Pluto: Rückkehr eines Riesenzwergs?
Gestatten, sein Name ist Pluto, Agent der Unterwelt und abschließbare Kiste des Horoskops, wo Macht, Kontrolle, Traumata und andere wilde Hunde, aber auch allerlei Verpflichtungen und Ethik im Zodiak wohnen. Gerade steht der astrologische Riese und astronomische Zwerg selbst im Umbruch - vor einem heftigen Pluto-Uranus-Transit (auf seinem eigenen Pluto in 12), während Jupiter durch sein 1. Haus im Löwen wandert. Und schon mischt der kleine, heftige "Zwergplanet" wieder die Wissenschaft auf. Gehört er nicht doch zu den "richtigen" großen Brüdern?
Das fragte sich das berufene Harvard-Smithsonian Zentrum für Astrophysik Cambridge. Drei Forscher stritten sich kürzlich darauf gepflegt, öffentlich und streng wissenschaftlich um den Status des Skorpion-Herrn, der an einem 24. August 2006 vor acht Jahren, als Jupiter seinen Skorpion-Mond kreuzte, plötzlich aus der Gnade der Astronomen und der Planeten-Kategorie gefallen war. Am Ende stimmte nun das Publikum über die "Logik" dieser neuen Challenge ab, die einen Signalcharakter für die Wissenschaft haben könnte. Gewinner: Pluto. Diese Zuhörer sind nicht die einzigen, die eine Änderung wollen:
Pluto kann nie mehr der 9. Planet sein. Oder der kleinste Planet. Oder der am weitesten entfernte Planet. Aber macht das Pluto zu einem Nicht-Planeten? Auf keinen Fall. Bevor Pluto entdeckt wurde, war das Sonnensystem in zwei Planeten-Klassen unterteilt: Die felsigen Welten wie die Erde und die Gasriesen dahinter. Pluto hat den Weg zu der dritten, großen Klasse von Planeten des Sonnensystems gezeigt, nicht weniger wichtig als die anderen beiden. Pluto ist nicht der 9. von Neunen, er ist der erste von vielen. (Alan Boyle, NBC)
Seit seinem Prestige-Verlust sprengt die Debatte um Pluto (und damit allgemein die Planeten-Frage) immer wieder die wissenschaftlichen Ideologien, die seit dem "Abstieg" des düsteren Kellerkindes unter den Planeten noch zerklüfteter waren als sonst. Denn es scheint etwas wirklich anders, besonders, mächtig an Pluto zu sein und zu bleiben, so klein oder groß oder an- oder aberkannt er auch sein mag. Selbst heute, da er offiziell als Planeten-Gnom gilt oder sogar noch despektierlicher als "Objekt" gehandelt wird. Wie viele der nach ihm entdeckten "Plutoiden" oder "Plutinos" im großen Kuiper-Gürtel, Schubladen, die nach ihm heißen.
Lange kochte trotzdem astronomisch die Pluto-Feindlichkeit und keiner wollte mehr viel von ihm wissen - nur die Heimat seines "Vaters" Clyde Tombaugh (Saturn auf Plutos Sonne-Venus), der ihn 1930 bei Löwe-AC, einer Wassermann-Sonne (wie seine eigene) und Skorpion-Mond in 4 für die Welt und ihr Bewusstsein entdeckte. Weshalb der Staat Illinois seit 2009 auch gegen den Rest der Welt kämpft und den Scheinriesen im Eismantel einfach weiter "Planet" nennt. Tapferes Illinois. Plutonisches gibt sich eben nie mit Schnell-Schüssen ab, sondern dreht sich insgeheim (Sonne-Neptun Plutos) nur tiefer in die Tiefen. Da ähnelt er dem Saturn. Typisch überhaupt für Faktoren in 8, wo auch Plutos Zentral-Gestirn sitzt, also sehr passend. Deshalb köchelte der Streit um Planet oder nicht wohl auch im Untergrund mit den Jahren weiter und weiter. Immerhin war Pluto es, der in den neuen Plutinos und Plutoiden (zwei unterschiedliche Kategorien) mit seinem Namen unendliche Kreise bis weit in die stellare Nachbarschaft zog. Er prägte so die Konzepte dessen vor, was hinter den "typischen" alten und neuen, langsamen Planeten des Sonnensystems im Universum kurvte.
Die neueste Debatte um sein Prestige als Planet nun hatte David J. Eicher (Löwe-Sonne-Uranus), der Herausgeber des US-Magazins „Astronomy" gefordert. Denn seit die Internationale Astronomische Union (IAU) Anno 2006 den Planeten-Begriff (Wanderer oder Wandel-Sterne) noch einmal eigensinnig umwarf, spaltete sich auch die Gemeinde der Pluto-Anhänger und Feinde immer wieder. Ein richtiger Planet sollte er nicht sein. Denn das ist ein einsamer Gesell, der sich wissenschaftlich diesen Namen auch verdienen muss. Nach letzter IAU-Definition also bislang ein Körper, der
- die Sonne auf Keplerscher Umlaufbahn umkreist,
- im "hydrostatischen Gleichgewicht" einer Kugel ähnelt und
- seine Umlaufbahn dominiert, sprich, sie von weiteren Objekten räumt (nach AstroWiki)
Im Gegensatz zu den "anerkannten" Planeten hat vor allem mit Letzteren der Exzentriker Pluto aber so seine Probleme. Nicht umsonst im Radix der Entdeckung (rechts via Astro-Databank, Rodden Rating A) ein Wassermann, dazu mit Saturn-Uranus-Quadrat (was Ausschluss-Probleme und Ausnahmen von der Regel bezeichnen kann).
