"Der Schlüssel, der ins Schloss passt!"
Aus der Loop! Serie Sky-Pen heute ein Interview mit dem Münchner Astrologen Rolf Liefeld (TOP-ASTRO) über seinen Weg zur Astrologie, die Arbeit am AstroWiki und eine ganz andere, bereichernde Art des astrologischen Erlebens, die Horoskop-Aufstellung. Während des Skype-Chats wurde so gut wie gar nicht auf die Horoskop-Uhr geschaut – was die Möglichkeit gibt, später sehr schön zu vergleichen, wie sich bei Überläufen der Achsen zu Mundan-Planeten in Echtzeit die Gesprächs-Themen meist ganz natürlich entsprechend der angezeigten Aspekte entwickeln…
[17:03:36] (Wir beginnen bei einem Steinbock-AC mit dem Herrn Skorpion-Saturn in 10 und der Löwe-Venus, die gerade exakt auf Spitze 8 in München sitzt. Sie ist Herrscherin 9 – da wird Vision zum Konzept, und es entsteht eine verbindliche Begegnung, bei der es auch um individuelle Systeme geht - passend zum Interview mit einem Löwen)
Sri: Rolf, lass uns mal da beginnen, wo man normalerweise anfängt - bei den Kinderschuhen. Wann hat dich die Astrologie "erwischt"?
[17:07:21] RL: Das war im Oktober 2000, eine der Kundinnen meiner damaligen Firma für Garten- und Landschaftsbau war Astrologin. Und die bot an, mir kostenlos ein Horoskop zu erstellen. Dies machte mich, typisch Naturwissenschaftler und Praktiker, misstrauisch, denn ich meinte, sie würde mir die Horoskopdeutung aufgrund des Wissens über meine Person erstellen, das sie bis dahin von mir hatte (wir hatten auch schon privat gesprochen). Doch sie schlug vor, ein Computerhoroskop zu erstellen.
Nachdem sie mein Misstrauen überwand, dass sie danach die Deutung noch manipulieren würde und mir zusicherte, es sei wirklich nur eine Computerauswertung, ließ ich mich darauf ein. Und als ich die 35-seitige Deutung eine Woche später erhielt, war ich sehr erstaunt, dass sie doch sehr zutreffend war. Wobei "zutreffend" für mich bedeutete, dass dort sehr viele Informationen drin standen, die meiner Meinung nach auf so und so viele Leute, die ich kenne, *nicht* zutrafen, sondern eben nur auf mich. Diese Deutung basierte auf den Texten von Anita Cortesi.
[17:08:08] Sri: Gute Adresse, gleich für den Anfang. Du bist Löwe, AC Jungfrau, oder?
[17:08:34] RL: Zwillinge-AC. Aber was mit Merkur, stimmt :-)
[17:09:29] Sri: Jedenfalls wirkst du sehr genau - jemand, der extrem viele Details weiß über die Astrologie. Hat dich dieser Beginn provoziert, alles selbst zu überprüfen?
[17:10:19] RL: Die Genauigkeit kommt wohl vom Jungfrau-Merkur, nahe Pluto, beide am abst. MK und im Quadrat zu meinem Aszendenten. Dieser Beginn hat mich neugierig gemacht und dazu animiert zu forschen, was dahinter steckt.
[17:11:14] Sri: Ich hab einen 6. Haus-Merkur und kann viel mit dem anfangen, was ich von dir lese. Wie hast du dann weitergelernt?
[17:13:05] RL: Im Selbststudium. Ich hatte zu der Zeit nicht besonders viel Geld übrig, und Astrologieausbildungen kosten üblicherweise einen höheren vierstelligen Betrag. Bücher waren einfach billiger. Und die ersten Bücher bekam ich von der Astrologin geliehen, das erste war Roschers Mond-Buch, in dem ich meinen Skorpion-Mond sehr gut beschrieben fand, mit allen Tiefen und Schmerzen, die der so mit sich bringen kann. Der Vorteil eines Selbststudiums ist zusätzlich noch, sich nicht von einer bestimmten Methode oder Richtung abhängig zu machen, was ich sehr schätze.
