Popcorn-Feld im Tal des Schweigens
Wenn die "Stirn des Himmels" sich in Falten legt und der Mount Everest, höchster Berg der Welt, wieder grollt, wird das von den Sherpas oft als Zeichen gesehen, dass etwas nicht stimmt mit dem Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur. Nachdem am Freitag bei Sonne-Südknoten-Konjunktion und Zulauf vom großen Quadrat des Zodiak mindestens 13, aber vermutet sogar 16 der Bergführer starben, passierte das trotz der "Pujas", der buddhistischen Rituale und Wunschgebete, die sie zum Schutz vor Unglück jedes Mal zum Start bis weit über den fast 8850 Meter hohen Gipfel der "Mutter des Universums" in die Reiche der Götter hinausschicken.
Diesmal brach die tödliche Lawine zu einer Zeit los, um die astrologisch fünf Planeten direkt über Felder-Spitzen gleichzeitig ausgelöst wurden. Auf "gegen 6.45" haben sich die meisten Zeitungen geeinigt. Genau um 6.49 h wurde nun Saturn (der Berg) vom Deszendenten direkt überlaufen und so die Rezeption zu Pluto (und damit die Quadratur des Kreises) aktiviert, bevor minütlich weitere Häuser die vier Führungs-Faktoren der Spannung unmittelbar berührten.
Eine ungewöhnliche Konstellation, wie sie auch seinerzeit die Tragödie des Weihnachts-Tsunami triggerte. Die "Mount Everest Katastrophen" von 1995/96 sind deshalb im Medien-Sprachgebrauch und seinen Hitlisten jetzt vom akuten Unglück in eisigen Höhen des Himalaya abgelöst, die seit der Erstbesteigung 300 Menschen das Leben kostete. Während inzwischen Hobby-Alpinisten den Berg belagern bis besetzen, erwägen die Sherpas nun erstmals zu streiken. Denn die Kultur ihres Volks ahnt nichts Gutes, wenn der Berg ausgerechnet sie - in ihrem Glauben - für Hybris straft. Es war nie ein Pappenstiel für die Führer, als Wissende um die letzte Würde der heiligen Wahrheits-Symbole Horden von ehrgeizigen Möchtegern-Sportlern der großen Mutter immer wieder ohne Schuldgefühle vorzustellen. Saturn straft, wenn Merkur sich verhebt.
Wie schon mehrfach angemerkt (siehe Loop! Links am Artikel-Ende), brechen sich an "Qomolangma" (tibetisch für den Everest) der Mythos vom Unerreichbaren (Himmlischen) und Logos von dessen Beherrschung (durch das Irdische) oft in einer erschütternden Weise. Der heilige Berg, auf dem die Dakinis, die Himmels-Tänzerinnen, wohnen, ist seit der Erstbesteigung durch Sir Edmund Hillary und den ersten bekannten Sherpa Tenzing Norgay vor 60 Jahren zum Ausflugsziel für Massen geworden, die Abenteuer-Tourismus betreiben und die Bergführer im wahrsten Sinne des Wortes als einheimische, kundige Vorhut be- bis ausnutzen. Ursprünglich gilt der Name Sherpa dem Volk von Tibet-Auswanderern aus dem wilden Osten, Kham, die nach Nepal gingen und den Himalaya immer schon wie ihre Westentasche kannten. Seit dem 19. Jahrhundert helfen die Sherpas deshalb auch bei Expeditionen im Hochgebirge. Sie leben vorwiegend in der Region Solu-Khumbu. Und so klingt die Bezeichnung des Orts, wo sich das Drama nun abspielte, wie ein Omen für den Bruch zwischen ihrem Respekt vor den Kräften des Saturnischen, ihrem Glauben zwischen Jupiter und Neptun, und diesem immer beliebigeren Gipfelsturm der naiven westlichen Everest-Touristen. Denn diesmal präparierten die Scouts die Route zum brandgefährlichen Khumbu-Eisfall im Tal des Schweigens, als die Lawine losging. Im "Popcorn-Feld", das allerdings auch "Golden Gate" genannt wird.
