Die Magie des Irdischen
Stiere und vor allem Stierinnen (sie haben ja Frauen-Bezug, weil es im ersten weiblichen Zeichen im Kreis grundsätzlich auch um die fruchtbaren Körper geht) sind Alchemisten. Vielleicht die ersten "Hexen", da sie mit dem Anfassbaren arbeiten und aus dem Nichts das Alles machen. Das Prinzip des Gebärens der Welt im Element Erde, von Raum und Zeit, spiegelt sich darum auch in den großen Frühjahrsfesten. Wie heute und morgen zur Walpurgisnacht und Beltane, dem "Hexenbrennen" und Feuerfest. Diesmal, nach dem Vollmond, speziell voller Hingabe, Mut, Wucht, Druck ein Funkenregen an schaffender Energie. Das ist die Power von Lilith/Mars/Pluto, die sich nun auf Trigger hin so leicht entlädt, wenn sie nicht ein anderes Ventil findet. Zum Beispiel eine beabsichtigte Feier des Lebens, gerade da, wo man sich momentan von so vielem verabschieden muss.
Alter und neuer Skorpion-Herr stehen ja immer noch zusammen mit dem Schützer-Dämon Lilith und verlangen, dass man loslässt, was vergangen ist und stattdessen auch Altes absolut neu beginnt. Manchmal hört man ihre dreifache Energie zur Zeit fast im Brausen der Lüfte oder des Wassers, Knistern des Feuers und jedem scharfen Schritt auf der Erde, wenn die Emotionen losbrechen. Auf stabilem Boden aus Lehm ist das sicherer, als wenn man auf Treibsand baut.
Es gibt - nicht nur für Frauen - kaum ein hilfreicheres als das heidnische, archaische 2. Zeichen, das gleichzeitig ja die 1. und körperlichere der beiden Venusphasen ist und ganz eng verbunden mit den physischen und psychischen großen Ahninnen. Wie der alten großen "Schweinegöttin" Nut oder auch Neith, der Himmelskuh. Einst umfassende Frau der Extreme zwischen Himmel und Erde, dann domestiziert wie der Stier.
Hier im Zeichen wohnen überhaupt die Himmelsmütter, die ihre Erde beschützen. Ihre "niedrigeren" Nutz-Tiere zeigen die praktische Ursprünglichkeit des letzten Zeichens vor den Zwillingen an. Alles Sein vorm Einbruch des Geistes, der konstruierenden Luft. Das, was IST. Oft herabgewürdigt von Männern und - schlimmer - anderen Frauen, weil das Stierische manchmal missverstanden ist als grob und unterdrückbar. Wieso? Weil die sozialen Frauen früh nicht nur in ihren "netten" venusischen Möglichkeiten erkannt wurden, sondern als Trägerinnen des Plutonischen auch als zerstörerisch. Was dann in Pornographisierung und Abspaltung der wilden Körperlichkeit enden kann:
"Die nackte Göttin Nut wird auf eine Nutte reduziert: ›Beischläferin‹, ›Konkubine‹, ›Tänzerin‹, ›Puppe‹, ›Dienerin‹ oder ›
Sklavin‹ wurde sie von ÄgyptologInnen genannt, obwohl diese nackten Statuetten Grabbeigaben sind, die vor allem in den Gräbern von Frauen und Kindern gefunden wurden." (Doris Wolf)
Auch hier die Wurzel der Magie: Schweine bringen den Schmutz UND sprichwörtlich das Glück auf Erden, weil Menschen von ihnen das Bebauen der Äcker lernten, wenn sie mit ihren Rüsseln im Boden nach Eiweiß gruben. Die Heiligkeit des Stiers siedelt analog immer in den Wundern der idischen Umsetzung. Stierzeit ist große Kreation. Die Mitte der drei okkulten Wissenschaften: Zwischen Magie und Astrologie die Alchemie, das körperliche Verwandeln. Entspechend Fix zwischen den andere astrologischen Kreuzen/Qualitäten Kardinal und Veränderlich. Der Körper als Schnittstelle von Seele und Geist, deren dreifacher Zauber sich im Bild tanzender Hexen zeigt. Stier ist, wo aus Wassermanns geistigen Veränderungs-Ideen echte Verwandlung wird. Sie spiegeln sich gegenseitig ab über die kosmische Spalte. Jetzt, zu Walpurgis, tauchen Substanz, Materie, Form und Materialisierung wie aus dem Nichts auf. Blätter aus leeren, kalten Zweigen. Blüten aus totem Boden. Dicht unter der zarten Haut der Erde liegt zur Stierzeit die tiefste Tiefe schon als inneres Wissen: Die skorpionische Besetzung vom ungezähmten Mythos der heiligen Verwandlung und ihrer Besessenheiten im Gefühl. Menschen brauchen diesen Körper, um zu leben. Allein das ein magischer Akt. Wir wandeln physisch Energie um, lassen mithilfe der Hardware den Geist wandern und spüren Gefühle. Stier, Löwe, Skorpion, Wassermann, das fixe Kreuz der erschaffenden Zauber/innen mit dem langen Atem.