[17:14:06] (im Ruhrgebiet wechselt nun AC auch in den Steinbock – zum Thema werden bedeutende Autoren – AC-Herr Saturn in Konjunktion zu Mars Herr 3, beide im Skorpion, dem Zeichen der „Gütesiegel“) Sri: Das Buch ist auch einer meiner absoluten Favoriten - fast genial, finde ich, in allen Nebenaspekten noch. Wer hat dich sonst beeinflusst von den größeren Autoren?
[17:16:13] RL: Ich habe anfangs viel Querbeet gelesen und habe eine sehr große Sammlung. Damals (um die Jahrtausendwende) ging man ja noch in den Buchladen, und ich habe viele Bücher angelesen, oft in Hinblick auf mein eigenes Horoskop. Was ich passend fand, habe ich genommen, was ich unpassend oder abwertend fand, ließ ich weg. Autoren, die ich damals sehr schätzen lernte, sind Hermann Meyer und Robert Hand.
[17:17:25] Sri: Hast du es so gemacht wie viele von uns, die erst das eigene Horoskop immer wieder zu verstehen versuchen und dann die der Häupter der Lieben, also von Freunden und Bekannten? Und wie schwer fiel dir abzuheben von dem, was du ohnehin von denen wusstest?
[17:19:35] RL: Ja, ziemlich genau so war es. Wie gesagt, der sehr gute Ausgangspunkt für mich war dieses erste Computerhoroskop, und das ließ mich fragen: Warum bin ich so, wie lässt sich das noch tiefer erkennen, was steckt dahinter, warum wird man so, und wie kann man an sich das, was einem nicht gefällt, ändern? Natürlich kamen dann auch meine Eltern und Bekannten dran und wurden mit meinem astrologisch frisch erworbenem Halbwissen "beglückt".
[17:20:07] Sri: Wie hat dein Umfeld damals reagiert? Kam das übliche "Ach, Hokuspokus!" oder war es eher Neugier?
[17:22:46] RL: Skepsis. Wie ja anfangs bei mir auch. Betreffend meine Eltern hatte ich auch den Nachteil, dass ich die Geburtszeit meines Vaters nur ungenau kannte, die meiner Mutter beruhte auf Hörensagen und war völlig falsch, wie sich kürzlich herausstellte. Als ich selbst das Cortesi-Programm zur Verfügung hatte, und daraus eine Horoskopdeutung für meine Mutter mit der damals vermuteten Zeit erstellte, reagierte sie recht erbost, da dort ein Zwillinge-Aszendent gedeutet wurde, und da tauchte das Wort "oberflächlich" auf, womit sich meine Mutter überhaupt nicht identifizieren konnte. Kein Wunder, wie sich vor einem Jahr herausstellte, nach ihrer Nachfrage beim Standesamt, hat sie einen Schütze-Aszendenten.
[17:24:07] (im Ruhrgebiet steht jetzt Venus auf Spitze 8 und in München berührt der Aszendent den Pluto als Herrn 10 – das Thema der Individualität und der Maßstäblichkeit wird mundan aktiviert) - Sri: Das alte Problem der Geburts-Zeiten. Nun hast du ja selbst, wie du sagst, einen Zwillinge-Aszendenten und bist alles andere als oberflächlich, dazu Merkur-Pluto, ein Mensch starker Ansichten. Wann hast du gewagt, dein "Eigenes" in die Astrologie einzubringen?
