Die Mythos-Maschinen
"Die Sterne schreiben meinen Namen in das Firmament, damit er hell in euren Augen brennt." (Falco, Sonne 0° Fische, Pluto in 3)
Zugegeben, sein Gereime war manchmal auch ein Stolpern, aber das passte zu seinem zornigen, reichen Leben. Ein Mann mit einem explodierenden Selbst-Konzept. Nicht nur Falco, sondern auch Pluto sind Plutonier, beide haben sie einen Skorpion-Mond, die Geburtstagskinder des Wochenendes. Beide ähneln sie sich auch im Verlauf für die Zeiten, dem frühen Aufzischen und Verlöschen (der eine stirbt früh, der andere wird umdefiniert in der Bedeutung). Es gleicht sich der Hang zu Extremen: Sie sind fesselnd, besetzt von heftigen Bildern, aus denen Dogmen werden, manipulativ und sehr, sehr charismatisch.
Falco hatte nie die Chance, der genialische Rap-Rentner zu werden, der heute seinen 60. gefeiert hätte. Sein seelischer Unterbodenschutz konnte seine fast unendlichen Talente kaum halten. Dagegen ist Pluto natürlich in sich schon nur eins der Konzepte, die er so stählern, bindend und kaum abweisbar über der Astrologie auswirft. Schon gestern wäre der Nicht-Mehr-Planet in aller überlebenden, alten Power 87 Jahre geworden. Nach 25 Jahren Suche fiel Pluto an jenem Tag sozusagen ins Bewusstsein der Welt, die für ihn reif war.
Entdecker Clyde Tombaugh hat eine Mond-Pluto Konjunktion gegenüber dem Galaktischen Zentrum und der Pluto Sonne-Venus-Konjunktion in Wassermann-Fische in 8. Was auch seine leidenschaftliche Pattex-Komponente für Bindungen als astrologische Analogie erklärt. Beide jedenfalls sind sie "Gestalten" der Weltgeschichte, denen man Magie zuschreibt, der Star und der Zwergplanet. Das 8. und 12. Prinzip in Kombination beeindruckt immer. Das kann man dann so oder so werten, denn im Fall Falco führt es mit dem Uranischen im Paket zu einem Geburtsbild, das einem quasi im Hinsehen schon um die Ohren fliegt, anfällig für Brüche und voller elektrischer Kraft. Dennoch blieb er - wie Pluto - eine Mythos-Maschine.
Der Herr Falco (rechts via Astro-Databank, Rodden Rating A) wurde am 19. Februar, nur einen Tag und 27 Jahre nach Pluto geboren. Als einer, dem das Wiener Blut auch so leicht kochte, skorpionisch und neptunisch, mit 0° Fische-Sonne eine Leinwand, auf die bis heute vielfache Projektionen geworfen werden. Mit dem hungrigen Mond, zwei 8. Haus-Besetzungen und dem Pluto sicht- und spürbar im Ausdruck in 3. ein Durchdringer, mit Sonne in 9 ein Musik-Philosoph, auch ein Extremist, durch Haus 8 in Kontakt zum Wassermann. Er war unstet, mit Krebs-AC duchlässig. Manchmal hat man ihn mit Mozart verglichen, nicht nur wegen Rock me, Amadeus, der ja einen exakten Mond-Pluto im Schützen hatte. Aber wie Falco eben auch den Merkur und die Venus im Wassermann. Exzentriker.
Falcos Radix strotzt dazu vor Spannungen - und so lebte er auch. Ein Maniac, der verbissen arbeiten konnte, um dann wieder noch verbissener alles fallen zu lassen, was ihn agitiert und was er agitiert hatte. In der Anlage war er so frei (aber auch süchtig), wie Wassermann und Fische es nur sein können, da sie jedes Grenze sprengen oder umfließen. Zumal, da in seinem beträchtlichen Wassermann-Anteil zwischen Merkur-Venus auch noch Lilith und Chiron sich aufhalten - die Option für Selbstverletzung durch eigene Unberechenbarkeit, die man zu sehr spielen lässt.
Das Problem besteht auch da, wo im Kern, über den AC, etwas anderes hineinkommt. Das, was durch ihn als Künstler ans Licht wollte, kollidiert mit dem, wo er abhängig gebundener Mensch bleibt. Viel kleiner, ein Krebs. Einer, der einiges an Traumata erlebt hat, auch im Elternhaus, mit dem Skorpion-Mond-Neptun, wo er im Kokon der Mutter groß wird und der geschiedene Vater das Talent nicht schützt in seiner Größe und gleichzeitigen Anfälligkeit des Seelischen für jede Verletzung, die frei fliegt. Krebs-Wunden.