Im Frühjahr werden wir uns dessen bewusster, welche Zyklen wir Erdwesen seelisch/körerlich nachvollziehen. Zu Walpurgis und Beltane (dem alten Sommeranfang) wird das Gezähmte aber auch "toll", verrückt, vereinnahmend. Egal, ob nun die Hexen brennen oder ihre Welten verbrennen lassen, es geht um die Rolle der Frau als Schaffende, Werdende. Die sture, vibrierende Beginnerin des körperlichen Seins. Pluto beseelt nun Venus, die ihn befruchtet. Drum wurde auch in Männerkulturen die "Geister" so gern vertrieben, die ihnen zu groß wurden und dann als Hexen zerstört werden sollten. Solche Phasen können sich immer noch archetypisch merkwürdig berührend und erdrückend für Frauen anfühlen, wenn der Lehm, der wir sind, plötzlich in lauten Stimmen der seelischen Verwandlung spricht, die zum Verstummen gebracht werden sollen.
"Bei den alten Ägyptern wird die kosmische Göttin Nut als Frau oder als Kuh dargestellt. Aber sie nimmt auch die Gestalt eines Schweines an und verschlingt in der Morgendämmerung die Sterne, um sie am Abend aufs Neue zu gebären. Sie ist die „Muttersau, die ihre Ferkel frisst“ und den Sonnengott Re als eines ihrer Sternenkinder täglich zur Welt bringt. Als Symbol mütterlicher Fruchtbarkeit und der nicht versiegenden Lebensquelle wurde das Schwein mit seinen Ferkeln zu einem beliebten Amulett und Glückszeichen der Ägypter. Nut mit ihrer kosmischen Potenz erfuhr erst bei der späteren Solarisierung der Götterwelt ihre Reduktion auf die reine Himmelsfunktion und den Todesaspekt." (Symbolonline)
Stier-Skorpion finden wir hier. Jetzt aber, bei Sonne, der Königin, im ersten weiblichen Zeichen des Zodiak, verwandelt sich sichtbar, begreifbar unser ganzer begehbarer, berührbarer und fühlender, gefühlter Kosmos. Ein Universum der Sinne, aus Farben, Tönen, Düften, Geschmack. Die große Geburt des Universums, das Erde heißt. Etwas geht auf. Aus Öde und Kälte entsteht Leben, wo die "Himmelskuh" das irdische regelrecht "zur Welt bringt". In vielen Kulturen gibt es wohl darum auch die Kuh oder den Stier als Kraft-Archetypen, sie formen Leben wie die Bildhauer. Stier feiert die Struktur und das Ausbrechen aus den Strukturen gleichermaßen. Mit ihrer Fruchtbarkeit stützt die große Leitkuh die Herde.