Wie so oft, bezieht sich auch diese Everest-Katastrophe astrologisch eng auf andere wichtige Ereignisse (rechts), die diesen höchsten Gipfel der "Seven Summits" betreffen, als imposantesten der Spitzenreiter aller sieben Kontinente. Die Sonne-Knoten-Konjunktion von Freitag steht beispielsweise im genauen Quadrat zum Neptun des bislang schwersten Unglücks 1996, das große Quadrat läuft in nächster Nähe von dessen Knoten und der Mond stand fast exakt auf dessen Pluto im Schützen. Der Mars-Uranus (damals Quadrat) als einschneidender, überraschender Bruch wiederholt sich jetzt als Opposition. Auch im Radix der Erstbesteigung ist diese Kombination indirekt enthalten - Herr 11, Mond, steht in naher Opposition zum Herrn 1, Merkur.
Im Natal dieser "Sternstunde" seinerzeit am 29. Mai 1953 fällt der dominante Sherpa-Aspekt auf, ein Aszendent im Dienstbarkeits-Zeichen Jungfrau mit Merkur in den Zwillingen, wo Funktionalität über das Irdische das Prinzip der Wahl zwischen Überheblichkeit und Rekordsuche (Schütze) und des Ewigen (Fische) als Druckpunkte der Gegenpole ausdrückt. In Verbindung zum 6. Zeichen aber immer auf bescheidene, nebengeordnete, jedoch trotzdem immens wichtige Weise. Der Glanz der ambitionierten, damaligen Sonne-Jupiter-Konjunktion am MC, unter der Hillary und Norgay auf dem Gipfel standen, wird dadurch nicht etwa gemildert. Sondern das 6. Prinzip weist kompensierend auf nötige Anpassung an die Bedingungen einer Umwelt hin, die (im Haus 6 der Erstbesteigung) als uranisch geschildert ist und mit Uranus auf den mittigen Schicksals-Graden kardinal (jetzt wieder betroffen vom Konflikt-Quadrat) sonst eben "logisch" zurückschlägt. Man muss die Demut kennen, um Größe dauerhaft und nicht überhöhend leben zu können. Man muss seinen Platz im Gefüge dessen einnehmen, was größer als der menschliche Verstand und seine Möglichkeiten ist. Merkur-Mars belegt in diesem Erstbesteigungs-Natal aber neben der Jupiter-Konstellation schon den einsetzenden Trend, den Impuls gegen die Bestimmung (Merkur ist als Spiegel immer erdgebundener Ausführender des Saturn) anzuwenden.
Die Familien der Sherpas, die jetzt, an diesem jüngsten von unzähligen Unglücks-Tagen, am großen Gipfel starben, sollen von der nepalesischen Regierung umgerechnet knapp je 300 Euro bekommen. Etwas weniger als die Hälfte eines Durchschnitts-Gehalts im Land. In ihrer traditionellen Bescheidenheit gehen die Sherpas, über die kaum jemand weiß, dass der Name keine einfache Berufs-Bezeichnung ist, trotz ihrer ausschlaggebenden Funktion für die teuren, exklusiven ausländischen Expeditionen, auch hier wieder regelrecht unter.
Im Gegensatz zu den "Portern" nämlich, den reinen "Pack-Eseln" und Trägern, haben sie eine der wichtigsten Aufgaben. Als Scouts und Bindeglieder tarieren sie das namenlos Gefährliche gegen das Machbare aus. Eine klassische Jungfrau-Rolle im System, die astrologisch oft völlig zu Unrecht als kleinkariert, grau-mäusig und untergeordnet verhandelt wird. Ohne sie geht jedoch gar nichts. Denn in Wahrheit übernimmt Jungfrau überall den dominanten Part einer umsetzenden Anpassung und Relativierung des gesamten Systems - eben wegen des feinen Radars und der unmittelbar irdischen Realisierung eines direkten Kanals ins Neptunische und Jupiterhafte. Wo ein Merkur nicht funktioniert, kann auch der Saturn nichts positiv ausrichten. Seine konstruktive Bedeutung ist auf Merkurs Sieb-Funktionen angewiesen.