[17:28:02] (Spitze 2-8 ist gerade nach Fische-Jungfrau gewechselt, „zufällig“ spielt jetzt das Thema Enttäuschung/Wissen eine Rolle…) RL: Ich war mit Deutungen die ersten Jahre ziemlich zurückhaltend, gerade nach dieser ernüchternden Erfahrung, und wollte mehr lernen. Im Freundeskreis machte ich zwar Deutungen, aber nur wenige. Das erste Mal überhaupt Fremde zu beraten, begann ich im Frühjahr 2007 im Astrodienst-Forum, Jupiter stand gerade im Quadrat zu meinem Radix-Merkur. Und ich war erstaunt, dass viele meine Ratschläge und Deutungen doch sehr hilfreich und ansprechend fanden. Doch immerhin lagen da ja auch schon einige Jahre Bücherlesens hinter mir. Eigene Interessen wurden auch über dieses Forum geweckt, denn hier bekam ich auch Kontakt zu anderen Astrologen und deren Interessensgebieten. Hier waren es vor allem die Asteroiden und die Gradastrologie, die mich zu faszinieren begannen und bis heute faszinieren. Denn hier besteht ja die Aussicht, noch mehr aus einem Horoskop herauslesen zu können als mit den üblichen Deutungsfaktoren.
[17:29:11] Sri: Das wollte ich gerade ansprechen - wie viele merkurische Menschen bist du ja sehr "tätig", hast einige Projekte. Deine Seite, die Arbeit in Foren, und unter anderem das "Großprojekt AstroWiki", das auch über den Astrodienst läuft. Wie kamst du dahin?
[17:31:13] (Spitze 3 läuft jetzt in München über den Uranus – es geht um eine Neuerung) RL: Das AstroWiki gab es ja anfangs zu meiner Zeit im Forum noch nicht. Ich fand es immer sehr schade, dass viele meiner Beiträge gerade zu allgemeinen Themen, die ich sehr sorgfältig geschrieben hatte, dann einfach mit der Zeit im Nirwana des Forums verschwanden. Ein Forum ist halt doch mit seinen Beiträgen üblicherweise nicht auf Dauer angelegt, sondern ein temporäres Medium. Deswegen war ich sehr angetan, als das AstroWiki ins Leben gerufen wurde, und habe mich gleich beworben, als Alois Treindl Editoren suchte.
[17:33:13] Sri: Das AstroWiki ist ja inzwischen eine der wichtigsten Online-Quellen (und auch darüber hinaus) für astrologisches Wissen. Wie so vieles, was Alois Treindl kostenlos zur Verfügung stellt. Du hast es mit aufgebaut und nützt damit tatsächlich sehr vielen, nicht nur Laien, sondern viele Kollegen schauen oft hinein (ich zum Beispiel).
Dafür muss man sich immer auf die Quelle verlassen können. Bist du da je verunsichert gewesen, im Sinne von: Schaffe ich das, da wirklich solide genug zu arbeiten?
[17:37:49] RL: Der Beginn des AstroWiki waren ja die zwei auf dem astrologischen Buchmarkt verbreiteten Astrologielexika, für die Astrodienst Lizenzen erwarb, diese bildeten also den Grundstock. Und gleich zu Beginn meiner Arbeit, als ich noch mit sehr viel Respekt an die Editorentätigkeit heranging, stellte sich heraus, dass dort viele Fehler drin waren. Ich wollte das anfangs gar nicht glauben, aber es war wirklich so. Die Lexika waren sicher von den betreffenden Astrologen nach bestem Wissen und Gewissen erstellt worden, aber wahrscheinlich noch in der Offline-Zeit, als es nicht so gute Möglichkeiten gab das, was man schrieb, auch zu überprüfen. Und so begann ich zu korrigieren, entsprechend meines Bücherfundus und anhand von Onlinequellen, immer schön brav mit Quellenbelegen, damit mir niemand am Zeug flicken konnte. Und aus den Korrekturen wurden dann Ergänzungen und Erweiterungen, und mit der Zeit entstanden auch neue Artikel. Anfangs war ich fast der einzige wirklich aktive Editor, dann kamen aber auch Mitstreiter, wenige zwar, die aber ebenso wie ich daran interessiert waren, ein gutes Werk zu schaffen.
