grundlagen auf der Erde generell eingebunden sind?
3. Wieso werden immer nur sogenannte Auswirkungen untersucht, die sich als Unfälle, Sterbeprozesse und ähnliche plakative Symptome zeigen? Während man Milliarden in Projekte wie CERN investiert, auf der Suche nach Gottesteilchen und dunkler Energie? Ist es nicht vorstellbar für seriöse Wissenschaftler, dass auch der „Einfluss des Mondes“ wesentlich subtiler sein könnte und er deswegen nicht so einfach über 08/15 Statistiken zu erfassen ist?
Ein Beispiel:
1940 entdeckten Forscher, daß die Farbempfindlichkeit des menschlichen Auges in der Dämmerung in drei sich überlagernden Perioden schwankt: im Tages-, Jahres- und im Mondrhythmus. Um die Sommersonnenwende herum sieht der Mensch blau besser als rot, aber immer an den Tagen um den Vollmond herum ist er für rot sensibler als für blau. Das gilt auch, wenn die Versuchsperson nicht weiß, in welcher Phase der Mond gerade steht. Wozu diese Veränderungen des Sehvermögens aber gut sein sollen, weiß bis heute niemand.
Aus Bild der Wissenschaft (LINK)
Und sie lieber Herr Lesch haben Ende letzten Jahres ein sehr unterhaltsames Video veröffentlicht mit dem Titel „Die geheime (!) Macht der Farben“ (LINK) Hochinteressant wie sie darin aufzeigen, welche Wirkung zum Beispiel die Farbe Rot auf uns hat. Sollten nun ihre Kollegen Recht haben und um den Vollmond herum würden wir tatsächlich weitaus sensibler auf diese Farbe reagieren, dann hätte der Mond nach ihren eigenen Ausführungen doch einen ganz erheblichen Einfluss. Oder besser – zumindest könnte man anhand der Mondphasen ablesen, wann wir für bestimmte Farben empfindsamer sind als zu anderen Zeiten, was wiederum nach ihren Ausführungen auch großen Einfluss auf unser unmittelbares Erleben hätte.
Das ist jetzt nur mal ein Schnellschuss, ich habe mir zur Abwechslung mal genauso wenig Mühe mit einer Antwort gegeben, wie sich die meisten Kritiker wenig bemühen, das astrologische Modell zumindest in den Grundlagen zu verstehen.
Aber was ich bei anderen noch hinnehmen kann, kann ich bei Ihnen, Herr Lesch, nicht einfach so stehen lassen. Und ich hoffe sehr, dass sie sich dem Thema Astrologie nochmals widmen werden. Nur dann bitte inhaltlich wirklich fundiert und mit kritischen Anmerkungen, die auch einen überzeugten Astrologen wie mich zumindest etwas herausfordern und ins Grübeln bringen könnten. Denn genau danach sehnt man sich in einer Welt voller selbsternannter Besserwisser, die die älteste Wissenschaft der Menschheit immer noch behandeln, als wäre es ein Kapitel aus Grimms Märchen. Man sehnt sich nach inhaltlicher Kritik von intelligenten Menschen, die einem neue Ansätze und Perspektiven aufzeigen kann.
Übrigens - auch das häufige Argument, es gäbe ja bis heute nicht mal eine These, weshalb das astrologische Modell funktionieren würde, ist falsch. Es gibt mittlerweile einige Überlegungen dazu und selbst in unserer kleinen Zeitung finden Interessierte Stoff zum Nachdenken, zum Beispiel in unserem Artikel Hoffnung auf eine Wissenschaft?
Titelbild: By Karl-Heinz Wellmann (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons; Prager Uhr - Calabi-Yau von Lunch [CC BY-SA 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons; Modelle (bearbeit)- Original image by Niko Lang SVG version by User:Booyabazooka (Own work) [CC-BY-SA-2.5 via Wikimedia Commons;