Der Junge, der sein toter Onkel war
Wenn das Leben vor dem Leben die Welt bestimmt - zwischen den Jahren passt auch der etwas andere Blick auf astrologische Zusammenhänge von Gegenwart und Vergangenheit. Deshalb noch mal das Beste aus der Serie "Astrologie und Reinkarnation":
Den einen stehen schon die Haare zu Berge, sobald auch nur ansatzweise das Stichwort "Wiedergeburt" fällt, die anderen leben sie einfach. Als Samuel Helander, Widder-Sonne mit Skorpion-Mond, erst anderthalb Jahre alt ist und kaum das "R" richtig aussprechen kann, sagte er auf die Frage nach seinem Namen im Brustton der Überzeugung: "Peltti!" Seine Oma ruft er "Mama!" und irgendwann, im Jahr danach, sieht er ein Foto seines Onkels Pertti mit Gipsverband und meint: "Das war, als meine Beine so krank waren!"
Der kleine Junge, der 1975 in Helsinki gezeugt wird, nur Wochen, nachdem der jüngste Bruder seiner Mutter mit erst 18 Jahren starb, lässt sich aber schlicht nicht davon abbringen, dass er gar nicht ist, wer er ist. Er hält sich für jemand anderen - Pertti Häikiö, seinen Onkel. Die Familie fällt plötzlich in ein Loch in der Zeit, aus dem die Vergangenheit der Gegenwart winkt. Vergleicht man die Horoskope des toten Onkels und quicklebendigen Neffen, ist man zumindest versucht, eine Minute zusätzlich auf die Idee zu verwenden, dass Reinkarnation doch mehr sein könnte als Humbug. Auch wenn sie in modernen Zeiten entweder als fantastisches, östlich-religiöses Denk-Prinzip abgetan oder wahlweise zur Image-Rettung zuvor bedeutungsloser, wiedergeborener westlicher Kleopatras, Einsteins und anderer wichtiger Köpfe hochgespielt wird. Die Sucht nach besonderem Vorleben bringt die Kassen esologischer "Reinkarnations-Therapeuten" immer zum Klingeln.
Pertti Häikiö und Samuel Helander sind anders. Legt man ihre Radix-Bilder übereinander, fällt sofort auf, dass hier entweder der ganz große Zufall am Werk ist - oder möglicherweise das, was ihnen passierte, nicht so falsch, wie Wissenschaftler glauben. Die finnische Familie gehört zu den vielen hundert Fällen von Kindern mit spontaner Erinnerung an ein letztes Leben, die der kanadische Psychiater und Reinkarnations-Forscher Ian Stevenson aufspürte (natürlich ein Skorpion, mit Schütze-Mars am Galaktischen Zentrum). Meist meldet sich das Bewusstsein für diese andere Identität bereits in den ersten zwei Lebensjahren. Völlig ohne jede Hypnose. Die astrologischen Merkmale und Übereinstimmungen der sorgfältig katalogisierten Geschichten sind dabei alles andere als beliebig. Mit jedem Vergleich mehr weht etwas hindurch, was kaum greifbar und umso faszinierender bleibt. Sein, das sich fortsetzt, im selben Wahrnehmungs-Kontinuum, jedoch anderem Körper.
Pertti Häikiö und Samuel Helander, sind vielleicht zwei Personen, aber aber aus der Sicht des Jüngeren ein einziges "Wesen". In der Synastrie haben sie einen doppelten Klassiker astrologischer Anhaltspunkte für Verschmelzung, Entgrenzung des Selbst und gegenseitige Durchdringung zu bieten: Eine zweifache Sonne-Neptun-Verbindung, die jeweils Oppositionen bildet. Ein Symbol dafür, dass sich ein Selbst im Numinosen, Ewigen, Vorzeitlichen auflöst. Die Horoskope sind - ohne Geburtszeit - rechts zu sehen, innen der Onkel, außen der kleine Neffe. Allein dieser Double-Whammy von Sonne-Neptun gibt einem astrologisch zu denken, da er kein Standard ist und immer deutlich auf energetisch starke Verbindungen hinweist.
Dazu fällt eine ganz außergewöhnliche Merkur-Ähnlichkeit auf. Trotz eines zufälligen Geburts-Abstandes von 19 Jahren findet sich bei beiden im Einzel-Radix eine Konjunktion dieses Geistes-Planeten, der unter anderem die Stärke des Bewusstseins symbolisiert, mit dem absteigenden Mondknoten, der astrologisch für karmische Auffälligkeiten steht. Beide Male sehen wir hier Merkur (benachbart) im Stier - beide jeweils noch dazu verbunden mit Jupiter, einmal im selben Zeichen, zum anderen im Trigon. Diese Konstellation ist in der Feinabstimmung so speziell, dass sie nicht wirklich häufig vorkommt.
