Vertretung der Klugheit auf Wolke 7
"Geld macht nicht korrupt - kein Geld schon eher." Dieter Hildebrandt, Kabarettist.
Er war die Ausnahme, die ständige Vertretung von Intelligenz, Durchblick, Haltung und Scharfsinn im Fernsehen und - seit ich denken kann - eigentlich immer mit im Wohnzimmer. Astrologisch ein bisschen wie der Papst - mit dem Herrn des AC, Mond, im Wassermann. Nur frecher. Viel - mehr - alles, das Wesen dessen, was durch ihn in die Welt sollte, in Haus 9. Nun ist er doch begraben, knapp zwei Wochen nach seinem Tod, in München, in einem bunt bemalten, ganz einfachen Holzsarg. Darauf eine große Sonnenblume und andere Graffiti, wie von einem Kind:
"Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken! (Kästner") und "TSV 1860" (sein Verein) und: "Wolke 7". Alles wie immer. Alles anders als bei anderen. Die letzten schwierigen Transite von Pluto und Uranus in Anlauf auf Venus-Pluto in 1, Saturn Quadrat Mond und Neptun Quadrat Saturn hat das "deutsche Gewissen" in all seiner Vitalität nicht geschafft, musste sich irgendwann doch schaffen lassen von einer Endlichkeit, mit der man ihn nie in Verbindung brachte. Dieter Hildebrandt, Boss der Brüche, der Sprache, des Sarkasmus. Er war ja auch die Hoffnung darauf, dass Klarheit manchmal doch alles überlebt - selbst das Alter. Viel Anders-Sein für wenig mutiges, miefiges Deutschland, das er auf seine Weise so gewaltig prägte und politisch auswog. Wer immer auch am Hebel saß. Sonne und Merkur dabei in 12, im Versteck: Wer er selbst war, war nicht wichtig. Es ging ja um die Sache, Haltung, das Prinzip. Pluto vorn.
Dieter Hildebrandt war der Grund, warum manche meiner Kinder-Abende leiser waren. Pst! Lach- und Schießgesellschaft heute. Eltern begrüßten, wie der Mann da, der mit den Sätzen wie aus dem Gewehr, im ersten, kleinen Fernseher Faxen machte. Schwarz-Weiß, scharfe Trennung, die Über-Uranisches (Uranus-Jupiter) mitbringt, was nun mal zu gepfefferten Pointen führt. Scheibenwischer sah ich selbst dann schon. Erst begeistert, dann gelangweilt, weil Schulterpolster und Punk wichtiger wurden. Später wieder fasziniert. Wie konnte das sein, dass einer wie Hildebrandt sich hielt in einer Zeit, die immer heftiger, eiliger, oberflächlicher mit dem Leben umging? Er hatte Sonne-Saturn. Auch nicht gerade der Garant für stromlinien-förmiges Durch-Schwimmen. Neptunische Zerbrechlichkeit spürte man.
Meinungen sind wie Grundstücke: Erstens sind sie zu teuer, zweitens kann man nicht immer darauf bauen." (Dieter Hildebrandt)
Das Merkur-Prinzip, das ihn so prägte, sah er selbst kritisch. Glauben, meinen, hoffen. Alles eine Frage der Position. Sein Biß hielt - Dank Saturn und Pluto - wohl länger als die übliche TV-Halbwertzeit. Hildebrandt war trotzdem rührig, schnell, flexibel, sportlich und vor allem fair. Dass er politisch rot fühlte, hieß nicht, dass er seine Herzens-Kandidaten verschonte. Wie gesagt, die Sache. Ansonsten hatte Hildebrandt über Hildebrandt zu vermelden, dass er rechtschaffen mit den Tugenden eines ordentlichen Bürgers lebte, aber eben die paar Meter toleranter war (die Jupiterales vom Merkurischen unterscheiden). AC-Herr Haus 9 eben. Der Mond, das Empfinden, das beim Krebs am aufsteigenden Zeichen entscheidend wird. In die Weite, mit dem Blick, für den Zäune allein zum gedanklichen Überspringen da sind. Mit Mars Spitze 2 konnte er gut Grenzen setzen, eben weil so viel Weiches in ihm gewesen sein muss.
Mir war er einer von den Guten, bei denen man sich darauf verlassen konnte, dass sie schreien würden, bevor der Staat noch ganz unterging in seiner Selbstverliebtheit. Deutschlands kleine Sicherheitsleine, wenn es den Trend-Verlebern und -Schreibern und progressiven Fernsehmachern zu wohl wurde und sie wieder mal mit den Flügeln der Arroganz flatterten. Mit dem Vorrecht der Jungen, Dummen, alles besser zu kennen, zu tun, zu wissen. Hildebrandt überlebte sie alle, weil Qualität manchmal eben doch zum Bumerang wird.