"Ich sah: Ein Sturmwind kam von Norden, eine große Wolke mit flackerndem Feuer, umgeben von einem hellen Schein. [...] Jedes der Lebewesen hatte vier Gesichter und vier Flügel. Ihre Beine waren gerade und ihre Füße wie die Füße eines Stieres; sie glänzten wie glatte und blinkende Bronze." (Hesekiel, 1,4)
Um Walpurgis kommt eine sehr prägnante Phase für jede(n), besonders für Frauen, wo sich tief in den Knochen Erdteile verschieben. Stier-Skorpion ist keine astrologische Simplify-Achse, sondern der ganze Leib der Erde (Terra-Taurus-Stier), der ein eigenes Wesen hat und wegen seiner Greifbarkeit die Bedrohung durch den Tod = Scorpio gegenüber so gut spüren kann. Immer. Frauen sitzen auf den Schultern des Daseins, der Erdkruste, und ihr Zauber beherrscht Leben und sein Ende. Denn alles, was Existenz hat, ist in Gefahr, sie wieder zu verlieren. Drum können wir hier Angst haben, nicht unbegründet, sondern, weil wir so nah dran sind am Prinzip des Werdens und Vergehens. Physisch. Aber: Wir brauchen diese Erde in und um uns, mit allen Schmerzen, die nur ein Körper mit Gehirn so bewusst verursachen kann.
Kopffüßler können nicht zaubern, weil ihnen der Leib fehlt. Das ist der Schmerz von Feuer und Luft. In archaischeren Zeiten vor Christus funkelte Taurus in besonderer Bedeutung, irgendwann, da das Frühjahrs-Äquinoktium im Zeichen des "Himmelsstiers" stattfand, der Heimat der Sieben segelnden Schwestern der Plejaden. In solchen Mai-Zeiten sind wir darum näher an unseren Ahninnen. Mit großem Zugang zu ihrer Magie.
Besonders stark, besonders anfassbar vom Dasein, weil alles da draußen so mächtig lebendig wunderschön ist. Es tut jetzt eben oft auch besonders gut, zu den alten Festen sich an die Großmütter, Mütter und ihre Themen zu erinnern und zu sehen, wo und wie wir sie im "Guten und Bösen" erlöst oder doch ungelöst übernommen haben. Wozu uns das dient? Zum Schutz? Zum Ergreifen der Macht? Zur Abwehr der Ohnmacht? Weil wir anders als sie sein wollen? Wo bleiben wir genauso? Denn manchmal wird erst dann, wenn wir Veränderung und Substanzerhalt austarieren, alles gut. Wassermann braucht Stier, Stier Wassermann. Wie es ist, fügt es sich, sagt Jupiter, der den Gefühlen des Mondes immer Sinn verleiht, als Spiegelungs-Herr von Schütze nach Krebs. Darum weinen wir jetzt manchmal auch Tränen der Freude, der Hoffnung und der Erinnerung an unsere Stärke, die im Leben verloren ging und wieder auftauchte, wie die Sterne am Himmel, tags und nachts. Daher auch der Mythos:
"Das Schwein taucht auch in Zusammenhang mit der Göttin Nut auf. Nut nimmt die Gestalt eines Schweins an, um ihre Kinder, die Sterne zu verschlingen. Dieser Mythos soll erklären, warum die Sterne (tagsüber) verschwinden. Er knüpft an die Beobachtung der alten Ägypter an, dass Schweine ihre Jungen fressen." (aus: Das alte Ägypten)
Hier findet sich demnach auch eine massive Verbindung zur Lilith, der "Kinderdiebin" als Gegen-Eva, die auch Stiers Joch beschreibt: Das 2. Zeichen hat als Schaffensprinzip mit der Zähmung des wilden Weiblichen zu tun, wie man sie den Frauen antat, die zu stark wurden. Was dann Frauen selbst übernahmen - sich züchtigen, da man züchten und die Sippe schützen musste. Auch hier wieder das Eindringen von Pluto, dem Genetiker, der Erbschaft. Wir tun es heute noch, wehren uns und währen gleichzeitig bei den stabileren Wurzeln, weil wir sicher sein wollen. Ein gutes Beispiel für die furchtsame Stierfrau, die sich nach außen hin einordnet und nach innen hin die Hand des Mannes kongruent wegschlägt, ist Melania Trump. Zu Unrecht völlig unterschätzt als sehr, sehr starke Frau. Daher auch der Mythos des Sich-Verkaufens, zwischen Edel-Prostitution und Zwangsarbeit bei Stierinnen.