[17:39:10] Sri: Vielleicht ist das ja auch der Löwe-Sonne zuzuschreiben, dass man da weniger sein Licht unter den Scheffel stellen muss, bei so viel bescheidenem Merkur. Ich weiß, dass du dich auch im DAV engagierst und das Berufsgelöbnis unterzeichnet hast. Warum ist das für dich wichtig (was ich einfach mal annehme)?
[17:42:51] RL: Der DAV ist wohl derzeit die größte deutschsprachige Astrologenvereinigung, und bevor ich eintrat, hörte ich viel Negatives darüber. Da war die Rede von Zank und Richtungsstreit, Ineffizienz und Kleinkrieg. Dies hielt mich einige Jahre davon ab, dazuzugehen. Doch irgendwann überwog bei mir die Sichtweise, dass der DAV ja auch eine Lobby für Astrologen bietet, und außerdem ging ich dadurch erstmals den Schritt zu sagen: "Ich gehöre dazu". Davor war meine astrologische Tätigkeit ja recht eigenbrötlerisch, auch aufgrund des Selbststudiums hatte ich nur wenig Kontakt zu anderen Astrologen. Diesen Kontakt suchte ich mit meinem Eintritt in den DAV nunmehr bewusst. Die Unterzeichnung des Berufsgelöbnisses geschah einfach aus praktischen Erwägungen heraus: wer auf seiner Website mit dem DAV-Logo werben und in die Expertenliste aufgenommen werden möchte, muss dieses Gelöbnis unterzeichnen.
[17:45:11] (MC steht nun in München auf Saturn, Spitze 2 auf Neptun, Spitze 8 auf Sonne, in Hagen überläuft Spitze 3 Uranus im Widder - das Thema der Organisation und Qualität kommt auf, zusammen mit dem Wunsch nach den „Verbänden“) Sri: Ich halte einen "Berufsverband" in der allgemeinen Unübersichtlichkeit der astrologischen Grauzonen, wie jetzt im Zeitalter der Pop-Esoterik auch für eine sehr, sehr wichtige Verbindung, im Sinn von Qualitäts-Sicherung. Was mich zur Frage bringt, die ich eigentlich immer Kollegen stelle: Würdest du dir eigentlich wünschen, dass Astrologie wieder Wissenschaft wird? Im akademischen Sinne?
[17:51:34] RL: Dieser Streit, ob die Astrologie denn nun eine Wissenschaft sei oder nicht, ist wohl so alt wie die Astrologie selbst, er lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Was sich immer wieder ändert, ist die Haltung der Astrologen selbst dazu. Immer, wenn die Astrologie stark von außen angegriffen wird, wächst wieder der Wunsch, die eigene Seriosität auch dadurch zu belegen, dass man sich wissenschaftlich arbeitend darstellt, und dann strebt man auch sehr stark danach, als Wissenschaft anerkannt zu werden. Dies begann in den 1920er Jahren, und insbesondere in den 1930er Jahren, nach der Machtergreifung der Nazis, was dies überlebenswichtig. Auch nach dem 2. Weltkrieg, als die Ausübung astrologischer Tätigkeit in manchen Bundesländern entsprechend der Wahrsageparagraphen verboten war , war es der Anspruch der Wissenschaftlichkeit und Seriosität, der es den Astrologen ermöglichte, auch gegenüber Behörden das Misstrauen soweit abzubauen, dass sie ihren Beruf unbehelligt ausüben konnten. Da hatte damals auch der frühe DAV regen Anteil daran. Ob es hilfreich wäre, Astrologie auch als Wissenschaft an Universitäten zu haben, dazu habe ich noch keine abschließende Meinung.
