Schütze-Traum(a): Advent, Advent...
Die prachtvollen Weihnachtsmärkte sind schon überall geöffnet und morgen beginnt auch die Adventszeit. Die große Vor-Freude auf das Lichterfest, die Geburt des Erlösers oder zumindest auf üppige Geschenke. Alleine der Umstand, dass ausgerechnet die Vorweihnachtszeit mit ihren Hoffnungen und Wünschen in die Schütze-Phase jedes Jahres fällt, ist eigentlich schon ein kosmischer Witz. Oder eine Verschwörung von Illuminaten und Freimauern, je nachdem, woran man glaubt oder glauben will.
Ja, ja - der Glaube. Das große Stichwort dieser Zeit. Ich glaube, also bin ich. Beziehungsweise das woran ich glaube wird Teil meines Lebens. Prägend und weitreichend. Auch wenn nichts wirklich dafür spricht, dass alles so ist, wie ich es glaube. Es reicht, dass ich es tue. Ich kann an einen Gott glauben oder viele, und selbst wenn ich an keinen glaube, bleibt es dasselbe Prinzip. Denn Glauben heißt nicht wissen, davon lebt das Ganze. Wie schrecklich wäre es, wenn man schon heute wüsste, was man zur Weihnacht alles geschenkt bekommen wird. Selbst wenn es großartige Dinge wären, nichts kann diese Vorfreude ersetzen, dieses hoffnungsvolle Spekulieren innerhalb der Parameter, die ich für glücksbringend und erfüllend halte.
Denn nicht nur unsere Gedanken sind frei, sondern auch unsere Vorstellungen und Weltenbilder, die auf ihrem Rücken entstehen. Dort wo Merkur nur ziellos aneinanderfügt, erschafft Jupiter ganze Welten. Oder Himmel und Höllen, je nachem. Und es ist nicht DER JUPITER irgendwo DORT DRAUSSEN. Sondern DAS JUPITER in uns, dieses schöpferische Prinzip, dass aus jeder Mücke einen Elefanten machen kann. Oder aus einem ehemaligen Staubsauger-Vertreter einen Guru, einen Lehrer, einen scheinbar Erleuchteten. Aus ein paar nacherzählten Geschichten werden so ganze Bücher, und diese Bücher werden dann im nächsten Schritt zum Gesetz erklärt (Saturn). Aber erst einmal muss man glauben an das was da geschrieben steht. Das ist das Verrückte daran, jede der großen Weltreligionen (Jupiter) baut auf Schriften auf (Merkur), auf Erzähltem und Überliefertem, das dann irgendwann auch aufgeschrieben wurde.
Erst dadurch scheint die wirkliche Basis für unsere Religionen zu entstehen, wenn es nur irgendwie irgendwo geschrieben steht, dann könnte es auch wahr sein. Aber wirklich wird es für uns erst dadurch, dass am Anfang nur einzelne, später immer mehr Menschen daran glauben.
Denn der Glaube versetzt nicht nur Berge, er erschafft sie letztendlich auch.
Ob man sie dann besteigen und ihre Gipfel wirklich stürmen kann, zeigt sich erst im Steinbock. So wie es sich erst im Steinbock zeigt, ob all die Vorfreude auf den Heiligen Abend wirklich berechtigt war. Oder ob es wieder nur Socken und Überflüssiges als Geschenke gibt, die nicht die geringste Freude auslösen. Weder beim Beschenkten, noch beim Schenkenden. So ist das dann unter dem Steinbock-Diktat eben, es ist was es ist. Allerdings ist auch das nicht ganz richtig. Denn Saturn pur, reduziert ja bis ins letzte Detail, und das ist dann ein bisschen wie bei den russischen Puppen – am Ende ist da eigentlich Nichts, was man noch greifen könnte.
Insofern ist Jupiter wohl das Beste, was wir kriegen können. Indem wir das Beste aus dem machen, was als Grundstoff zur Verfügung steht. Sicher, man hätte die Geschichte von Jesus heutzutage im Netz vermutlich auch anders erzählt. Dass er ein seltsamer Einzelgänger ist, der sich nicht im sozialen Netz seiner Zeit wieder finden kann. Und deshalb anfängt, große Visionen zu entwickeln. Über sich und die Welt. Andere aufhetzt und ihnen Flausen in den Kopf setzt. Sich gegen die Obrigkeit erhebt, um am Ende auf ganzer Linie zu scheitern. So ein verwirrter jüdischer Dschihadist eben, der sich einfach nicht mit den Wirklichkeiten unserer Zeit arrangieren kann und will.