Aber so ist es oft, wo die Form astrologisch den Inhalt nicht ganz halten kann, weil sie nicht übereinstimmen. Wie in Falcos Horoskop, bei fixen Zeichen-Anlagen allesamt in den dazu konflikthaften Häusern. Da übersieht man leicht, wie viel Informationen auch die reinen Felder schon liefern an Sollbruchstellen: Hier z.B. einen Wassermann in 8, Stier in 11, Löwe in 2 und Skorpion in 5 - das erfordert die Quadratur des Kreises. Und daran zerschellt eine solche Begabung dann irgendwann leicht, wenn etwas sie aus der Kurve fliegen lässt, an deren Schärfe man doch sonst gewöhnt ist. Wenn Transite all das anschärfen. So kam es, dass 1998 Neptun auf 0° Wassermann, im Halbsextil zu Falcos Sonne, und Uranus schon weiter vorn im Wassermann, im dortigen Extremisten-Team so viel Spannung aufbauten, nach einem langen Pluto-Quadrat über Sonne, dass er hätte anders frei werden müssen.
Sich trennen von vielem, was sein Leben ausmachte. Aber wie macht man das, wenn man ohnehin absolut radikal lebt? Falcos grundsätzliche Zerrissenheit verschärfte sich noch mal neu, er war auch verführbar für stofflichen Trost. Dann hatte er einen Unfall, raste - offenbar unter Drogen - in einen Bus und starb.
Leben ist lebensgefährlich, besonders in der fixen Thematik, wo im Stier stoffliche Existenz ja beginnt, im Löwen das Lebensspiel spielt, und die Lösung, der letzte Schnitt, durch Pluto vorbereitet und durch Uranus dann die endgültige Trennung vollzogen wird. Überhaupt zeigt sich hier auch das Zweischneidige des Plutonischen (Plutos Entdeckung links, ebenfalls Astro-Databank und Rodden Rating A): Dass Skorpion, 8 und Pluto im Radix Extreme aufrufen können, die keine Grauzonen ertragen, aber letztlich gerade auch so viele Ambivalenzen erzeugen, die im Leben dann wieder Zwischentöne dringend benötigen würden. Ruhezonen.
Oder aber man hält ihr dann eben manchmal nicht mehr stand, der Existenz. Und wer will diese Vierteilung ertragen, die Falcos Radix anzeigt, neben all den Aspekt-Konflikten. Plutos Weg daraus ist immer ein willentlicher, ein Akt der Umwandlung, gegen die inneren Trends zur Zerstörung, die man beim Skorpionischen oft annehmen muss, weil sie konditioniert wurden. Ein emotionales Konzept des Rise & Fall, der unendlichen seelischen Schmerzen und Transformationen durch eigene Kraft, das man von Kindheit an erlebt, ist ja andererseits auch gefährlich, weil es einen irgendwann verleiten kann, an sich selbst als unsterblichen Phoenix zu glauben. Such den Fehler:
Im Entdeckungs-Horoskop des Pluto zeigt sich diese Selbstverliebtheit, die aus der Spiegelung in den Löwen kommt und drum oft auch im Skorpionischen vorliegt, noch mal dopptel im Löwe-AC, der nach 8 in die Sonne im Exil geht. Hier wird sie schwach und ist ständig lebensbedrohlich in Risiken verfangen, auch durch Neptun gegenüber in 2. Immer ahnt man da bereits die mögliche Auflösung der Existenz, bei allem Skorpionischen. Wenn kein Stier/Venus/2 Muster all das absichert. Bei Falco, der zwar einen Stier-Mars hatte, war der leider nicht nur eingeschlossen, sondern auch stark und maßgeblich eingebunden in ein wirklich hartes, großes, zehrendes Quadrat über den ganzen fixen Zodiak (mit Venus/Merkur/Chiron/Lilith, Uranus und Mond/Neptun).
Keine Lebensversicherung also, unter den Scherben, wo man sein karmisches, leibliches, seelisches, mentales Konto ständig überzieht. Eher ständige Eigenangriffe. Dann fliegen die plutonischen inneren Drachen nur weiter durch Gegenden, wo sie keine Nahrung mehr finden und fressen sich manchmal am Ende selbst auf. Die Lösung für neptunisch-uranische Plutonier oder umgekehrt: Auch gegen den inneren Trend und Widerstand immer wieder seelisch neue Selbstkonzepte bewusst erzeugen, die einen stabilisieren. Falco, dem brennenden, schwebenden, schwimmenden und schaffenden Wunderkind, hat das wohl keiner gesagt. Oder ihn überzeugt, dass plutonische Kraft nicht immer nur in Macht endet. So ist es nicht. Wir sind Menschen. Wir sind endlich.
PS - Mit Pluto haben noch Yoko Ono (1933) und John Travolta Geburtstag, mit Falco Amy Tan (1952), Siri Hustvedt (1955) und Seal (1963).
Horoskope via Astro-Databank, beide Rodden Rating A
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