Dass die Sherpas schon kulturell einen sehr feinen, engen Draht zum Archaischen in all seiner Größe haben, die menschliche Kleinheit nicht abweist, sondern als Grundlage würdigt, zeigen allein die Benennungen, wie sie in ihrer Tradition üblich sind. Das Volk besteht aus wenigen Clans, die man "Ru" nennt, Knochen, was auch die väterliche Linie, das Skelett der Familie, bezeichnet. Die mütterliche Abstammung dagegen heisst "Fleisch", das um die Struktur herum erst den ganzen Menschen erschafft. Tenzing Norgay, der wohl weltberühmteste Sherpa, der mit Hillary einst als erster auf dem Gipfel des Everest stand, hatte wie der Neuseeländer eine disziplinierte, anpassende Merkur-Saturn-Konjunktion. Und die Betonung von Jungfrau-Fische über die Knoten, während die bei Hillary auf der zweiten Merkur-Achse Zwillinge-Schütze standen.
Nur der Geist ist eben durch große Disziplin dazu in der Lage, Jupiters und Neptuns Entgrenzungen des Menschlichen, das göttlich werden will, auf ein umwelt-verträgliches Mass zurückzuschrauben und damit zu Saturns Helfer zu werden. Der Kopf auf zwei Beinen bleibt - am Mount Everest und überall - dabei immer nur Empfänger des Größeren, nie dessen König, als der er die Natur immer wieder zu regieren versucht. Zu begreifen, dass trotz der Massen, die mit ihrem Müll auf die Achttausender strömen, Würde und Respekt vor Saturn als Berg und letztes irdisches Symbol für das Ungreifbare unbedingt nötig sind, das nennt man unter anderem Bescheidenheit.
Nicht nur die großen Alpinisten vermissen die Relation, die inzwischen das Besondere in die Felder des Üblichen zwingt. Auf den immer kleineren, weil ausgetretenen Wegen derer, die inzwischen Unerreichbares inflationär zum Konsumgut machen. Die Sherpas, mit ihrem Gespür für Tabu-Bruch, erbitten nicht umsonst den Segen der Himmels-Tänzerinnen, Schützer und "Schwestern des langen Lebens", die auf den Bergen wohnen. Als Unterstützung aller mystischen Wesen, die für sie Symbole des faktisch Unkontrollierbaren sind.
Wenn diesmal ausgerechnet 16 von ihnen ihr Leben für den Thrill der Zivilisation lassen, stimmt vermutlich wirklich etwas nicht mehr in der Welt. Nach Sherpa-Glauben schlagen die Geister die Trommel, wenn eine Lawine herunterkommt. Nicht die Westler, die es nicht wissen können, ziehen dann in ihrer Auffassung als erste die Wut der Göttinnen und Götter auf sich, sondern gerade sie, die Führer, die Wege bahnen. Und diese starke, ursprüngliche, gläubige Verbindung haben, ohne die keiner die Höhen überhaupt erreichen kann. Abgesehen von solchen Interpretationen: Wer letztlich den Wahnsinn der Rekorde und die Inflation des Möglichen überhaupt erst in die Wirklichkeit einschleppt und damit jedes letzte unberührte Fleckchen kontaminiert, ist natürlich unübersehbar. Vielleicht wäre es viel allgemeiner nötig, damit Schluss zu machen. Nicht sehr realistisch. Aber durchaus nicht nur am Mount Everest, sondern in jedem Alltag in diesen schwierigen Zeiten mehr als nur einen einzigen Gedanken, eine schwache Idee oder ein paar halbgare Versuche wert.
Bilder (bearbeitet): McKay Savage from London, UK [CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)] + Matt Wier (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)] + Adolf Stieler1891, modifications by Rupert Pupkin [Public domain or Public domain] via Wikimedia Commons
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