Für die Existenz, die es zu erhalten gilt, gibt die Himmelskuh alles, denn sie trägt das gesamte Dasein - auf Widder, dem Lebensfunken, und Stier, der Verwirklichung der Formen, bauen 10 weitere Zeichen auf. Das schafft Verantwortung und starrsinnige Bestandssicherungen. Manche nennen das Angst, manche Zivilisation. Weshalb die Kuh, die in der Herde, aber extrem bei sich ist, im Laufe der Veränderung von weiblichen zu männlichen Kulturen wohl überhaupt erst zum Stier mutierte. Vielleicht hätte Zeus eine Hera sein können, eine schneeweiße Kuh, die einen jungen Mann auf ihrem Rücken nach Kreta trug. Man muss keine Feministin sein, um den Verlust in diesem Arechtyp des 2. Zeichens zu fühlen. Im Stier steckt wirklich das Heidnische (ursprünglich "paganus" von lat. pagus = das Dorf), das urbar gemacht wird.
Mit all seinen ersten Befriedungen, magischen Steinkreisen, Abgrenzungen des ungeordneten Widder-Impulses, FÜR, nicht gegen das Leben. Und vor allem auch die Verdichtung des Stoffs zur fruchtbaren Materie. Aus Erde wird ein Haus. Daran erinnert man sich in Siterzeiten: Nun können wir endlich etwas tun. Die Arbeitsvenus, die Stier beherrscht, ist ja begrenzt, so dass sie brgrenzen lernt. Und weiß um sich. Sie unterdrückt auch, manchmal grausam, wo sie das Herden-Dogma (= den genetischen Forbestand, den ihr Skorpion als Konzept einflößt) gefährdet spürt. Aber andererseits bereichert sie das Leben unendlich.
Ohne Lehm (Erde-Wasser) kein Mensch, sagt die Göttin. Stier (oder die kosmische Kuh) schenkt uns alles, was aus dem Urstoff ist, die Erde. Im Strom des Seins, den Grabungen (und Gräbern) während der Alchemie der Elemente schießt die Welle des Plutonischen uns dann seelisch in die Körper. Meist da, wo wir etwas für immer loslassen müssen. In dieser Zeit, der Gegen-Wart, kommen wir jetzt all dem auf die Spur, was wir erschaffen und wie. Wo unsere Gedanken zu Gefühlen zu Taten werden und wir Namen und eine "Logik" dafür erfinden, was passiert. Unsere Bannmeilen, unsere Zaubereien. Manchmal sind wir selbst es auch, die sich gerade besonders Ersehntes aus dem Leben halten, indem wir seine mögliche Existenz gar nicht zulassen. Beschäftigt mit den eigenen Mangel-Geschichten. Immer wieder aufgewärmt. Das ist Stier in seinen gemütlich elendigen, kleinen Kunstwerken, die dem Erhalt des Bestehenden dienen, das man Beständigkeit nennt. Wir kommen an unseren Trotz, an den Starrsinn in diesen Tagen.
Da, wo Dinge, die Dinglichkeit, die Dingwelt angeblich Schutz braucht, schützt Stier noch weitaus öfter, als Schönheit zu kreieren - weil er/sie/es an den Bann durch das Bekannte glaubt. Durch Bestehen auf, Besetzen von und Be-Sitz schließen wir die bösen Geister aus. Auch den Skorpion mit seinen leidenschaftlichen Wünschen gegenüber, der über den Tellerand dann in die Persepktiven zum Schützen hin führt und immer einen Fuß in Stiers Türen hat. Die Dingwelt ist von seinen Besetzungen zutiefst bewohnt. Wir hören im Stier die Geister der Ahnen und Toten raunen. Aber es wird immer vom 2. aus ganze 10 Zeichen brauchen, bis man am Ende seines Lateins der "Sachen", Stoffe, Materialien angekommen ist. Wassermann ist ja das 10. Feld und Ziel = Ergebnis des Stiers. Die Trennung. Binde, sagt Venus. Gestalte, sagt Sonne. Überwinde, sagt Pluto. Löse, sagt Wassermann.
