Dean Potter - ein Sprung zuviel
„Würdige die Macht der Natur und wisse um den Rhythmus jedes Augenblicks, das ist der Weg der Leerheit.“
Ronin Miyamoto Musashi, Japan, 1586
Am Wochenende sprang einer der bekanntesten Extrem-Sportler unserer Zeit, Dean S. Potter, zusammen mit seinem Begleiter Graham Hunt nur wenige Stunden vor Neumond vom 2300 Meter hohen Taft-Point-Felsen im Yosemite-Park / USA. Wie Vogelmenschen wollten sie mit ihren Wingsuits durch eine enge Schlucht zwischen zwei Felsen fliegen, um dann auf der anderen Seite ins Tal zu gleiten. Dort sind sie nie angekommen, die Leichen der beiden wurden am Sonntag Morgen von Rettungskräften geborgen (LINK).
Dean Potter, eine Widder-Sonne mit Trigon zu Saturn und Pluto, war einer der bekanntesten Vertreter der Extrem-Sport-Szene. Zum einen wohl deshalb, weil er sich nicht nur als Freeclimber einen Namen machte, sondern ebenso im Slacklining, Wingsuit-Fliegen und Base-Jumping Rekorde brach. Zum anderen vielleicht auch deshalb, weil die Gradgenaue Opposition zwischen Saturn und Neptun in seinem Radix genau das ausdrückt, was diese Szene beherrscht: die Transzendierung der eigenen Grenzen, die Überwindung der gesetzten, roten Linien als Mittel für neue Bewusstseins-Erfahrungen.
Viele Menschen denken, dass ich keine Angst habe, aber ich habe Angst. Angst ist etwas wertvolles, denn sie treibt mich in höhere Bewusstseins-Zustände, in denen ich intensiver wahrnehme. Du musst dich entspannen oder du verlierst die Kontrolle und vermasselst es. Die ganze Kunst besteht darin, ruhig zu bleiben.
Dean Potter
Mit dieser Haltung wurde Dean Potter schon zu Lebzeiten zu einem Mythos, er lebte für diese Augenblicke und Momente, machte sie sich zu eigen auf seine ganz spezielle Art (LINK).
Gerade deshalb fragen sich nun viele, die ihn kannten, wie es zu dem tragischen Unglück kommen konnte. Potter war bekannt für seine sorgfältigen Vorbereitungen, als jemand der sich über die Risiken bewusst war und alles tat, um sie zu minimieren.
Die Antwort aus astrologischer Sicht lautet: es konnte passieren, weil Dean Potter anscheinend nicht wusste, dass sich seine natürlichen Anlagen ausgerechnet jetzt nicht mehr in fließender Übereinstimmung mit dem befanden, was wir oft so leichthin den „Zeitgeist“ nennen. Dieser „Zeitgeist“ verändert und wandelt sich ja beständig, was gestern noch „zeitgemäß“ war, ist es heute nicht mehr, kann es aber durchaus morgen in leichter Abwandlung wieder werden.
Dieses Wissen um den Rhythmus jedes Augenblicks, wie es der japanische Samurai Miyamoto Musashi in seinem "Buch der 5 Ringe" ausdrückte, ist gerade für Menschen absolut unverzichtbar, die sich permanent Risiken und Gefahren aussetzen. Denn hier entscheidet eine winzige Unaufmerksamkeit, eine Ablenkung, die vielleicht nur den Bruchteil einer Sekunde andauert, über den Ausgang jeder Unternehmung. Wenn die Diskrepanz zwischen den eigenen Anlagen (ausgedrückt durch das Radix-Horoskop) und den aktuellen Zeitwinden zu groß wird, entsteht fast immer ein Spannungsdruck, der durch die üblichen Maßnahmen und Vorkehrungen nicht aufzufangen ist.
Wir haben hier im Laufe der letzten drei Jahre viele Beispiele aufgeführt, in denen genau das zu bedauerlichen Unglücksfällen geführt hat, die man vielleicht mit dem nötigen Wissen und einer entsprechenden Haltung hätte verhindern können (siehe Beispiel-Links am Ende des Artikels). Und in fast allen Fällen kann man die „astrologischen Marker und Auslöser“ auf einige, wenige Archetypen reduzieren.
Uranus spielt bei Unfällen aller Art, mit denen niemand gerechnet hat, eine große Rolle. Nicht weil er ein Sendbote eines unabwendbaren Schicksals wäre, sondern weil er die allerfeinsten Strömungsschwankungen im Zeitfluss versinnbildlicht, die sich unserer „normalen“ Wahrnehmung meistens entziehen. Da ist dann vielleicht oft so etwas wie ein intuitives Knirschen im Innersten wahrnehmbar, das aber meistens ignoriert wird aus Mangel an Erfahrung im Umgang damit. Denn natürlicherweise tritt dieses „Knirschen“ nicht sehr häufig auf, ein klares Erkennen und Unterscheiden ist deshalb schwierig.
Ebenso tauchen die klassischen Übeltäter Mars und Saturn häufig auf, vor allem im Vergleich zwischen Radix- und Unfall-Daten. Mars als Symbol für die Dynamik und Kraft, die unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr kontrollierbar ist, Saturn als Hüter genau der Grenzen, die Extremsportler wie Potter überwinden wollen. Und auch Neptun und Pluto spielen immer wieder eine unrühmliche Rolle, wenn man nach Spannungs-Aspekten sucht, die bei solchen Ereignissen astrologisch relevant sind.