Die - im Grunde genommen - ja sehr wünschenswerte Verbreitung der Astrologie seit den 1990er Jahren, als Astrologie auch ins Fernsehen kam und in vielen Medien recht breiten Raum bekam, führte automatisch zu einer Verflachung. Viele Astrologen fühlten sich berufen, ihren Senf dazuzugeben, und einiges, was dort von sich gegeben wurde, halte ich durchaus für verzichtbar. Insofern wäre aktuell eine Neubesinnung auf Qualität statt Quantität sicher anzuraten, zumal das Image der Astrologie in der Öffentlichkeit durch diese Verflachung in den letzten fünf bis zehn Jahren doch gelitten hat.
Fünf Blinde und der Elefant
[17:54:03] (MC läuft in München auf den Skorpion-Mars) Sri: Die Herleitung finde ich sehr wichtig - nun ist es ja so, dass die Eigenbrötelei und Verunsicherung vieler Astrologen nicht nur durch das Außenbild (gemessen an besagten Hokuspokus-Rundherum) noch verschärft wird, sondern eben auch dadurch, dass es kaum gemeinsame Forschungs-Ansätze gibt. Die kann man sich kaum leisten, wo keine Forschungsgelder das absichern. Wie hältst du es selbst mit der Forschung?
[17:58:33] (im Ruhrgebiet aktiviert gleichzeitig AC den Pluto und MC den Saturn + Mars und damit die Häuser 1-10-3, die Rezeption kommt ins Spiel = Thema Systeme und Rechthaben, Entdeckung Plutos, das „Geld der anderen“ = Skorpion, das Neue aus Haus 3 Widder) RL: Forschung kommt bei mir durch Neugier zustande. Hier ist wohl wirklich mein Zwillinge-Aszendent eine treibende Kraft. Es interessiert mich einfach, was dran ist an den Bereichen, die ich untersuche. Beispielsweise gibt es so viele gradastrologische Systeme, das bekannteste sind die Sabischen Symbole. Jedes dieser Systeme deutet jeden Grad des Tierkreises, und jedes anders. Welches hat nun Recht? Entsprechend des Gleichnisses von den fünf Blinden und dem Elefanten jeder ein bisschen? Oder haben manche was erfunden, andere aber wirklich Ergebnisse? Das herauszufinden reizt mich.
Bei den Himmelskörpern des Kuipergürtels ist es für mich mehr der Reiz des Neuen, Unbekannten. Wie damals bei der Entdeckung Plutos gibt es nun die Möglichkeit, tatsächlich etwas herauszufinden, was vorher noch niemand erforscht hat. Ob hierbei Forschungsgelder helfen - ich weiß es nicht. Sie machen, je nachdem, wer die Geldgeber sind, abhängig. Oft ist ja bei bezahlter Forschung ein bestimmtes Ergebnis erwünscht, dem muss man sich bei freier Forschung nicht unterwerfen.
[18:01:28] (Sonne-Neptun laufen im Ruhrgebiet nun über Spitze 8-2 in Jungfrau-Fische, hier kommen die „UFOs“ und die Frage nach Absicherung von Ergebnissen des neuen Wissens vom Mond Spitze 9, der ebenfalls gerade genau wird) Sri: Das ist sicher einer der Vorteile. Ich merke, wie das Dogma aus dem Skorpion-AC (meinem) sich meldet :-) Mich freut es einerseits sehr, dass durchs Web mehr Menschen Zugang zur Astrologie bekommen.
Was andererseits bewirkt, dass immer mehr "Leuchtraketen" undifferenziert von Laien angewendet werden, oder Menschen, die sich halbprofessionell mit Astrologie beschäftigen. Sprich, wer ein Chart nicht stabil deuten kann, fängt plötzlich mit den neuen "UFOs" wie Pholus, Nessus und Konsorten an. Die ich einerseits schätze, aber andererseits selbst erst ausprobiere. Sind die überhaupt "sicher" genug, um sie wirklich schon anzuwenden?
