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Bremen: Wahl ohne Wähler

Als am Sonntag in Bremen um 18:00 Uhr die Wahllokale schlossen, stand Uranus, der kosmisch-archetypische Ausdruck für Überraschungen aller Art, genau am Deszendent. War also im Westen gerade am untergehen und in gewisser Weise hatte das Symbol-Wert. Denn Uranus steht nicht nur für außergewöhnliche Ereignisse, seit seiner Entdeckung fand auch eine Entwicklung in Europa und anderswo statt, in deren Verlauf die alten Monarchen und Despoten immer mehr entmachtet wurden, um demokratischen Strukturen Platz zu machen.

Wenn man grelle Bilder mag, dann könnte man also auch symbolisch vom Untergang der Demokratie sprechen und nicht etwa, weil FDP und AfD wieder den Sprung in das Landes- und Stadtparlament geschafft oder die Grünen über 32 % ihrer Wähler verloren haben. Nein, es ist die Wahlbeteiligung, die einem Sorgen machen muss.

Waren es 2013 zur Bundestagswahl immerhin noch 68% der Bürgerinnen und Bürger von Bremen, die mit entscheiden wollten, wer dieses Land in Zukunft regieren soll, gaben jetzt nur noch 49,6 % aller Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Anders ausgedrückt: von knapp 500 000 möglichen „Entscheidern“ sind über 250 000 zuhause geblieben. Die halbe Stadt bzw. das halbe Land also.

Es gäbe sicher Zeiten, in denen man selbst angesichts solcher Zahlen nicht unbedingt ins Grübeln kommen müsste. Aber der Vergleich zwischen dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (was defacto der Gründung der Bundesrepublik Deutschland entspricht) und der Schließung der Wahllokale in Bremen zeigt astrologisch in eine Richtung, die man nicht so ohne weiteres gut heißen kann, es sei denn man sehnt sich vielleicht insgeheim nach der Rückkehr von Kaisern und Königen.

Zum einen steht Saturn im Moment in Opposition zur Gründungs-Sonne der BRD, Menschen die unter solch einen Transit-Einfluss kommen, verlieren häufig Gewicht, ein Staat verliert dann womöglich seine Bürger im weitesten Sinne. Gleichzeitig überläuft der aktuelle Uranus auch den Gründungs-Mond im Widder, während Pluto langsam aber sicher ins Quadrat dazu kommt. Der Mond wird von alters her als Sinnbild für das „Volk“ betrachtet und das scheint sich im Moment an einem Wendepunkt zu befinden. Die anstehende Revolution allerdings wird aber noch durch das Pluto-Quadrat verhindert bzw. eingeschränkt, so kommt es lediglich zum passiven Widerstand im Sinne einer demokratischen Arbeitsverweigerung.

Wenn aber die Hälfte des Volkes nicht mehr mitbestimmt, wie das Land regiert werden soll, dann muss man sich ernsthaft fragen, ob das demokratische Mehrheitsprinzip noch gültig ist. Denn um eine regierungsfähige Mehrheit im Bremer Parlament zu bekommen, benötigt eine Partei bzw. eine Koalition nur noch knapp 125 000 Stimmen (die Hälfte derer, die tatsächlich zur Wahl gegangen sind). Letztendlich bestimmt also ein Viertel des „Volkes“ darüber, wie auch die anderen ¾ regiert werden sollen. Bezogen auf die nächsten Bundestagswahlen und vorausgesetzt dieser Trend würde anhalten, könnte folgendes geschehen:

Von den knapp 62 Millionen Wahlberechtigten nutzen nur noch 29 Millionen ihr Stimmrecht. Würde die AfD dann genauso viele Stimmen erhalten wie bei der letzten Wahl, dann würde sie mit knapp 10% der Stimmen in den nächsten Bundestag einziehen. Schafft sie es womöglich noch, diesmal doppelt so viele Menschen mit Versprechungen aller Art   „zu motivieren“, läge sie schon bei über 20% aller Stimmen und wäre womöglich die zweitstärkste, politische Kraft in diesem Land, ohne die niemand mehr regieren könnte. Und das, obwohl ihr nur knapp 5 von 62 Millionen Bürgern ihre Stimme gegeben hätten.

Wenn also nichts unternommen wird, um diese Politik-Verdrossenheit aktiv anzugehen, dann besteht die Gefahr, dass Randgruppen und Minderheiten in Zukunft plötzlich zu politischen Schwergewichten werden. Wer also genügend  "Mut zu Lucke" hat und mit dem AfD-Vorsitzenden als Außenminister gut leben könnte, der darf auch weiterhin gemütlich vor sich hin schlummern. Und darauf hoffen, dass die simplen Kreuzchen auf den Wahlzetteln bald durch "Gefällt mir" Buttons ersetzt werden, die man dann auch von zuhause aus anklicken kann.

Alle anderen sollten sich bei nächster Gelegenheit dann vielleicht doch lieber im RL (=Real Life) zum nächsten Wahllokal begeben, bevor mangels Wahlvolk noch die Lobbykratie, Epistokratie oder Ochlokratie bei uns eingeführt wird.

Donnerstag, 21. November 2024

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