In beiden Geburtsbildern prägt der Mars außerdem den Krebs (in gegenseitiger 5°-Konjunktion), das Zeichen der nicht nur emotional gemeinsamen Herkunft und Familie. Onkel und Neffe haben in den Horoskopen jeweils eine starke, schwierige Sonne-Saturn-Verbindung: Der Ältere die Opposition, der Jüngere das Quadrat, die sich mit den Neptun-Ständen synastrisch verbinden: Berührung über das Jetzt hinaus durch die Auflösung (Neptun) der rein physisch-strukturellen Dauer (Saturn) des Selbst (Sonne). Oder anders: Auslöschung von Zeit, zeitloser Übergang. Bei beiden ist dazu möglicherweise ein Uranus-Mond gegeben, abhängig von der Geburtszeit.
Das Combin von Pertti und Samuel weist überdies eine wirklich extrem enge, spezielle (Liebes-) Konjunktion von Sonne-Venus mit Drachenschwanz (samt etwas weiter abstehendem, anhängenden Neptun in 5° Orbis) im Skorpion auf. Nimm man die Mittags-Achsen dazu, steht dieser Cluster außerdem noch fast exakt am Skorpion-IC des Combin. Damit sind die üblichen Verdächtigen der seelischen und psychischen Überlagerung, Verbindung und Verbindlichkeit alle mit im Boot - ein sehr feiner, dominanter Strom genetischer und gleichzeitig völlig unstofflicher Berührung.
Dazu kommt ein zweiter Cluster von Mond, Mars, Uranus und Pluto im funktionalen Wahrnehmungs-Bereich von Jungfrau, gegenüber Saturn mit Chiron und Lilith in den Fischen. Löwe-Jupiter als zweiter Faktor des "Auf-Träumens" befindet sich - bei zugrundegelegten Mittags-Achsen - genau auf Spitze des 12. Feldes, als Erweiterung des Unbewussten und macht ein Trigon zum (ausgerechnet) rückläufigen Schütze-Merkur, der die Rückwärts-Gewandtheit der gegenseitigen Wahrnehmung zusätzlich anschiebt.
Wie zeigte sich bei dem kleinen Neffen nun im Alltag seine unüblich enge Verbindung oder das neptunische Eingeschwungen-Sein in die Welten des toten Onkels? Samuel hat beispielsweise Todesangst vorm Baden und Duschen. Pertti war als Kind einmal fast in der Badewanne ertrunken und brach später in einer Werft erneut auf dünnem Eis ein. Beide Situationen waren lebensgefährlich. Samuel findet irgendwann Perttis geliebte Cordjacke, dessen alte, kaputte Uhr und Gitarre bei seiner Oma Anneli, die er immer noch Mutter nennt, und bezeichnet alles sofort als "seins".
Dauernd zeigt er auf Bilder des Onkels und sagt: "Das bin ich!", erkennt ihm völlig unbekannte Verwandte aus Perttis Zeit und beharrt darauf, dass er einmal von einem bösen Hund schwer gebissen worden sei, was ihm allerdings nicht in diesem Leben passierte, sondern dem Onkel im Alter von fünf Jahren. Seinem Vater erzählt der Junge irgendwann, als sie an einem Haus vorbeigehen, wie er da einmal bei einer Party war, wo ein Feuer ausbrach. Was stimmt, nur dass er damals noch Pertti hieß. Es gibt viele solcher verstörender Vorkommnisse, Erlebnisse und Erinnerungen, die den kleinen Jungen offenbar nicht im Geringsten verunsichern.
Dank Dr. Ian Stevensons akribischen Untersuchungen (und der Fortsetzung seiner Arbeit über Reinkarnation durch Professor Jim Tucker), liegen inzwischen einige Geburtsdaten (oft aber ohne Zeit) "fortgesetzter" Identitäten vor. Geforscht hat er über Kinder, die sich ganz von selbst und oft zum Entsetzen der völlig unesoterischen Eltern sehr früh detailliert an ihre Vorleben erinnerten und darauf bestanden, andere zu sein. Ihre Horoskope ähneln sich astrologisch in vielen Grundzügen. Überraschender Weise jedoch nicht unbedingt so, wie man es erwarten würde.