Bei Dean Potter steht in diesen Tagen Pluto im Quadrat zu seinem Radix-Uranus in der Waage, der in den Monaten zuvor auch immer wieder durch die Opposition des aktuellen Uranus "getriggert" wurde. All das könnte dazu geführt haben, dass der Wunsch nach gänzlich neuen Kicks entstanden ist, nach Herausforderungen, die man selbst zuvor noch nicht gemeistert hatte (Uranus Opposition Uranus). Das Quadrat von Pluto kann aus solchen Ideen dann auch schon fast zwanghafte Vorstellungen werden lassen, dann steht die Überwindung der eigenen Ängste womöglich an oberster Stelle und lässt einen unachtsam gegenüber den realen Gefahren werden.
Was aber viel schwerer wiegt an diesem Wochenende ist der aktuelle Übergang von Mars über den Radix-Saturn von Potter bzw. dessen Opposition zum Radix-Neptun. Das ganze Thema der Be- und Entgrenzung, der Transzendierung und Überwindung der eigenen Ängste im Angesicht einer Gefahr, die tatsächlich lebensbedrohlich ist, wird hier aufgewühlt und hochgeholt. Allerdings unter umgekehrten Vorzeichen - Saturn befindet sich ja auch in Opposition zum Radix-Saturn von Dean Potter, der eigene Sinn für Wirklichkeiten und reale Bedrohungen entspricht in solchen Zeiten kaum noch den wirklichen Gegebenheiten. Und überall dort, wo man sich auf die reine Erfahrung, auf reine Gewohnheiten und alte Sicherheiten verlässt, reicht dann ein weiterer Transit wie der von Mars, um das "energetische Fass zum Überlaufen" zu bringen.
Vielleicht zeigt sich das dann in einem Windstoß, der genau im falschen Augenblick von der Seite kommt, einer der sonst nie dort zu erwarten wäre, der noch nie beobachtet wurde. Aber unter solchen Auslösungen steigen die Chancen auf einen unerwarteten Ausgang, auf Hindernisse und Gefährdungen enorm.
Und womöglich spürt man auch dieses Knirschen, vielleicht weil die eigenen Ängste größer sind als sonst? Aber woher soll man wissen, dass dieses gespürte Knirschen ein wirklicher Warnhinweis ist, nicht nur eine Variation der "normalen" Ängste, mit denen man bei jedem Sprung einen angemessenen Umgang finden muss?
Aus astro-logischer Sicht sollte man niemals, unter keinen Umständen, innerhalb eines ausreichend großen Zeitrahmens, unter solchen energetischen Wirbeln größere Risiken eingehen. Das ist ein Spiel mit dem Feuer, das in 99 von 100 Fällen zumindest zu schwersten Verbrennungen führen wird.
Dabei spielt es absolut keine Rolle ob man an „Astrologie glaubt oder nicht“. Ebenso wenig wie es eine Rolle spielt, ob man an die Schwerkraft glaubt oder an Photosynthese. Es sind nur Bilder und Begriffe, die oberflächlich umschreiben, was sich als Wirkung in unserem Leben zeigt und damit zu Wirklichkeit wird. Genauso wenig wie man unter normalen Umständen auf die Idee käme, ohne Fallschirm aus einem Flugzeug zu springen, sollte man unter bestimmten Transiten und Auslösungen auf die Idee kommen, unnötige Risiken einzugehen oder sich vermeidbaren Gefahren auszusetzen. Gerade auch dann, wenn man dies ansonsten tagtäglich tut.
Dean Potter hat anscheinend davon nichts geahnt und so bleibt jetzt für alle die ihn kannten und schätzten erst mal nur die Trauer über den Verlust. Und die Erinnerungen an magische Momente, die er zu einer anderen Zeit erschuf, als Sinnbild für das wozu wir Menschen fähig sind, wenn wir an unsere Grenzen gehen.
Nachtrag (21.05.2015):
Ursprünglich kursierte im Netz ein anderes Geburtsdatum von Dean Potter (18.01.1972), vor dem Hintergrund dieser Daten entstand die erste Fassung dieses Artikels. Die meisten Aussagen daraus, mussten aber nicht verändert werden, auch wenn das mittlerweile verifizierte Datum um fast drei Monate abweicht. Denn statt nun die ernüchternde Erfahrung zu machen, dass die These der astro-logischen Auslösungen in diesem Fall nicht greifen würde, zeigte sich, dass das "richtige" Datum fast identische bzw. ganz ähnliche Auslösungen hatte, wie das zuvor angenommene. Und seltsamerweise finden sich auch Aspekte darin wieder, die hier ursprünglich thematisiert wurden, aber zumindest beim geozentrischen Vergleich keine Rolle mehr zu spielen schienen.
Zum Beispiel die grad-genaue Opposition von Uranus zu Uranus, bezogen auf das erste Datum. Ein wirkliches Sinnbild für unvorhergesehene Wendungen, dass nun scheinbar fehlt. Aber nur solange, bis man die heliozentrischen Daten vergleicht. Hier findet sie sich, zusammen mit vielen anderen Auslösungen wieder, die auch bei den Beispielen in den nachfolgend aufgeführten Artikeln eine Rolle spielten.
Titelbild: Potter - By Filmfest St. Anton (http://filmfeststanton.twoday.net/stories/5987301/) [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons; Mond - By John Fowler from Placitas, NM, USA (Blue Canyon Moon Uploaded by russavia) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons; Video: von Vimeo - https://vimeo.com/56298775