[18:07:41] (Spitze 2 überläuft jetzt den Fische-Chiron in München – es geht um Deutungs-Sicherheit, die u.U. „verletzt“ wird, wenn man zu ungenau arbeitet) RL: Nun, es gibt tatsächlich einige Astrologen, auch manche, die durchaus einen gewissen Ruf haben, die in einer Art und Weise deuten, die an Beliebigkeit grenzt: Wer prinzipiell viele Horoskopfaktoren verwendet, also beispielsweise Asteroiden, und dann noch einen Orbis von 15° nimmt, kann irgendwann aus jedem Horoskop alles rauslesen. Das führt meiner Meinung nach nicht weiter. Wenn ich weitere Himmelskörper berücksichtige als die üblichen, dann bin ich sehr streng mit dem Orbis. Die besten Ergebnisse erziele ich mit Orbes unter 1°, bei 2° setze ich gerade bei solchen Körpern die absolute Grenze. Sicher sind sie "irgendwie" auch noch weiter darüber hinaus wirksam, aber dann verliert es sich doch schon bald in der Beliebigkeit.
Um Sicherheit bei der Deutung zu haben, sollte man schon genügend Datenmaterial gesammelt, also Horoskope analysiert haben. Dann lässt sich jedoch schon eine hilfreiche Aussage machen. Beispielsweise dürfte dort, wo Eris auftaucht, das Thema "Ehrgeiz" eine große Rolle spielen. Wichtig ist, solchen Horoskopfaktoren ein möglichst eindeutiges, eng gefasstes Thema zu geben, um nicht sagen zu müssen: er steht dafür, für jenes aber auch, und auch noch für was ganz anderes. Hier ist Beschränkung meiner Meinung nach die Kunst, die zum Erfolg führt.
[18:09:06] (Skorpion-Mars am MC im Ruhrgebiet, aktives neues Thema) Sri: Du machst auch astrologische Aufstellungen, etwas, von dem ich dann später oft lese, wie begeistert Menschen sind. Wie bist du dazu gekommen?
[18:12:14] RL: Zunächst über eine astrologische Aufstellung, die ich bei einer Fachkollegin miterlebt habe. Die war zwar interessant, hat mich aber noch nicht vollständig überzeugt. Dann habe ich in München bei einem sehr fähigen und bekannten Psychiater, Ero Langlotz, Familienaufstellungen mitgemacht, und hierbei entdeckt, dass es Vorgehensweisen bei der Aufstellung gibt, die zum Erfolg führen, zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit. Hier habe ich mir viel abgeschaut, und wende dies bei meinen Horoskopaufstellungen an. Hierbei bleibe ich übrigens bei der strengen Form, bei der die Stellvertreter im Horoskopkreis aufgestellt bleiben. Nicht wie im Astrodrama, wo der enge Bezugsrahmen des Horoskopkreises verlassen wird.
Mit den Planeten selbst sprechen
[18:13:37] Sri: Was ist für die die zusätzliche Komponente über diese Darstellung? Dass es eine Art sinnlicher Erfahrung gibt, die schneller eingeht? Anders als bei reinen Readings? Welchem astrologischen Faktor würdest du das zuschreiben? Ist das eine eher Merkur und das andere eher Neptun?
[18:20:30] RL: Falls Du selbst schon einmal eine Aufstellung mitgemacht hast: es passiert da ja Erstaunliches. Stellt sich ein Stellvertreter an den Platz eines Planeten in Deinem Horoskop, dann WIRD er in gewissem Maße zu diesem Planeten. Wieso dies funktioniert, und wie, weiß kein Mensch. Da wird von morphogenetischen Feldern, dem All-Wissen und von sonstwas gesprochen, aber warum es wirklich geht, weiß keiner, insofern schon neptunisch, ja. Auch bei Familienaufstellungen weiß man übrigens nicht, wieso sie funktionieren. Aber es funktioniert. Der Vorteil für den Aufstellenden ist hierbei, sich die ganze Sache auch mal in Lebensgröße ansehen zu können, oder auch mal selbst an die Stelle eines bestimmten Horoskopfaktors treten zu können um zu fühlen, was da passiert.