Einige Marker der besonderen Erinnerung
In Stevensons und Tuckers Fällen fallen bestimmte Lagerungen sofort auf, wenn man sie astrologisch "nach-untersucht". Hier eine erste Übersicht:
- ungewöhnlich oft findet sich bei den sehr früh erinnernden Kindern eine Zwillinge- (seltener Schütze-) Betonung über Mond (zuweilen auch Sonne oder Merkur), öfter auch in Bezug zu Haus 6 (wenn Geburtszeiten vorliegen) - das Emotionale, die Empfindung, Erinnerung an Herkunft ist dominant mit der Wahrnehmung/Bewusstheit (auch sinnlich) eng verknüpft,
- Merkur-Mond-Verbindungen sind ebenfalls per Aspekt signifikant - Herkunft/Vergangenheit trifft Bewusstsein,
- Merkur als Geistesprinzip zeigt sich darüber hinaus vielfach sehr ausgeprägt, entweder über einen Stand in einem der "eigenen" Häuser oder Zeichen oder in starker Verbindung zu Jupiter, Saturn oder Neptun - das Bewusstsein oder die Wahrnehmung an sich setzt sich dann entweder gegenüber anderen Ebenen des Radix durch oder wird fein und durchlässig und überwindet dann dem Anschein nach sogar die irdische Zeit,
- Das 4. Zodiak-Prinzip (Herkunft und Empfindung) ist an sich ebenfalls per Haus oder Zeichen vielfach persönlich betont,
- Neptun und/oder die Knoten-Achse in signifikanter Verbindung zu persönlichen Planeten, oft Wasser- oder Erdfaktoren - das Numinose, das sich in die Realität oder über das seelische Selbst-Empfinden schiebt,
- in der Synastrie zwischen Vorgänger und Nachfolger sind ungewöhnlich häufig ähnliche Zeichen-Lagerungen und spezifische, besondere Wiederholungs-Konstellationen prominent. Das führt insgesamt zu einem deutlich erkennbaren, sich ähnelnden astrologischen Muster, wie man es von der Beziehungs-Astrologie sonst so nicht kennt. Bei intensiven Bindungen dominiert sonst oft eher das polare Prinzip die Vergleichbarkeit. All das wird bei "Wiedergängern" selbst ohne Häuser-System ersichtlich. Außerdem kommen immer wieder Neptun-Zwischen-Aspekte zu persönlichen Planeten vor. Seltener als erwartet fallen enge synastrische Mondknoten-Verbindungen auf, die man astrologisch sonst gern den "karmischen" Kontakten zuordnet - es gibt sie, aber die kleinen Orben sind offenbar kein spezielles Merkmal.
Als Samuel Helander nicht mal drei Jahre alt war, begann er zu Weihnachten plötzlich, reihum durch den Raum zu gehen, nacheinander jeden in der Familie sehr ernst in den Arm zu nehmen und auf die Wange zu küssen. Was für ein Schock für die Familie: Genau das war Perttis Christkind-Ritual gewesen, von dem sein Neffe nicht wissen konnte. Wenn man mit ihm spazieren ging, lief er - wie sein Onkel - oft mit den Händen auf dem Rücken, eine spezielle Angewohnheit, die in der Familie sonst niemand hatte - außer dem früh verstorbenen Sohn und Bruder.
Ian Stevenson hat mehr als tausend Fälle untersucht, bei denen sich - wie bei Pertti und Samuel - Vergangenheit mit Zukunft zu verknüpfen scheint. Als Skorpion-Sonne mit Skorpion-Merkur und Sonne-Pluto-Trigon (31. Oktober 1918, Montreal) hatte der Forscher zwar ein starkes Anfangs-Konzept, war aber als Wissenschaftler auch übergenau, um nicht in die Gefahr zu geraten, andere mögliche Erklärungen für die "Erinnerungen" seiner Analysanden außer Acht zu lassen. Besonderen Wert legte Stevenson auch auf die mögliche "Vererbung" äußerer Merkmale (wie Muttermale der Nachfolger an Verletzungsstellen der "Vorgänger"). Ganz ähnlich, wie sie von der indischen Astrologie immer noch propagiert wird. Er lieferte selbst keine Erklärungen für die Ursachen der vermuteten Reinkarnation, die er als Naturphänomen ansah. Aufklärung war für den Reinkarnations-Forscher die Sache anderer Wissenschaftler, die ihn aber - trotz seiner hyper-exakten Arbeit nur bedingt ernst nahmen.
Als deutliches Anzeichen für "echte" Wiedergeburt (die Stevenson nicht in religiösem Kontext sah) deutete er einen immer wieder gleich vorkommenden Verlauf: Die Erinnerungen fluten sehr früh ungefragt und spontan. Auf Nachfragen werden Details genannt. Spätestens mit der Pubertät jedoch, oft schon ab 8 oder 9 Jahren, scheinen sich diese inneren Bilder der Kinder mehr und mehr zu verflüchtigen. Das entspricht auch der Sicht der Astrologie, bei der es den Ansatz gibt, die ersten sieben Jahre rückwärts im eigenen Radix durch das 12. Haus mit seinen persönlichen Anbindungen an die Vorzeit zu laufen. Erst mit der Wanderung durch die 11. Phase springt ein Kind langsam aus dem Kokon der seelischen Vergangenheit uranisch in irdische Prozesse über. Vom Himmel buchstäblich zur Erde.
Mit dem Betreten des 10. Hauses um die 14 Jahre (also mitten in der hormonellen Wandlung), ist Mensch schließlich in seiner heutigen Wirklichkeit (und damit der weiteren saturnisch-realen Bestimmung) erstmals wirklich angekommen. Wie Samuel Helander, der vermutlich inzwischen seine Erlebnisse als Onkel Pertti vergessen hat. Was sich auch darin zeigt, dass er weder in den Medien, noch der aktuellen Forschung auftaucht. Das Universum ist und bleibt voller Geheimnisse - die nicht nur im letztlich schwer beweisbaren, mental-psychischen Bereich solcher Identitäts-Überlagerungen aufscheinen. Loop! wird immer wieder in lockerer Folge über ähnlich spannende Fälle von "Reinkarnation" (die sich auf mehr stützen, als allein das subjektive Gefühl der Erinnerung) und die astrologischen Hintergründe und Marker berichten.
Bilder: Wikimedia Commons (bearbeitet)