Merkur: Wie Wissen zu Weisheit wird
Es geht doch nichts über Experimente, die das lebendige und dynamische Element des Augenblicks mit einbinden. Auch in der Astrologie. Heute hat man die Gelegenheit, das Prinzip Merkur aus einer bestimmten Perspektive zu erfahren und zu erleben. Denn er ist gerade stationär, tritt also symbolisch gesehen auf der Stelle und bewegt sich keinen Millimeter mehr durch Raum und Zeit. Gegen 14:50 h unserer Zeit wird er so zum absoluten Langsamläufer, und in gewisser Weise fällt er komplett aus jedem Rahmen. Denn Veränderung, das Wesen der Zeit, bedeutet ja immer auch Bewegung. Im Umkehrschluss könnte man dann sagen: wo es keine Bewegung gibt, hört auch die Zeit auf zu existieren.
Wobei man hier natürlich Abstriche machen muss. Denn Rückläufigkeiten und stationäre Momente sind ja „nur“ Schein-Wirklichkeiten. Aus unserer Sicht, der erdbezogenen-geozentrischen, scheinen Planeten bisweilen rückwärts zu laufen, mittlerweile wissen wir, dass das aber ein Hoax ist. Ein Wahrnehmungs-Scherz. Aber wie immer, wenn es um Wahrnehmung geht, hat alles mindestens zwei Seiten. Eine relative und eine absolute. Und solange man als Mensch keine sonnenhafte Perspektive einnehmen kann oder will, solange prägt das Relative eben unser Erleben und alles was damit verbunden ist.
Merkur, aus der Zeit gefallen, ist also irgendwie dann doch auch eine erfahrbare Realität, zumindest für einige Augenblicke. Die ersten Ergebnisse im Selbstversuch hinterlassen bei mir folgenden Eindruck:
Irgendwie sind meine Gedanken-Bilder gedehnt, wie eine Gummischnur, die man spannt und spannt. Diese Spannung ist aber nicht vordergründig, sondern eher nur als generelle Atmosphäre wahrnehmbar. Da ist gleichzeitig eine große Unruhe, die aber wenig bis gar nicht ausgerichtet ist. Und es entsteht eine seltsame Räumlichkeit, es scheint größere Pausen zwischen dem Beginn eines neuen Gedanken und dem Ende des vorherigen zu geben.
In diesen Lücken, diesen Zwischen-Räumen und –welten, ist es schwer bewusst und wach zu bleiben. Denn wo kein Gedanke mehr ist, hört die Welt auch auf als Abstraktion zu existieren. Sie ist nicht mehr begreifbar im üblichen Sinne. Und dort wo alle Zuordnungen enden, endet auch das Wissen über die Welt, das nur auf der Grundlage solcher Begrifflichkeiten entstanden ist.
Erinnerungen tauchen auf, Meta als Vierjähriger, der ein Buch „liest“. Da sind all diese winzigen kleinen Bilder (die, wie sich ein paar Jahre später heraus stellt, Buchstaben genannt werden), Kreise mit Kreuzen und Häkchen, die sich oft wiederholen. Manche mehr, manche weniger. Aber sie erzählen noch keine Geschichte, anders als wenn Erwachsene daraus vorlesen. Die erscheinen wie Zauberer und Magier, die ein Geheimnis kennen, das einem selbst noch verborgen bleibt. Erst in der Schule lerne ich dann Schritt für Schritt, diesen seltsamen Runen Laute zu zuordnen. Und noch etwas später, Verbindungen zwischen ihnen herzustellen. Aus den Runen werden Buchstaben, aus den Buchstaben Worte, aus den Worten Sätze und aus den Sätzen ganze Geschichten. Und es sind nicht die Bücher, die sich verändert haben, sondern ich habe gelernt zu abstrahieren, zu assoziieren und Verbindungen zwischen den einzelnen Teilen herzustellen, die am Ende zu einem neuen Verständnis des Ganzen führen.
Natürlich begann dieser Prozess schon weitaus früher, Lesen, Schreiben und Rechnen stellt nur die Perfektion dieses Prozesses dar. Die Kultivierung des Merkur-Prinzips.