Bei der Aufstellung sind ganz andere Dinge möglich als bei einem Reading. Wolltest Du nicht vielleicht auch schon einmal "von innen heraus" wissen, wie beispielsweise sich ein hartes Quadrat besser leben lässt und befriedigender als bisher? Selbst bei der besten Horoskopdeutung bekommst Du Ratschläge nur von außen. Bei der Horoskopaufstellung hast Du nun die Möglichkeit, mit den Planeten selbst zu sprechen, und sie können auch untereinander interagieren. Spannend! Und hier, in dieser Interaktion, treten die Spannungen, aber auch deren Ursachen ans Licht. Stellvertreter sprechen hier auf einmal von Dingen, die nur der Horoskopeigner wissen kann, und die dieser auch bestätigt. Und die Stellvertreter können - natürlich von mir moderiert - zu einem Lösungsweg finden, mit dem sie sich an ihrer Stelle wirklich wohlfühlen, was zu Beginn der Aufstellung üblicherweise nicht so ist. Und das ist dann eine Lösung, die der Horoskopeigner, also der Aufsteller, dann meist ebenso gut und hilfreich findet: einen neuen Weg einzuschlagen, der ein bisheriges Problem löst. Und das ist dann oft etwas, worauf der Astrologe in der Beratung nicht gekommen wäre.
[18:22:03] Sri: Ein spannendes Experiment, das seit Hellinger in der Psychologie zumindest ja nicht mehr wirklich umstritten ist. Ich habe in der Beratung festgestellt, dass es trotzdem immer noch viele Menschen gibt, die lieber „ein Schicksal“ erklärt bekommen, am besten ein gutes, als mit Hilfe der Astrologie an sich zu arbeiten. Das finde ich schade. Du sagtest zu Beginn unseres Gesprächs, dass du auch die Frage spannend fandest, wie man etwas an sich ändern kann. Wie können sich Menschen mit Unterstützung der Astrologie ändern? Gibt es da Grenzen?
[18:27:26] RL: Die Grenzen dessen, was sich ändern lässt, sind ja durch das Horoskop aufgezeigt. Hier passt der Vergleich von dem Horoskop mit einem Haus, in dem viele Zimmer sind, recht gut: in jedem Zimmer befindet sich bestimmtes Werkzeug, bestimmte Gegenstände oder Personen. Im Rahmen dessen, was in so einem Zimmer ist, lässt sich viel ändern, darüber hinaus wird es schwer bis unmöglich - oder man muss auf die passenden Transite warten, was bei Langsamläufern schon mal ein halbes Leben dauern kann.
Das Schöne an der Astrologie finde ich ja: hier bekommt man im besten Fall den Rat, der genau zu einem passt! Bevor ich die Astrologie kannte, rieten mir gute Freunde mal dies und mal jenes, doch meistens musste ich sagen: Sorry, ist ja gut gemeint, aber auf mich passt das halt nicht.
Als Astrologe hat man nun die besondere Möglichkeit, dem Menschen genau den Rat zu geben, wo der Klient sagen kann: ja, genau das ist es, wonach ich gesucht habe! Das ist der Schlüssel, der ins Schloss passt! Insofern sind die Grenzen, die einem die Astrologie setzt, gerade das Hilfreiche: sie ermöglichen es einem nicht nur - in gewissem Maße - seinen Klienten zu er-kennen, sondern ihm auch genau die Hilfe und den Rat zu geben, den er gerade brauchen kann.
[18:28:28] (AC wechselt in den Wassermann – „zufällig“ die abschließende = trennende Frage nach den „Wünschen“ – eine uranische Domäne) Sri: Zum guten Schluss: Was würdest du der Astrologie wünschen, wenn du zaubern könntest?
Glaskugel und Zauberkasten?
[18:29:58] RL: Hui, gar keine leicht zu beantwortende Frage: dass sie als Fachrichtung anerkannt ist, die allgemein akzeptiert ist. So, wie Psychologie oder Medizin.