Bis dahin ist es eine lange, lange Reise für die Universen des Begreifbaren. Begriffenen. Aller Festigkeit des Lebens. Aber Venus steht in den Fischen erhöht, was auch die ewige Verbindung der Stier-Herrscherin zur Vergänglichkeit und mystisch-magischen Ritualen beschreibt. Stier-Skorpion ist demnach die alte Nabe, um die Frauen, die Spinnerinnen des Schicksals, alle Fäden der Erscheinungen wirken. Ich werde, immer neu, sagt Pluto. Ich zerstöre, wo es nötig ist, um zu gebären. Stier begleitet diesen immensen inneren Prozess in der Welt der Formen. Wenn das Ich sich bewusst wird, dass erst die Grenze seiner Haut das Du be-greift, kommt diese Zeit der bodenhaftenden Ur-Substanz des Sozialen. Das muss sein, damit ich später in Waage, dem anderen Venus-Zuhause, wirklich DIR begegnen kann. Für die Herde, hinter den Zäunen, steckt damit Zwang zum Zusammenhalt, aber auch große Kraft und großes Risiko. Zu Walpurgis und Beltane üben wir aber das Lösen. Wir feiern wild den Urfunken des Lebens, der immer zur Weitergabe der Energiefackel führen kann, wo sich Weibliches und Männliches verbindet.
Das tut es in beiden ersten Achsen des Zodiak, was die Unbedingtheit der Kontaktprinzipien zeigt. Wie wir auf Venus und Mars angewiesen sind. Deren Verstrickungen zeigen sich manchmal auch im Fühlen als scharfe Schneide von Gebären und Töten, Erschaffen und Zerstören, der Reflex des ursprünglich Weiblichen und Männlichen. Oft gerade bei den Frauen allerdings als Gefahr wahrgenommen und darum kulturell bezwungen. Der Vollmond gestern, mit Existenz-Zeichen-Betonung wies nun mitten in diesen Zwiespalt mit Mars-Pluto-Lilith am Greenwich-AC. Wie wunderbar, um sich selbst zu entdecken, in aller Angst und allem Reichtum vor den Rollen als Frau. Gerade, wo die Lilith aktuell so stark und wegweisend ist und überall die Symbole der Unterdrückungen zerfallen. Weibliches war nie nur sanft, sondern wurde sanft durch Bestrafung des Wilden oder Belohnung des Zarten.
Die menschliche Frau schenkt Leben, wie die Erde Pflanzen gebiert. Sie ernährt, wie die Pflanzen. Frauen-Magie und Erd-Magie sind verbunden und gleich. Die Verkörperung dieser Energie, die Formen erschafft und ernährt, ist weiblich. Und so kam es, dass in der Agrikultur des alten Mesopotamien, am ägyptischen Nil, aber auch in den noch früheren Ackerbau-Systemen die Göttin als mythische Form dominant wurde. [..] Wenn wir eine Göttin als Erschaffende haben, ist das Universum ihr Körper. Sie ist identisch mit dem Universum." (Joseph CAMPBELL, aus: Love and the Goddess)
Immer setzt ein Skorpion-Vollmond wie der von heute Nacht im Stier dann auch spezielle Zeichen für das Beziehungs-Umfeld. Man sieht jetzt, wohin der Sommer einen mitnehmen will und mit uns als Personen, Archetypen-Trägern unserer Anlagen und denen unserer Partner, wandern wird. Es geht überhaupt diesmal mit dem visionären Jupiter direkt vor der Bedeutung der Himmelsmitte - samt Mond in 9 - doppelt um das Thema der ewigen göttlichen, religiösen Rückbindung an das Schöne, Gute, Wahre. Aber Sonne macht im rdischen Stier eben auch ein Vergnügen daraus und nach dem Vergnügen ein Bedürfnis, alles möge bequem und angenehm sein. Die Frucht der ersten Erfahrung des Sättigenden im Tierkreis. Wofür ausgerechnet der Stier so hart arbeiten muss und kann.