Es liegt nicht an der Geschichte, warum wir nicht diese Version bevorzugen. Wir wollen an etwas anderes glauben, etwas, dass uns Hoffnung gibt, das die Welt zu einem erträglicheren Ort macht. Die Geschichte von Jesus ist eine Jupiter-Geschichte (der ja auch der klassische Herrscher der Fische ist), genauso wie die Geschichte von Mohammed und Buddha. Wenn wir sie nicht glauben, hat sie nicht mehr Bedeutung als jede andere Geschichte. Wenn wir sie nicht mit dem Feuer des Schützen erfüllen, bleibt sie nur eine Information ohne große Wirkung.
Dabei geht es nicht darum, dies unbedingt bewusst zu tun, im Gegenteil. Wir sind weitaus überzeugter von unseren eigenen Schöpfungen, wenn wir nicht einmal wissen, dass sie unsere Schöpfungen sind. Dass sie durch uns lebendig geworden sind und es solange bleiben werden, wie wir sie mit Feuer-Energie immer wieder auftanken.
Aber keinen Moment länger.
Genau deswegen müssen wir unseren Göttern Opfer bringen, je grösser, desto besser. Und genau deswegen müssen wir unseren Glauben verteidigen, egal woran wir glauben. Und wehe wir stoßen auf Widerstand. Wehe wir werden in unseren Glaubenssätzen irritiert und hinterfragt. Dann ist es Zeit für jupiterhafte Kreuzzüge und angeblich „Heilige Kriege“. Im Namen der Götter, an die wir glauben. Durchaus also auch im Namen des €, des $, des Öls oder des Goldes.
Und natürlich glaubt jeder und jede von uns nur an das ultimativ Gute und Beste. Das ist schon klar. Selbst diejenigen, die die Herrscher der Höllen anbeten, sehen in ihnen ja das einzig Wahre und Beste. Dieses Prinzip ist absolut austauschbar und völlig unabhängig von jeglichen Inhalten. Man kann es auch wunderbar ausschließlich für eigene Zwecke einsetzen. Indem man alles, was man selbst für wichtig und richtig hält, zum höchsten Gut erklärt. Das muss nichts Religiöses haben, das kann sich ausschließlich auch nur auf Alltägliches beziehen. Aber sobald diesen eigenen Glaubenssätzen nicht entsprochen wird, zeigt sich das jupiterhafte Element von ganz allein. Aus Mücken werden Elefanten, und im Namen dieser Elefanten darf dann auch geköpft und gemordet werden. Darf dem „göttlichen Zorn“ in uns ganz menschlich Ausdruck verliehen werden. Wobei auch das von ganz alleine geschieht, man muss sich darum nicht groß bemühen. Denn wenn das Glaubensgefüge bedroht wird, kriecht das skorpionisch Verdrängte, das was man dem anderen, fremden Bösen zugeordnet hatte, wieder aus allen Ritzen und Löchern ins eigene Leben. Deswegen ist es so wichtig, was in diesem Umfeld an Vorarbeit geleistet wurde, wenn man sich in die Weiten Jupiters aufmachen möchte. Ansonsten explodiert eines schönen Tages das ganze Weltbild mitsamt der Welt, die es tragen musste.
Und fliegt einem um die inneren Ohren.
Wie gut, dass es dazu eine Alternative gibt.
Dann nämlich, wenn die inneren Feindbilder nicht mehr dem Anderen, dem Fremden in uns übergeben wurden, sondern angenommen und integriert werden in das eigene Selbstbild.
Und wenn es nichts mehr gibt, was ausgegrenzt werden muss, dann gibt es auch keine Grenzen mehr.
Spätestens dann ist man in der Lage, der Welt und ihren Bewohnern ein Bild von und über sich selbst zu schenken, das wahrhaft großzügig und strahlend ist. Das wäre dann wohl auch das beste und nachhaltigste Geschenk, das man sich und anderen zu Weihnachten machen könnte.