Frau Merkel und die Handy-Wende
Böse Sache das – hätte man Angela Merkel vor kurzem noch erzählt, dass auch sie zu den üblichen Verdächtigen gehört, die von befreundeten Mächten heimlich belauscht werden, hätte Frau Sonne-Uranus wohl nur kurz und erheitert aufgelacht. Hätte – hätte – Deutschlandkette, denn wer einen Pluto (-Transit) hat, braucht sich um den Schaden nicht zu sorgen. Schon gar nicht, wenn es dabei um geheime Dinge geht wie vertrauliche Telefonate, SMS oder Mails. Oder geheime Dienste wie die NSA, deren Angestellte genau dafür bezahlt werden – alles abzuhören, was nicht bei Drei schon wieder im ewigen Datenrauschen verschwunden ist. Die einen trifft das härter als die anderen, und wenn man besagten Pluto gerade in Opposition zum eigenen Merkur hat, dann sind die flotten Jungs vom Abhördienst eigentlich nichts weiter, als Erfüllungsgehilfen des eigenen Kommunikations-Karmas.
Und genau das hatte Frau Bundeskanzlerin gerade, genauer gehts nicht. Am 25.Oktober gegen 2:21 h war die Opposition zwischen dem Herrn der Unterwelt und dem eigenen Götterboten exakt, und das klingt nach einer schlaflosen Nacht. Die meisten Frauen würden, wenn sie feststellen, dass sie vom eigenen Freund betrogen wurden, sofort und ausgiebig eine beste Freundin anrufen und sich heftigst beklagen.
Aber ausgerechnet das geht ja nicht mehr. Ohne in weitere Gefahren zu geraten. Man müsste sich jedes Wort zweimal überlegen, jeden Gedanken verschlüsseln und kryptisch in Gleichnisse verpacken, damit nichts Falsches an die falschen Ohren gelangt. Wenn das unter solch einem Transit nicht zu Paranoia führt, dann ist man entweder schon erleuchtet oder arbeitet selbst für die NSA.
Willkommen in der Wirklichkeit, Frau Bundeskanzlerin. So schnell kann´s gehen. Eben hatte man noch von Ihnen gehört, dass man das alles mit Bedacht überlegen müsste, ist zwar nicht nett, was Amerika (und Russland und China und England und…) da machen, aber ganz so dramatisch, wie es die ewigen Verschwörungstheoretiker wieder hinstellen, kann es auch nicht sein. Schließlich ist das hier der freie Westen und kein Stasi-Unrechts-Staat.
Man will sich vermutlich, wenn man im selbigen aufgewachsen ist, gar nicht vorstellen, wie die politische Landkarte heute aussehen könnte. Wenn Stasi und Co. auch nur annähernd die Mittel gehabt hätten, die den heutigen „Abwehrdiensten“ zur Verfügung stehen.
IM? Überflüssig. Denunziation? Überflüssig. Mühsame Verwanzungen von konspirativen Wohnungen? Überflüssig. Der Staat hätte vermutlich ein Gesetz erlassen, wonach Briefe nur noch auf speziellen, volkseigenen Computern geschrieben werden dürften, alle mit einem eigens entwickelten Betriebssystem und Mailprogramm, das den gesamten Datenverkehr zweimal täglich an die zuständigen Stellen versendet hätte. Obendrauf hätte jeder Bürger ein schickes Handy aus dem Kombinat „Horch und Lausch“ kostenlos als Dreingabe bekommen, über das jedes Gespräch sowie der Standort der Beteiligten ebenfalls sofort weiter geleitet worden wäre.
Und natürlich hätte die Datensammelwut von Honecker und dem Ministerium für Staatssicherheit nicht an den Landesgrenzen halt gemacht. Die Argumente dafür wären dieselben gewesen wie heute in Amerika und anderswo.
Das Schöne an einem Pluto-Transit ist ja häufig, dass man sich all das Schreckliche äußerst plastisch ausmalen kann, das vorher nur in dunklen Ecken des Bewusstseins als ungreifbare Ängste vor sich hin moderte. So wie damals, im April 2011, als sich die ganze Welt über Frau Merkels Kehrtwende in der Atomfrage wunderte, als sie von der glühenden Befürworterin über Nacht zur AKW-Gegnerin wurde.
Da mag ähnliches in unserer Kanzlerin vorgegangen sein, denn damals marschierte Pluto gerade zum ersten Mal in diese Opposition zu ihrem Merkur, und näherte sich bis auf 1 ½ Grad an. Damals, als mit dem Wechsel Uranus ins Alpha-Zeichen Widder der Tsunami nach Japan kam und die Mär von den sicheren Atomkraftwerken hinwegschwemmte.
Synchronizität der Ereignisse, jetzt wo Pluto Merkels Merkur zum letzten Mal an tickt, wird also wieder offenbar, dass der technische Fortschritt das angestrebte Urvertrauen von krebsbetonten Menschen nicht verdient. Selbst wenn man einen Wassermann-Mond hat und Uranus in Konjunktion mit der eigenen Sonne steht. Wobei dann hartgesottene Physikerinnen eher dazu übergehen könnten, den Menschen als Fehler im Getriebe auszumachen, was ja nicht ganz verkehrt ist. Nur – wohin soll das führen? Gemacht wird eben was machbar ist, und je nach Interessenlage kann das dann auch zu seltsamen Ergebnissen führen.