Und auf dieser Grundlage kann Mensch dann beginnen, die Welt auch aus Perspektiven zu sehen und zu verstehen, die jenseits unserer sinnlichen und direkten Erfahrung liegen. Die Welt und das Leben wird zu einem gigantischen Informations-Pool, in dem sich irgendwie alles mit allem gedanklich verbinden lässt.
In der natürlichen Abfolge des Zodiaks, beginnend bei Widder-Mars, stoßen wir hier zum ersten Mal auf das Luft-Element. Merkur-Zwilling ist die energetische Reaktion auf Venus-Stier. Dort wird der Anfangsimpuls eingebunden und fokussiert auf das erdhaft Erfahrbare, das greif- und spürbare Zentrum. Damit dieses wichtige Ordnungsprinzip nicht zu statisch bleibt, erschafft es quasi aus sich selbst heraus eine Weiterführung. Das ungebundene Bewegte und leicht zu bewegende Wind-Element.
Die Gedanken sind frei. Zumindest entsteht der Eindruck, dass sie nicht zwingend den Gesetzmäßigkeiten der irdischen Welt unterworfen sind. Allerdings nur dann, wenn man außer Acht lässt, daß die gedankliche Bewegtheit des Zwilling-Archetyps immer sinnesgebunden ist. Hier wird noch nicht abstrahiert ins „Über-Sinnliche“, sondern nur das Wahrnehmbare wird mit Begriffen belegt und abstrahiert. Genau genommen beginnt mit Merkur aber auch die Aufspaltung der Welt, wird das duale Prinzip ein fundamentaler Baustein des gesamten Lebens. Hier gibt es dann das „Richtige“ und seinen Gegenpart, das „Falsche“, als Idee, als gedankliche Wertschöpfung, die nicht zwangsweise schon an unmittelbare Erfahrung oder Ethik angebunden ist, sondern sich auch einfach luftig-spielerisch verselbstständigen kann. Allerdings noch weitestgehend ohne jeden „Sinn und Verstand“. Denn sinngebend ist das gegenüberliegende Prinzip von Jupiter-Schütze und das rationale Verständnis entsteht erst durch das jungfräuliche Erd-Element.
Dass Jupiter und Merkur, genauso wie die anderen, sich gegenüber liegenden Prinzipien, nicht voneinander zu trennen sind, ist ja ein uralter, astrologischer Hut. Interessant wird es, wenn man sich das nicht nur als zwei Seiten eines Themas vorstellt, sondern auch als dynamischen Ablauf, der von A (Zwilling) nach B (Schütze) und wieder zurück führt. Verfolgt man diese Abläufe gemäß der astro-energetischen Inhalte der folgenden Zeichen, bekommt man bisweilen sehr einfache und erstaunliche Antworten auf bestimmte Fragen.
Als erstes wird man feststellen, dass es immer zwei Wege gibt. Einen natürlichen, der dem Bewegungsablauf des Zodiaks folgt, und einen dazu konträren, der in die andere Richtung führt.
Der „rechte“ Weg von Wissen zu Weisheit
(Anmerkung: Dies hier ist ja nur ein Experiment in Artikelform, man möge mir also verzeihen, wenn ich die einzelnen Tierkreis-Themen jetzt nur sehr oberflächlich anreiße). Folgt man also dem rechten, natürlichen Weg, dann wird jede Information, jede Idee oder jedes Wissen als nächstes die Krebs-Phase durchlaufen. Muss emotional angebunden und integriert werden und dies geschieht auch über Reflektion, eine der Grundeigenschaften des Mondes. Erst in diesem inneren Spiegel wird eine Idee oder ein Gedanke zu etwas Persönlichem, bekommt eine spezielle Färbung, verbunden mit einem eindeutigen Empfinden. Der Begriff „richtig“ hätte ohne diese Anbindung keine Bedeutung, erst das positive Gefühl, dass diesem Begriff zugeordnet wird, macht ihn bedeutungsvoll (umgekehrt gilt das natürlich genauso).
Auf dieser Grundlage entsteht im nächsten Schritt eine Identifikation mit dem Ursprungsgedanken und dem damit verbundenen Empfinden. „Richtig“ wird jetzt zu „ich bin richtig“, weil ich dieses „richtig“ denke und empfinde. Meist wird mit diesem Schritt „das Falsche“ bzw. das oppositionelle Prinzip weiter ausgelagert werden, und den „Anderen“, der Welt gegenüber im Wassermann zugeordnet. Aber nun ist die Idee zu einem geistigen Identifikationszentrum geworden, einer Vorstellung. Ich bin nicht mehr einfach nur ich, sondern vor allem das oder jenes. Idee und Empfindung werden so zu einem geistigen Bild, dass im nächsten Schritt jetzt einen Weg in die erdhafte Wirklichkeit der Jungfrau finden muss.