Auch die Knoten stehen ja noch fix. Das bringt uralte Bindungs-Ängste und Wünsche zur Zeit auch wieder zutage und mit ihnen "natürlich", wie im Reflex überaltete Lösungen. Es hat eine gewisse Zähheit, wenn wir als Gesellschaft in einer bestimmten Zeit mit den Knoten den fixen Kreis mit seinen Etappen von Binde bis Löse wieder und wieder durchlaufen. Gerade liegt der Weg ja, wie der Drachenkopf in Löwe zeigt, gar nicht in der Distanz, in die man aber automatisch strebt (Südknoten Wassermann, die Verhaltensweisen, die man überreichlich zur Verfügung hat). Sondern in der Individuation, der Selbstwerdung, dem Hineingehen ins Zentrum der Kraft, des Glanzes, des eigenen Leuchtens.
Dafür dividiert Stier als Löwes Vorstufe im Fixen nun das Teil vom Ganzen: Seine Grenzen unterscheiden ihn von denen der anderen. Nur das, was im Stier die Getrenntheit der Körper akzeptiert, kann später auch seelisch verschmelzen. Wir stehen hier immer ganz am Anfang. Stoff (Stier) als Voraussetzung für Individuation (Löwe) und die zwingende, seelische Bindung (der Mensch-Werdung im Skorpion) mit anschließender, neuer Trennung (oder Dis-Identifikation im Wassermann). Mai meint: Wir werden bald kreativ sein, jeder auf seine Art. Darum schließt sich nun der Kreis der Substanz, der den ziellosen Impuls des männlichen Widders (12 ab Stier) verdrängt und weibliche Materie bedingend für's alles Erschaffende ansammelt.
Die heiligen Hochzeiten
Zu Beltane werden die alten Feuer gelöscht und die neuen entzündet. Auch Walpurgis trägt in der Symbolik die energetische "Gefahr" der heidnischen, wilden Frau, die brennen soll (bevor sie einen verbrennt). Da Stier ohne Skorpion nicht denkbar ist. Das Unkontrollierte, Yin-Schöpferische beweist sich in der schäumenden, explodierenden Natur. Stier unterliegt darum auch immer beengenden Außen-Impulsen, wo er seine Aufgabe des Versammelns und Begrenzens einfach nicht wahrnehmen will und schafft, schafft und schafft. Diese Energie ist wie ein ewiger Motor, unaufhaltsam, unheimlich für andere Zeichen. Eine Berührung durch Monumente, wie sie in der Schatten-Spiegelung zwischen Stier und Wassermann bereits astrologisch aufwirft. Blitzartige Trennung wird neue Substanz schaffen. Idee benötigt die Köfper.
Die Tage des Stiers und seiner Mai-Feste spiegeln jedenfalls unser aller Tänze der Fruchtbarkeit mit Traum und Trauma des dunklen Achsen-Pols, der Zerstörung dessen verheißt, was seine Zeit hatte. Die Achse Stier-Skorpion ist so nah an den uralten Schöpfungsthemen mit ihrem Hunger nach Leben und gleichzeitig all seinen Extremen. Hier findet sich auch das Bild der "Heiligen Hochzeit" oder Unio Mystica, einer Vereinigung des Körperlichen mit dem Himmel als Versprechen der Seelen.
Venus selbst, als Stier-Göttin, zeigt aber als Nachfolgerin des Mars in Stier und sein Gegenüber in Waage sowohl die unendliche Entfernung des Liebenden vom Geliebten, ein Kampfgebiet. Als auch die immer davor einzunehmende Distanz, vor der Verschmelzung. Wenn zwei zu einem werden, sterben letztlich immer beide. Da sitzt der Haken oder der Hinweis, wieso Trennung zwischen den Polen immer wieder so wichtig ist. Man muss zu sich selbst zurückfinden, um beim anderen zu sein. Obwohl letztlich im Absoluten nichts von allem trennbar ist.
Diese Hochzeit, hohe Zeit, Vermählung von Venus und Mars, Venus und Pluto, führt sich zurück auf uralte Mythen. Sprachlich vermutet man eine Verbindung zu "'leuchten, Tag, Himmel, Gott" (siehe Heinrich Tischner, ETYMOLOGIE). Hier zeigen sich die Göttinnen und Götter, die sich immer in be-greifbaren Phänomenen wiederfinden: Jahreszeiten, Sterne, Blüten oder zornigen Natur-Erscheinungen und ihrer Verdichtung zu Schicksal = zu dem, was einem geschickt wurde.
