Die Brüder Unlustig: 2 Männer, eine Sonne
Wenn in einem System zwei sehr ähnliche astrologische Prinzipien toben, bedeutet das oft, dass eins von beiden über kurz oder lang gehen muss, weil es sich nicht einbringen kann. So ist das auch in den nebligen Gegenden um Neptun und Konsorten: Eine Fische-Sonne unter Druck macht manchmal viel Chaos, zwei Fische-Sonnen noch viel mehr. Dass zufällig Herr Erdogan (türkischer Staats-Präsident sowie bekennender Satire-Freund) und Herr Davutoğlu (Minister-Präsident und ebenfalls sehr lustig) den gleichen Sonnen-Stand haben (beide an einem 26. Februar zur Welt gekommen), war ein schöner Zufall und muss in üblichen Zeiten nichts heißen. Aber wir leben nicht in üblichen Zeiten und außerdem haben die beiden Wichtig-Männer den gleichen Neptun-Transit auf den Sonnen hinter sich (agierten beide wie im Schlaf) und über den Merkuren leider noch vor sich. Der Ältere etwas früher als der Jüngere, der jetzt feststellt: Nein, mit diesem Erdogan mag ich vielleicht nicht mehr. Auch wenn wir uns so ähnlich sind und so prima Pläne hatten.
Auch der nun vorsichtig angekündigte Rückzug aus dem Stadium des ewigen Doppelten Lottchens (nur mit unterschiedlichen Befugnissen) passt wieder in die zweifache Systemik, auf die sie anfangs beide setzten: Ahmet Davutoğlu ist ja auch kein Kind von Traurigkeit in Sachen Durchstart, da er ein nicht eben zahnloses Mars-Pluto-Quadrat (mit hoch problematischer Anbindung zur Sonne und zum Jupiter) im Radix hat, ein "lächelnder Hardliner", wie es auch heißt. Typisch luftig im Manipulieren, anders als Feuer in Erdogan. Davutoğlu lebt generell zerrissen und gerät schnell mit seinen Ambitionen bei dieser zodiak-umspannenden Konstellation zwischen alle Fronten. Und will jetzt nicht mehr richtig, wo der stets sehr bissfeste Erdogan aller Wahrscheinlichkeit unter mächtigem Pluto auf Steinbock-AC steht (parallel ein indirekter Mars-Pluto). Dessen Rodden Rating C ist zwar schwach (Erdogan-Radix Astro-Databank), aber das aufsteigende Zeichen mit den vielen staats-präsidentlichen Zorn-Reaktionen passt famos zur Transit-Realität. Von Herrn Erdogans autokratischen Tendenzen hat nun aber der Herr Davutoğlu offenbar doch wieder die Nase voll, denn er will nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren, was bedeutet, dass er für Präsidiales dann eher nicht mehr in Frage kommt. Indirekt das Handtuch werfen, nennt man das wohl im Slang, und dabei diplomatisch tun. Für Waage-Mond sehr wichtig.
Von Anfang an stand einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe bei den beiden Fischen mit Luft-Feuer-Monden (Waage-Mondd Davutoğlu, den Schütze-Mond Erdogan protegierte) die Ämter-Hierarchie im Wege. Und die klare Macht-Lagerung, die jedoch nur einer gewinnen kann. Erdogan ist ja Erdogan, wie man ihn kennt und liebt, ein Macht-Macher mit AC-Herrn Saturn im Skorpion am MC. Und Davutoğlu ist luftiger, dabei ein sogenannter Neo-Osmane. Brummend konservativ, sagen einige. Mit Saturn Herr 4 im Steinbock in 4. Heimat, oh, Heimat. Höchst national orientiert. Dem die Prinzipien des alten Osmanischen Reichs drum auch eher liegen als die Moderne. Vorsichtig gesagt.
Mit dem 9. Haus-Mars kann er eben auch die Bewegung in den weiten Raum hinein am besten, besonders als schiere Idee. In den Zwillingen. Das Pluto-Anhängsel schafft aber viel Druck, sich durchzusetzen, zumal ja auch Sonne-Pluto-Opposition existiert. Konflikthaft beide Aspekte. AC-Herrin Venus am DC ist leider oft auch korrumpierbar durch die Umstände anderer, selbst wenn sie im Widder Kampfgeist hat. Bekommt sie Widerstand, wird es schwierig. Und wenn der Ministerpräsident dann Macht nur halbgar schafft, übernehmen eben andere für ihn den Pluto und drücken ihm ihrerseits fremde Macht-Vorgaben auf. Der Nachteil an den großen "Problem"-Aspekten im Horoskop.
Sie ereilen einen doch, auch wenn man sie zu vermeiden sucht - und sie sind immer eigene Sache, ob man nun Außenrollen-Spieler findet, oder nicht. Die beiden jedenfalls, der Herr Erdogan, der ja ein schneller reagierenden und fleißig in alle Richtungen boxendes Mars-Sonne-Quadrat sein eigen nennt, was ihm der Mond emotional verbissen unterstützt, war da ein gutes Schicksals-Angebot für den Jüngeren. Der sollte eigentlich, in seiner Ähnlichkeit, die Chef-Rolle des Staatspräsidenten anerkennen, den Kopf neigen und dann als langer Arm des anderen Fischs für dessen merkwürdige Initiativen fungieren. Die oftmals wirken wie aus einem kleinkindlichen Sandkasten. Kein Wunder, das ist ja gerade das, was den Charme einer zusätzlichen Schütze-Betonung im Fischehaften ausmacht und zuweilen dann wirklich ungewöhnliche Projekte und Aktivitäten hervorbringen kann.