Hat zum Beispiel ein Wissenschaftler auf der Suche nach neuer Erkenntnis in den Phasen zuvor eine Idee entwickelt, die nun zu einem wichtigen Teil seines Seins geworden ist, dann kommt jetzt die Überprüfung dieser These. Das vormals nur Gedachte wird jetzt über Experimente verifiziert, auf seine Wiederholbarkeit hin überprüft, weil nur das die Sicherheit bringt, die das Erdelement als strukturgebend benötigt.
Im Alltag muss jetzt das geistige Bild durch eine Fähigkeit ausgedrückt werden, das rein Gedachte reicht nun nicht mehr, es braucht eine Umsetzung. Und diese Umsetzung muss in einem nächsten Schritt mit der Umgebung, dem Gegenüber, den Anderen abgestimmt und harmonisiert werden. Im besten Fall zeigt sich dann das Venus-Waage Prinzip als die Möglichkeit einer Verfeinerung und Erweiterung, die durch die notwendige Anpassung an die Welt entsteht. Zwingenderweise, ganz im Sinne der Waage, muss hier aber auch die Kehrseite des Ursprungsgedankens, im Falle des „Richtigen“ also auch das „Falsche“ wieder eingebunden werden.
Was zwingend die nächste Phase einleitet, die skorpionische Auseinandersetzung mit dem Schatten der Ursprungsidee. Ohne die Integration des vermeintlich „negativen“ Anteils durch intensive Auseinandersetzung, bleibt jeder noch so gut gemeinte Gedanke unvollständig und daher auch kraftlos. Skorpionische Prozesse sind in dem Sinne eigentlich etwas Verbindendes, bringen zusammen was zusammen gehört, die emotionale Abwehr dagegen entsteht nur aus der vorherigen Festlegung und Abspaltung und der Einbindung in das geistige Selbstbild, von dem man sich jetzt lösen müsste.
Erst danach kann die Idee, der Gedanke, sich mit dem Jupiter-Schütze Prinzip verbinden und zu etwas Größerem werden. Dann erst bekommt er seinen Sinn, seine übergeordnete Bedeutung, mit deren Hilfe ein erweitertes Verständnis überhaupt möglich ist.
Dieser „rechte“ Weg ist ein Weg der Bewusstwerdung, einer aktiven Auseinandersetzung und Einbindung von Gedanken und Ideen. Der „linke“ Weg dagegen, der von den Zwillingen über Stier, Widder, Fische, Wassermann und Steinbock zu Schütze-Jupiter führt, ist der „rückläufige“ Weg des ausgeklammerten Anteils. Das was nicht integriert wird in die eigene Persönlichkeit, findet seine Bestimmung dann früher oder später als Gestalt in der „äußeren“ Welt, begegnet uns als Wirklichkeit über den Steinbock am Ende dieser Entwicklung.
Dies alles findet immer gleichzeitig statt, während sich der bewusste Anteil in die eine Richtung entwickelt, entwickelt sich die konträre Dynamik des polaren Gegenteils in die entgegengesetzte Richtung. Beides interagiert beständig miteinander, überlagert sich phasenhaft und ist nicht voneinander zu trennen.
(Anmerkung: Das alles im Detail aufzuzeigen, würde den Rahmen dieses Artikels komplett sprengen, wäre aber vielleicht ein gutes Thema für ein zukünftiges Webinar oder einen Kurs).
Jetzt ist es 14:51 h, Merkur beginnt gerade sich wieder in die „richtige“ Richtung zu bewegen, und somit ist mein kleines Experiment für heute auch beendet. Es war der Versuch, die Gunst der Stunde zu nutzen, um diesen aus der Zeit gefallenen Merkur einmal anders zu verstehen. Und vielleicht war ja die Lücke zwischen dem einen oder anderen Gedanken groß genug, damit auch genügend Raum für „Etwas“ entstehen konnte, das durch Begriffe und Abstraktionen alleine nicht erklärt werden kann.