DIETER KOCH hat solche Netze der Entstehung in seinem wundersamen Essay Der Himmelsstier und die Göttin über den Gilgamesch-Mythos beleuchtet. Keine einfache Geschichte der Urbarmachung der Felder, über die Zivilisation. Es ist auch eine Liebes-Erzählung, die daraus destillierbar ist. In der astronomischen Anbindung findet er ganze Welten, zum Beispiel die Berührung von Stierkampf, Ackerbau und Liebesakt, die Verbindung von Hochzeit und Tod, Himmel und Unterwelt und ihrer Archetypen. Wenn Koch Freuds "Gegensinn der Urworte" (lesbar im TEXTLOG) anführt, ist damit gemeint, dass mit demselben Begriff überkulturell ja durchaus zwei völlig unterschiedliche Dinge gesagt werden konnten. Das spiegelt Zwischenwelten und "zugefallenen" Relationen vor allem der veränderlichen Zeichen und Planeten. Von Merkur über Jupiter bis Neptun. Selbst die Bibel wusste das: "Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist." (Johannes-Evangelium)
Das Zauberwort im gewirkten Universum bezeugt, wie Zwillinge der Ursubstanz des Stieres folgt. Wir sagen uns buchstäblich auf, wohin die Reise geht. Wie wir diese Welt auffassen. Begreifen. Ein Prozess von Bedeutungs-Zuschreibung durch das Zeigen von Verhältnissen, wie sie auch die Astrologie gegenläufig wie verbindend in den polaren Achsen und Schatten der Herrscherplaneten wirkt. Die Besiegelung durch Wort-Magie wird zwischen Stier und Zwillingen ein Sesam-Öffne-Dich für das umfassendere Verständnis von Oben und Unten, Mikro- und Makro-Kosmos. Die smaragdene Tafel der Hermetik. Im Anfang war das Wort, das Welt erschafft im Bewusstsein. Das sie begreifbar macht, indem ein Wort jedem Sein seinen Sinn verleiht. Die Verbindung der Erdzeichen zu Merkur zeigt das: Sein Zeichen folgt Stier, Jungfrau ist sein alternatives Regierungsgebiet und Steinbock spiegelt sich auf Zwillinge über 0° Widder.
Im Stier-Mythos findet Koch das Netz des vielleicht noch Unbegriffenen, aber Wahrhaftigen, Sprache als Mittler und Spur der Assoziationen, die archaische Felder umfassen. Zum Beispiel im Keilschrift-Zeichen "si" für "Horn, aufrecht stehen, richtig sein, Licht, Lichtstrahl, bearbeitetes Land oder Loch, Graben", das Vernetzungen von Schein, Sein, Sinn und Wirklichkeit und ihren Gebrauch für das Erkennen der Vielfalt wunderbar bebildert. Venus in den Fischen erhöht.
"Allein der Kontext entscheidet, ob si „Licht“ oder „Horn“ bedeutet. Es fällt auch auf, daß die Mondsichel oft mit Hörnern assoziiert wird, daß der Mondgott Nanna stiergestaltig ist und daß Stierhörner oft als leuchtend beschrieben werden. Ganz ähnlich wird auch Inanna, die ja u.a. Göttin des Planeten Venus ist und deren strahlendes Licht immer wieder besungen wird, mit Stieren (z.B. dem Himmelsstier) assoziiert, wo sie nicht gar, wie wir sogleich sehen werden, selbst als Stier auftritt. Offenbar ist aber auch Venus nicht nur Licht, sondern auch Horn." (Dieter Koch, Der Himmelsstier und die Göttin)
Auch in den Zaubersprüchen oder magischen Worten der Hexen zeigt sich der Kontakt des 2. und 3. Prinzips. Merkur hat die Worte, die Stiers Wirklichkeit verändern, je nachdem, wie man sie ausdeutet. Wenn Stier und Venus der Oberwelt draußen Werte und Wertschätzung bringen, tragen sie aufn einer völlig anderen Ebene aber auch den Pluto und die Verluste aus dem Skorpionischen als Möglichkeit mit. Den seelischen Reichtum der Unterwelten, die intensiven Erfahrungen, die man erlebt, wenn man weiß, alles ist sterblich. Wo das eine kommt, geht etwas anderes. Spiegelflächen von Liebe, Hass, Leben, Tod, Leidenschaft, Sex, Geburt von Macht und Ohnmacht.