Denn er ist zwar klein (die geringste Masse unter den üblichen Wanderern) und oho (mit mehreren eigenen Monden, u.a. dem wichtigsten Charon), hat allerdings seine Bahn nicht genügend gesäubert. An Pluto brach sich deshalb auch seinerzeit der typische Schulen-Streit in der Wissenschaft, was dann öfter quasi-religiöse Ausmaße annehmen kann. Denn solche Auseinandersetzungen um Konzepte werden leicht plutonisch-saturnisch. Wer hat Recht? Wer die Macht? Wer bestimmt?
Wie viele unterschiedliche Arten von planeten-ähnlichen Körpern es überhaupt gab, im weiten Weltenraum, begriff man ohnehin erst, als nach ihm, dem Pionier (Uranus in 9, Jupiter in 11) und der Vorhut, eine ganze Kette von befremdlichen Neulingen (wie Eris) auftauchte. Da Pluto astrologisch unter vielem anderen auch die Konzepte regiert, passt andererseits die Konzept-Frage nach seiner Zugehörigkeit zu den Planeten ebenfalls wie die Faust auf's Auge in sein Revier. Natürlich bricht sich dann die betreffende Definition auch gern an so einer mächtigen Schlüssel-Figur mit Symbol-Charakter.
Beim publikumswirksamen Pro und Contra jetzt, zu seinen Ehren, fiel die IAU mit ihrer damaligen, einsamen, verengten Definition denn auch stark gegen andere berufene Köpfe ab. Wie soll das gehen, lautete die Frage, dass ein kleiner Planet zwar ein Zwerg-Planet genannt werden darf, aber eigentlich gar kein Planet mehr ist? "Ein Zwerghamster ist immer noch ein Hamster!" meinte der Harvard-Smithsonian-Blog denn auch siegessicher später. Dr. Dimitar Sasselov, Direktor der Harvard Origins of Life Initiative stellte bei der Diskussion die Definition, die am meisten punktete: Ein Planet ist "der kleinste kugelförmige Klumpen von Materie, der sich um Sterne oder Sternen-Reste gebildet hat". Wenn sich diese eher offene Beschreibung durchsetzen sollte (und Harvard gibt in diese Richtung ein deutlich günstiges Zeichen), ist der Gangster unter den wandernden "Körpern" unter Umständen bereits auf dem Weg zurück ins Rampenlicht.
Denn unter dieser Voraussetzung wäre Pluto erneut aufgestiegen in die Himmel der astronomischen Beachtung als wichtiger Wandelstern. Auch astronomisch. Zur Ehre der Astrologie bleibt zu bemerken, dass sie es mit Illinois, Clyde Tombaughs Heimat, gehalten hat. Die Astrologen, plutonisch-uranisch wie sie nun mal sind, hat es auch seit 2006 nicht gestört, wer oder was Pluto den Status als Planet absprechen wollte oder eben nicht. Dass er sehr praktisch eine überaus zündende Rolle für das Radix spielt, ist in der täglichen Arbeit einfach nicht zu beschönigen. Konzept hin oder her. Warten wir also ab, was Plutos Uranus-Pluto-Transit in der nächsten Zeit noch an Wandlungen bringt (auch seine Domäne).
Da geht noch was - denn nicht umsonst ist Plutos Pluto, der von dem intensiven Überlauf betroffen sein wird, in der Anlage in 12 versteckt und bringt dazu eine trügerische Sonne-Neptun-Opposition mit. Ein Wesen, das sein wahres Gesicht erst nach vielen Bohrungen zeigen kann, und immer mal wieder eine Lunte ins Verdrängte und noch nicht Begriffene legt. Und als Herr von 5 außerdem die bekannte, ziemlich vitale Tretmine, bei der einiges in die Luft gehen kann, bevor es sich dann zum endgültig sichtbaren Konzept verdichtet.
Wenn Neptun endlich aus dem Konflikt zu Plutos Jupiter in 11 hinaus gelaufen ist und die Raumsonde New Horizons ihm im Sommer nächsten Jahres bis auf 9500 Kilometer nah kommt und neue Einblicke bringt, werden wir deshalb vermutlich auch etwas besser wissen, wohin der Herr von Macht und Ohnmacht gehört. Stolzer Planet. Oder nicht. Seiner Wirkung im eigenen Leben tut's so oder so keinen Abbruch.
Bilder (bearbeitet): ESO/L. Calçada (http://www.eso.org/public/images/eso0908a/) [CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)] + Gustave Doré [Public domain] + DenisMoskowitz, all via Wikimedia Commons