[18:30:45] Sri: Also weg von der Beliebigkeit und hin zu klarerer Orientierung, ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen, dass man nicht mit dem Zauberkasten über einer Glaskugel sitzt?
[18:35:32] RL: Ja, und vor allem ohne sich gegenüber Menschen rechtfertigen zu müssen, die sich überhaupt noch nicht mit der Astrologie beschäftigt haben, aber trotzdem ihre feste Meinung vertreten. Sondern sich einfach mal darauf einlassen in der Hoffnung und dem Vertrauen: Der Astrologe weiß schon was er tut, der soll mir jetzt helfen. Der gleiche Anspruch also, mit dem man auch zu einem Arzt oder eben Psychologen geht. Betreffend die Beliebigkeit in der Beratung: hier sind allerdings die Astrologen selbst gefragt, etwas daran zu ändern ;-)
Ebenso sprichst Du natürlich mit der Glaskugel und dem Zauberkasten etwas an, was die Astrologen einerseits fürchten wie der Teufel das Weihwasser, andererseits stellen sie sich in der Öffentlichkeit schon auch gerne mit dem Nimbus des Geheimnisvollen dar, zumindest in der populären Astrologie. Hier machen sich Astrologen leider allzuoft zur Hure des Geldes.
Was man andererseits auch insofern schon wieder verstehen kann, als ja auch ein Astrologe von seiner Profession gerne leben können möchte. Und das ist auf seriöser Basis sehr viel schwerer, als wenn man ein bisschen Hokuspokus macht.
[18:36:42] (um 18.34 h ist nun auch MC in den Schützen gewechselt – was darauf hinweist, dass das „lange Schreiben“, das jetzt gleich angesprochen wird, eben doch mit dem 9. Prinzip mindestens genauso zusammenhängt wie mit dem 6. Jetzt geht es um Quantität…) Sri: Wie wahr! Nun haben wir mit diesem Interview immerhin bewiesen, dass das 6. Prinzip im Zodiak extrem schnell und gründlich sein kann – wenn ein Jungfrau- und ein 6. Haus-Merkur miteinander schreiben. Döbereiner bringt ja auch Jungfrau, nicht nur Zwillinge oder Schütze, mit dem langen Schreiben in Verbindung. Wir haben in anderthalb Stunden 8 Dokument-Seiten lang „geredet“, sehe ich grade. Und zwar aus dem Stegreif und immer sehr nah am Punkt. Vielen Dank, Rolf, für diesen flotten und zielgenauen Einblick in deine astrologische Welt! Astrologie funktioniert eben doch. Das ist Merkur in Progress!
[18:38:43] RL: Gründlich ist es immer, das 6. Prinzip :) Möglich, dass auch dieses Prinzip das lange Schreiben fördert. Aber durchaus auch der Merkur selbst, wenn er in starkem Aspekt zu einem Planeten steht. Da habe ich schon einiges gesehen! Freut mich, wenn's Dir auch gefällt. Und: logisch funktioniert Astrologie. Auch, wenn sich's wissenschaftlich schwerer beweisen lässt als individuell erleben. Vielleicht ist es ja aktuell auch die mundan exakte Sonne-Neptun-Opposition, die ein bisschen ausufern und lange Texte entstehen lässt - Neptun "entgrenzt" ja immerhin.
[18:40:40] Sri: Du sprichst die Wahrheiten gelassen aus. Noch mal: Vielen Dank und weiter so im Astro-Wiki und auf den persönlichen astrologischen Pfaden! Möge es uns allen nützen!
Bilder (bearbeitet): Jan van Kessel d. Ä. [Public domain] + Brussels Manufactory (Workshop of Jan Leyniers) 1660 (Belgian) (Details of artist on Google Art Project) [Public domain] + Sandro Boticelli, all via Wikimedia Commons, via Wikimedia Commons
Mehr von Rolf Liefeld auf seiner Webseite TOP-ASTRO, beim AstroWiki oder im Forum vom Astrodienst.