Und noch etwas, was die magischen Zeiten des Stiers bedingt. Alles Stoffliche aus Stier hat, wegen Venus' Erhöhung in den Fischen und der Freundschaft zwischen beiden Zeichen, auch einen "versteckten" Neptun im Gepäck. Deshalb lässt sich alles, was einem im Leben passiert, auch wie ein Traum deuten. Besonders jetzt, zu den fruchtbaren Festen. Manchmal offenbart sich dadurch ein Symbolgehalt des "Anfassbaren", der in seiner Wahrhaftigkeit weit über Wirkliches hinausgeht. Neptun Herr 2 in 2 für Greenwich zeigt die Anbindung auch im gerade abgelaufenen Vollmond.
Es trifft sich im Alltag öfter angewandte Mystik mit dem Realen, dem Stoff des Irdischen, wobei oft die Bedeutung des Rätsels Leben noch wie unter Schleiern des Unbewussten liegt. Skorpionmond als Gegenspieler und "Ehepartner" der greifenden, spielenden Sonne weist immer darauf hin, dass der Gegensatz bereichernd ist und wir keine Angst vor den Tiefen haben müssen, die sich öffnen werden.
Leben des Einzelnen findet erst anders als eingeschlossen statt, wenn die eigenen Prozesse als Teil der Begegnung, des Austauschs, des einen im anderen und anderer im Eigenen gefühlt werden. Entstehen ist nie unabhängig. Alles wird anders, für alle anderen, wenn ich ins Du gehe. Leben fruchtet da, wo Abhängigkeit nicht Schwäche, sondern Stärke ist. Stiers Freigiebigkeit zeigt hier auf weit mehr als materielle Wege. Es ist die Geburt des Möglichen im Universum. Die große Göttin, die kosmische Kuh, soziale Empfindsamkeit, die Schutz will und bietet. Nut, deren Körper sich über die Erde beugt und die Dinge unter sich umarmt und schützt, während Sonne, Mond und Sterne über ihren Rücken wandern.
Wir brauchen jedes Jahr den Zauber im Stier, die Hexennächte. Weil Kopffüßler allein eben keine Magie kennen können. Da ihnen schlicht vorm Stier noch gar keine Welt zur Verfügung steht, die verzauberbar wäre. Zu Walpurgis oder an Beltane spielen und tanzen die Chancen im großen Körper des Universums. Im Licht, im Wachsen, im Gras der Elfenhügel, wärend der Gewitter, im Blütenregen, der leuchtende Teppiche unter unseren Füßen ausrollt. In den Raben hinterm Fenster, den Kindern, den Ahninnen am Abend. In der gerade gar nicht so schwarzen, gar nicht weißen, in der hell und heller leuchtenden Nacht. Der Mond nimmt ab. Der Mond nimmt zu. Wir gebären, lassen los und wachsen wieder. Das Ganze ist immer schon im Teil vorhanden, wenn auch unsichtbar. Stierfeste erinnern uns geifbar datan, wer wir auch noch sind, unter den Schalen, und wer wir immer waren.
Das Weibliche repräsentiert Zeit und Raum selbst. Sie ist Zeit und Raum. Das Geheimnis dahinter befindet sich jenseits der Gegensatzpaare. Es ist weder männlich, noch weiblich. Weder ist es, noch ist es nicht. Aber alles ist in ihr, sodass die Götter ihre Kinder sind. Alles, was man sich vorstellen kann, alles, was man sehen kann, ist ein Produkt der Göttin. Oh, das ist eine wunderbare Geschichte!"
(Joseph Campbell, Love and the Goddess)
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