Zum Beispiel indem man das, was man schützen wollte (die Freiheit des Einzelnen ist unser höchstes Gut…), der irrigen Vision von absoluter Sicherheit und Kontrolle opfert. Auch das ist ja zumeist plutonisch motiviert, nur funktioniert das ausgerechnet heutzutage nicht. Zwar sind die Mittel da, aber der eigensinnige Uranus, der einerseits alles auf den Kopf stellt (auch sich selbst) und andererseits immer gegen die üblichen Richtungen strömt (auch er selbst), zeigt durch sein Quadrat zu Pluto gerade auf, wo denn der eigentliche Fehler liegt.
Im Leben selbst. Denn immer gibt es irgendwo eine Lücke, etwas, dass sich anders entwickelt, als vorgesehen. Man nennt das meistens Evolution, wenns plötzlich kommt, mit einem R am Anfang.
„Was tun?“ spricht Zeus in Form von Merkels Jupiter. Denn wo man gerade dachte (sic!), dass Hades Stichelei nun ein Ende hätte, begibt sich selbiger nun in die Opposition zum eigenen Jupiter. Was sich da in den letzten Jahren meist als generelles Unwohlsein gezeigt hat, wird nun zum Weltbild werden, zu einer Vision von „Schöner Neuer Welt“, in der man sich womöglich alte Mauern wieder wünscht. Nur diesmal als eine Art Daten-Dom, eine gigantische Käseglocke, die man dem eigenen Land gern überstülpen würde, den Dichtern und Denkern als Schutz vor Richtern und Henkern.
Oder zumindest mal dem eigenen Handy, damit man endlich wieder die beste Freundin ohne Angst anrufen könnte. Aber die Wut bleibt, ein Krebs ist schließlich ein Gefühlsmensch, das steckt frau nicht einfach so weg. Der Schütze-Mars sucht vielleicht schon nach den richtigen Antworten, es muss ja nicht gleich ein Hackerkrieg sein, aber zumindest ein Zeichen setzen.
Dabei wär es doch wirklich einfach, vor allem wenn man die mächtigste Frau der Welt ist. Ich erinnere mich da an die berühmten autofreien Sonntage. Da ging es ja auch nicht ums Weltklima (das hat damals niemanden interessiert), sondern man wollte den gierigen Öl-Multis und -Staaten mal zeigen wie weh es tun kann, wenn das Auto-Deutschland zu Fuß geht. Hat nicht lange gedauert und der Ölpreis kam wieder auf den Boden der Bezahlbarkeit. Was, wenn man mit Netz und Handys einfach mal dasselbe machen würde? Einmal die Woche ausschalten, 24 Stunden lang. Am besten staatlich verordnet oder zumindest gefördert – wer mitmacht, kriegt einen Bonus bei der jährlichen Steuererklärung.
Das ginge ans Eingemachte, zumindest bei denen, die ihre Umsätze ausschließlich und vor allem übers Netz und mit dem Mitteilungsbedürfnis aller anderen verdienen. Und das sind keine Peanuts. Und wenn´s ums Geld geht, dann verstehen Facebook, Google und Co. keinen Spaß. Werden womöglich aufmüpfig und verweigern die Abhörfrequenzen. Auf jeden Fall gäbe es einigen Ärger mitsamt einem angenehmen Nebeneffekt. Statt auf Facebook virtuellen Freunden nachzujagen würde die Uranus-Neptun Generation womöglich eine völlig neue Erfahrung machen - es geht auch ohne Dauertweets und SMS, ohne WoW und Gefällt mir Buttons. Das Netz ist nur ein Teil des Lebens und nicht umgekehrt – wer weiß was aus so einem Netz freien Sonntag noch alles Großartige entstehen würde.
Aber unter einem Pluto-Jupiter Transit neigt man dann vielleicht doch eher zum Jammern und Wehklagen. Statt der notwendigen Anpassung eigener Zielvorstellungen und Weltbilder, ergibt man sich lieber alten Macht- und Ohnmachts-Dramen. Hilft zwar niemand und ändert auch nichts, aber bietet massig Gründe für schlechte Laune und miese Stimmung. Die bekommt jetzt erstmal Barack Obama zu spüren, auch er ja ein Vorbild, was exakte Transitauslösungen angeht. Wie wir ja schon in USA: Ko(s)mischer Tramödien-Stadel geschrieben hatten, der 23. Oktober war ein ganz besonderer Tag für ihn - Saturn exakt im Quadrat zu seiner Löwe-Sonne. Damals war zu befürchten, dass sich das über den Haushalts-Streit zeigen würde, aber kaum löst man unter solchen Transiten ein Problem, poppt wie Kai aus der Kiste sofort das nächste auf. Gerade noch als Gewinner der Krise gefeiert, steht er plötzlich als falscher Freund und "Fuffziger" da. Aber man darf in solchen Momenten auch die Frage stellen, warum dieses "Outing" ausgerechnet jetzt passiert, nachdem bestimmte Kreise in den USA eine empfindliche Schlappe erlitten haben. Und natürlich darf man auch die Frage stellen, ob bundesdeutsche Politiker tatsächlich so naiv sind, wie sie sich gerade geben.
Eines zeigt die Abhöraffäre um das Kanzler-Handy aber deutlich - die "Schöne Neue Welt" von Aldous Huxley ist vielleicht näher als mancher glauben möchte, und Orwells "1984" bleibt auch fast 30 Jahre später noch eine düstere Vision der Zukunft.
Titelbild: Armin Linnartz (cropped version of File: AM Juli 2010 - 3zu4.jpg) CC-BY-SA-3.0 via Wikimedia Commons