Hier aber, bei Erdogans und Nachfolgern, steht dafür alles zu sehr in Richtung: Wer hat die Hand am Drücker? Und dann streitet man sich mit Herrn Davutoğlu um Verfassungs-Änderungne, die dem Boss noch mehr Macht garantieren sollen. Bis der eigene Pluto spukt und spuckt, im fröhlichen Verein mit allen, vom laufenden Mars aktivierten Konfliktpunkten zwischen Erdogan und Untergebenem. Die da noch wären: Eine Mars-Mars-Opposition, bei der es richtig knallen kann. Und die schon ständig vom transitierenden kosmischen Impulsgeber (oder zur Not auch: Schläger) angetickt wurde. Erst zeigte der Saturn-Überlauf über beider Mars (einmal Konjunktion, einmal Opposition), wer hier eigentlich der Gewinner sein soll (Erdogan, mit der Konjunktion, dem die Hierarchie im Rücken sitzt). Und dann schiebt Mars noch einmal hin- und herwandernd das "Zerwürfnis" an, das nie stattgefunden haben soll. So die Sprachregelung. Und dennoch geht einer von beiden. Logisch.
Dass dieses "Team", das nie eins war, als es wirklich miteinander politisch zur Sache gehen sollte, sich nun vermutlich auflöst, hätte man schneller haben können. Die beiden Fische-Sonnen können sich vielleicht so lange schön und schmalzvoll verschmelzend etwas miteinander vorstellen, wie wirkliches Tun nicht aus dem Traum destilliert werden muss. Dann hat der Herr Erdogan plötzlich noch schwerere Macht-Transite als sonst. Und der Herr Davutoğlu fällt hinten weg. Im Combin (das ja bei einem Aufeinander-Angewiesen-Sein im Staatsamt eine Rolle spielt, wegen der Verbindlichkeit, solange die Ämter existieren), sieht man beides (rechts) wie oben auch schon in der Synastrie.
Wenn die Zeiten stimmen (die von Davutoğlu stammt von einem türkischen Astrologen und bleibt unbestätigt, die von Erdogan steht ohnehin eher schwach), haben sie diesen bohrenden Skorpion-AC zusammen. Der Klärung der gegenseitigen Verhältnisse immer fordert. Saturn vorn bedeutet, sie sind auch auf Form-Durchsetzung angewiesen zusammen. Aber Sonne mit Jupiter hat im Combin eben auch noch im Nacken die Sonne mit Pluto. Glanz und Elend liegen in dieser Zweier-Konstellation zu nah beieinander. Das Stellium um den gemeinsamen MC wird zudem vom aktuellen Mars (alter Signifikator für den Älteren hier = Erdogan) angeschlagen. Wieder: im Quadrat. Aus Haus 1. Also, wer da zerrt und drückt im allgemeinen Geschiebe der Paarung, ist auch recht klar. Der mit der Gewinner-Mentalität, dem Schütze-Mars-Mond in dessen 11. Haus. Der Herr Erdogan.
Im Radix treibt nun den Herrn Davutoğlu aber just auch eine Transit-Uranus-Mond-Opposition um. Uranus aus 7 (Öffentlichkeit, der Erdogans 7. Haus-Uranus spiegelt) schert gegen seinen Herrn MC, den Mond, aus. Davutoğlu kann sich nicht halten, wenn er den Erdogan nicht hinter sich hat. Strategisch oder nicht, mit der Waage-Anlage. Alles umsonst, wenn er nicht selbst die Konsequenzen zieht. Macht-Hunger muss ja gar nicht bedeuten, auch wirklich nachhaltig Macht zu haben. Der eigene Mars gegen den eigenen Pluto im Geburtsbild sagt da manchmal: Nein danke! Wir konstellieren das mal alles anders. Bevor man noch im Gezeter der anderen Hierarchen zerreißt, ist besser Schluss.
Gute Idee, die auch dem anderen Fisch zu denken geben könnte. Der aber nicht im Traum während seines laufenden Neptun-Transits über Venus-Merkur auf die Idee kommt, doch vielleicht mal Platz zu machen für modernere Gepflogenheiten. Denn dem Herrn Erdogan ist nur das politisch heilig, was der Erdogan denkt, fühlt, tut und vor allem träumt. Man hat doch die Pflicht, finden Schütze-Fische-Faktoren öfter, die Vision in Statu Traumiensis zu erhalten. Für all seine Untergebenen, denen der Herr Staatspräsident dann (mit seinem Uranus an der eigenen Spitze 7) immer den Himmel zu bringen glaubt. So kann Mensch im Amte sich über sich selbst irren, besonders, wenn er einen Zweit-Fisch als Träger negativer neptunischer Züge ständig vor sich, zum Schutze der Träume, installiert hat, in den schwammig fischehaften Gefilden.
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Daten-Quellen: Davutoglu - Ali Gül + Erdogan - Astro-Databank