Jupiter-Uranus im Spiegel der kosmischen Spalte ist auch der Kamikaze-Flug, der dem routiniert Anständigen von Saturn in 6 immer wieder eine Startrampe zum Hinterfragen baut. Das absolut Neue aus dem Ewigen destillieren. Eigentlich wollte Dieter Hildebrandt mit seiner 9. Prinzip-Betonung ja einmal auch den Doktor machen - in Literatur, Theater oder Kunstgeschichte.
Und dann wurde der Junge aus Bunzlau, Niederschlesien, doch ein geprüfter Schauspieler, als ihn das Studenten-Kabarett nicht losließ. Eine der schwierigsten Zeiten in seinem Leben war wohl, als 1985/86 unter Pluto Opposition Chiron in 11 Stier und Neptun über dem Deszendenten erst seine Frau Irene starb und kurz danach sein alter Freund Sammy Drechsel. Bitter kam es noch mal, als man ihm 2007, bei Saturn Konjunktion Neptun und Pluto am absteigenden Mondknoten (auf dem GZ) vorwarf, dass er wie viele Jungs (Hildebrandt war damals 17) im letzten Kriegsjahr NSDAP-Mitglied geworden sei. Er machte sich irgendwann durch eine Streitschrift Luft, gegen all die, die ihm nicht glaubten, dass er davon nichts ahnte. Dieselben, die es schon immer später viel besser gewusst haben, was passiert ist und wie.
Ich finde das unverschämt. Und dann hat dieser Herr Markwort, dem ich nie mehr im Leben begegnen möchte, auch noch befunden, meine Reaktion sei hysterisch gewesen. Hysterisch kann man nur sein, wenn man das Gefühl hat, richtig erwischt zu werden. Wenn man aber falsch erwischt wird, dann muss man eine heftige Reaktion nicht als hysterisch, sondern als gerecht bezeichnen. Ich habe also einen gerechten Zorn entwickelt." (Dieter Hildebrandt, Cicero, ICH WAR DABEI)
Pluto-Venus in 1 Krebs trägt das Herz auf der Zunge und kennt in der Haltung eben keine Verwandten. Außer denen, die sie liebt. Hildebrandt hat zwei Töchter und seine zweite Frau, Renate Küster, eine Jungfrau mit Sonne Konjunktion Neptun. Was sich gut traf, bei seiner Sonne im 12. Haus. Neben seiner Peter-Pan-Anmutung (Forever Young = ein Geschenk der Zwillinge-Sonne) wirkte seine Intensität manchmal wie ein Düsenjäger, der über den Köpfen der Normal-Sterblichen die Schallmauer durchbricht. Und doch merkwürdig verletzbar. Er war ein Sprach-Akrobat, der Worte stottern, kauen, Saltos machen lassen konnte, bis sie sich verwirrten und etwas unglaublich Starkes heraus kam, obwohl es sich manchmal anhörte wie ein einziger, großer Versuch (Merkur-Saturn). Ohne jede Oberflächlichkeit, was so selten geworden ist in den Ruinen der Dichter und Denker, die jetzt von Trendsettern bevölkert sind.
Weit über 80 war Hildebrandt schon, als er immer noch Neues für sich entdeckte, vibrierte, lebte, öffentlich arbeitete. Und sich (wie seine Krankheit, an der er starb) völlig dahinter ließ. Er wird fehlen, im Fernsehen, im Wohnzimmer, in der Politik, nicht nur in Deutschland. Einer der Aufrechten, wenigen Geraden mit mehr Mut im Koffer als Selbstbezogenheit. Danke schön für ein Stück Kindheit, Jugend, Leben, das durch Haltung einzelner, wie seine, auch behütet vom Sinn für Wahres war. Ohne diese Extremisten einer anderen Freiheit als nur der einer unbedingt persönlichen Verwirklichung wird es brenzlig. Oder wie William Butler Yeats, auch Zwillinge-Sonne mit Wassermann-Mond wie Hildebrandt, sagte: "Alles bricht auseinander. Die Mitte hält nicht mehr." Vielleicht sitzt er jetzt schon da oben, nervös wie immer, bis er wiederkommt. Und strickt am ersten Gag gegen Engel, Gesänge, Pauken, Trompeten und Ewigkeit. Dieter Hildebrandt - weich im Herzen, hart in der Sache.
Bild: Christoph Vohler (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons