Vom Begreifen des Unsagbaren
Ich würde jetzt eigentlich auch gern etwas über das Prinzip "Dream Big" erzählen, einen lupenreinen Jupiter-Neptun, den man in Schütze- oder Fischezeiten gern als Vision oder Traum beschwört. Dieses spirituelle Leuchten also, das dem Neptunischen und (auf einer anderen Ebene) auch den Halbgötterwelten von Jupiter nachgesagt wird. Sonne steht ja in den Fischen, da passt der Traum vom mentalen Fliegen immer und wird astrologisch auch darum so begeistert genommen. Das Fische-Konzept symbolisiert Spürbares, aber Unbeweisbares, was die Sache noch praktischer macht. Das Umkreisen von allem Unsichtbaren lässt sich da schön allgemein empfehlen:
Mach Kunst, Musik, gib dich deinen spirituellen Hobbys hin - irgendwie ist es tröstlich, in diesen Zeiten sein Folgerezept für Nichtstun und großes Fühlen immer wieder neu zu bekommen. Aber heute ist eben Jungfrau-Vollmond (um 13.30 h), der dieser Sonne in den Fischen gegenüber steht und sie in Schach hält. Und da seit einer Weile eben nicht nur Saturn als Erdplanet im 12. Zeichen steht, sondern sogar Jupiter im Stier mehr Bodenhaftung fordert, benötigt diese Phase ein sicheres "Grounding". Wurzeln für alle Ahnungen und Verwirrungen feinstofflicher Welten, denen Neptun im Domizil seit Jahren alle Türen weit öffnet. Darum möchte ich lieber etwas realistischer über den Ausgleich schreiben, den dieses große, nebelhafte Schimmern der 12. Phase immer braucht, damit man sich nicht in den persönlichen Wünschen nach Erlösung verliert, um dann irgendwann umso enttäuschter wieder aufzuwachen - oder eben süchtig den Spiri-Trip zu leben.
Die Achsen sind ja nie ohne einander zu verstehen und umzusetzen - und wenn man eine zu sehr bevorzugt (hier die Fische-Themen mit ihren vielen verführerischen Versprechen), taucht die andere im Leben oft genauso deutlich (oder deutlicher) anderswo wieder auf. Die Welt der harten Kanten kracht dann in all die Sehnsucht nach Weichheit, Durchlässigkeit und Entgrenzung, die vom Fische-Prinzip mit seiner spirituellen Besetzung immer abgemildert werden will. Was ja auch oft passiert. Wenn ich keinen Cent mehr habe, habe ich immer noch das "Wissen", dass ich die Million manifestieren kann. Mach mal, sagt Neptun. Oder Jupiter. Das ist allerdings oft trügerisch. Ein sicheres Kennzeichen von Wahrheit oder Lüge gibt es in diesem Universum des "Alles ist wahr!" einfach nicht. Es drohen immer die berüchtigten neptunischen Illusionen. Ihre Risiken werden in den Licht- und Liebe-Zirkeln oft einfach weggelassen. Würde man sie immer wieder aufrufen, fühlte sich der ganze Traum vom mentalen Fliegen ja vielleicht gar nicht mehr so gut und heilsam an. Und das will offenbar keiner.
Damit würde das ganze Geschäft, das aus der Sucht nach privater (Mond) Kontrolle (Pluto) der verborgenen Zusammenhänge (Neptun) über und um uns entsteht, ja in sich zusammenfallen. Das Dreieck der Wasserzeichen bringt viel Stoff für Fantasien über die Allmacht des Fühlens gegenüber dem, was ich täglich erlebe. Dass viel passiert, was vielleicht nur zu ertragen ist, wenn ich es mit einem Sinn und Zweck aufhübsche und es "die spirituelle Schule des Lebens nenne", in der mein Empfinden über allem steht. "Ich spüre, also ist es wahr". Stimmt einerseits. Und andererseits fühlen viele andere vieles eben doch anders. Ist meins also wahrer? Oder: Gibt es dann wirklich gar keine Wahrheit? Und keine Realität? Das ist die Frage des "sauberen" Fische-Prinzips, das zwischen Illusion und Wahrhaftigkeit unterscheidet oder überall die Illusion IN der Wahrhaftigkeit sieht. Insofern wird der Widerspruch zwischen Realität und Traum von diesem Vollmond an bis zum nächsten Neumond wieder Thema. Beide Lichter beleuchten jetzt beide Pole der Jungfrau-Fische-Achse und gehen in Spannung. Auch das, anders als bei Neumonden, die synthetisieren, ein wichtiger Punkt. Zum einen leuchtet jetzt ein Zusammenhang auf: Wasser und Erde brauchen einander überall und immer, um überhaupt konstruktiv wirken zu können. Leere will Form, "spirituelle" Inhalte einen irdischen Anker und der Abflug in die endlosen Weiten des Ungreifbaren benötigt starke Wurzeln, damit kosmische Grenzenlosigkeit nicht den kleinen, zellulären Körper crasht.
Neptuns Wunder sind aber vermutlich so viel beliebter im Raunen über die Bedeutung des Vollmonds als Jungfraus praktisches Erkennen der Gefahren darin. Weil die Bilder einer möglichen Erleuchtung so sehr über die Härten des Lebens hinwegtrösten. Wie jede andere Droge auch. Trost ist ja der Job des Fische-Prinzips, das scheinbar erlösend bis erleuchtend auf die Wirklichkeit von Jungfraus Mühen der Ebenen wirkt. Was sich aber mit der Zeit in eine ewige Suche bis Sucht nach Transzendenz verwandeln kann, die später genauso schwer wieder loszuwerden ist wie jede andere Sucht dieser Welt auch. Es hat einen Grund, wieso jedes Wasser-Zeichen im Zodiak als notwendiges Extrem auf der Achse ein Erd-Zeichen hat, das integriert werden muss. Bevor man auch nur den Schimmer einer Ahnung bekommt, was Spiritualität wirklich heißt.
Der Vollmond in Jungfrau-Fische heute fordert dazu heraus, sehr feine innere Wahnehmungen des Nicht-Greifbaren von äußeren Notwendigkeiten zu unterscheiden. Aber auch dazu, dann eine Synthese zwischen beiden zu schaffen. Aber das ist ziemlich schwierig. In den Fischen verschwimmen ja gerade die Grenzen, die in der Jungfrau als zweitem Merkur-Zeichen (im Zodiak ebenfalls noch unter dem Horizont) für die pragmatische Umsetzung von Gedanken (aus den Zwillingen) gebraucht werden. Wenn etwas gefährlich ist, sieh das Risiko, sagt Jungfrau. Ach was, meint eine Stimme aus dem Fische-Nebel, Gefahr? Auch der Tod ist doch nur ein Übergang in etwas anderes, vielleicht viel Schöneres, wo du alles kannst, darfst und sein wirst, was dir die Erde nicht bietet.
Kann sein. Aber vielleicht auch nicht. Wir müssen einfach wissen, ob wir uns schon im Absoluten befinden oder noch den Mechanismen des Relativen unterliegen. Denn sonst endet auch die schönste Vision - zumindest vom Standpunkt des Irdischen aus - letal. Das heißt, es geht erst mal das Licht aus, und ob es da oben dann wieder angeht, kann man nur vermuten. Bei diesem Vollmond steht Mond, Herr 1, in Haus 3, dem Feld der geistigen Funktionen, während er in Jungfrau das praktische Funktionieren selbst beschreibt. Damit können Risiken und Chancen dieses bittersüßen Gefühls, dass es irgendwo mehr gibt als das gemütliche Elend des Realen gegeneinander ausbalanciert werden. Sodass Realität bestenfalls seidiger läuft. Das braucht aber eine Menge Arbeit. Von daher ist der Mondstand natürlich viel pragmatischer als das Fische-Team, das zum MC will, in eine nebulöse Erlösung hinein, die allerdings jetzt Saturn deckelt (oder: den Riegel der Pragmatik vorschiebt).
Mit Sonne und Merkur unterlaufen einem besonders aus Feld 9 ab der Vollmondphase Übertreibungen - der Hang, seine Visionen einfach mal eben der Wirklichkeit überzustülpen und das Ziel der strukturierten Entregelung (Saturn am Fische-MC) aus den Augen zu verlieren. Saturn beschreibt ja hier gerade das Akzeptieren der Regellosigkeit als große Regel. Ein Hindernis für die üblichen, rein jupiterhaften Feldzüge und Missionen einer populär spirituellen Weltsicht. Auch, wenn ich fest glaube, dass ich alles manifestieren kann, ist das bereits wieder eine verregelnde Struktur, die Falsch und Richtig des spirituellen Zugangs festlegen möchte. Das Sextil zum Jupiter in Erde belegt andererseits, dass man durch realitätsbezogene Wahrnehmung sehr viel weiter kommen kann, auch im spirituellen Kontext, als durch einfaches Vermuten. Betont wird immer wieder das Be-Greifen des Namenlosen. Mitgefühl ist kein Egotrip, sondern muss umgesetzt werden. Meine spirituelle Selbst-Ermächtigung bleibt Ermächtigung, auch wenn ich noch so sehr denke, dass sie allen nützt. Seinem interessantesten Gefühl zu folgen, auserwählt zu sein, wird leicht zum fadenscheinigen, narzisstischen Spiel. All das passiert zu leicht, wenn man dem 9. Haus-Impuls folgt, nur die positiven Größen als spirituell zu akzeptieren. Nein, denn nichts macht am Ende zwischen Werden und Vergehen den Menschen kleiner als der Tod, dem kein Bewusstsein der persönlichen Allmacht durch Manifestation, Meditation oder Manipulation von Wirklichkeit den Stachel nimmt.
Hier, im Vollmondradix zeigt sich (auch mit Venus, Mars und Pluto in 8) sehr gut, wo faktisch noch etwas fehlt im geistig-seelischen Konstrukt von Wirklichkeit rein aus dem Empfinden heraus. Denn überall da, wo Pluto sitzt, gibt es immer ein Defizit - weshalb er dann erst den inneren Druck zur berühmten "Transformation" erzeugt. Im allgemeinen Bewusstsein geschieht das wohl noch nicht radikal (Wassermann (genug). Dazu würde die Erkenntnis gehören, dass Entwicklung nicht immer nur zum Guten passiert oder als gut erlebt werden kann. Denn es ist leider absolut nicht so, dass sich Wirklichkeit nach den tollen Wörtern aus einem hilfs-esoterischen Konstrukt richtet. Transluzides (Mond), Transformation (Pluto) oder Transzendenz (Neptun) fühlen sich unglücklicherweise selten rein positiv an, wie man es sich so gern einredet, wenn aus solchen Begriffen erst Schlagworte geworden sind. Die Wasser-Themen zeigen sich nicht pur konstruktiv im Erleben, sondern bleiben oft unbequemer als die Reklame für "ihre" spirituellen Inhalte. Wie eine große, offene Schubladen für noch größere, jupiterhafte Versprechen aus der persönlichen Sinnsuche, der man dann einfach eine nicht weiter belegbare Lösung aus dem Fische-Bereich aufpropft. Sei spirituell.
Alles ist wirr und chaotisch drumherum? Natürlich - wir sind im Shift. Ich weiß genau, dass ich alle Geheimnisse des Lebens schon durchdrungen habe? Klar, mir wurde eben die Realität der "geistigen Welt" offenbart. Du zickst mich an? Sicher - du bist noch unerlöst. Im Gegensatz zu mir. So findet im Schützen, 9. Feld oder mit prominentem Jupiter (ein Besserwisser-Level) normalerweise jedes Loch in der Erklärbarkeit seinen Deckel, den man schnell aus Neptuns unbeweisbaren Welten fischt. Eine neue Realität, die man einfach mal glauben muss (Schütze) - oder darf, wie man ja jetzt immer sagt. Jupiter behrrschte aus astrologischer Sicht früher die Fische. Was einen noch hellhöriger machen sollte für die Irrwege, die solche einfachen pop-spirituellen Einsichten oft mit sich bringen.
Denn auch die großen Drei des subjektiven Fühlens (auch der Wahrheit, was sich dann später oft als reines Denken entpuppt) bringen gern Widersprüche mit sich und sind oft gar nicht so nett wie gedacht: Transzendenz kann das Gefühl beinhalten, unter der Größe des unerforschten Raumes über dem sichtbaren blauen Himmel völlig verloren zu gehen (wenn man genau dieses Gefühl nicht schnell kontrolliert = Pluto). Dessen Transformationen sind aber gern mit schlimmen seelischen Schmerzen verbunden, wenn man seine negativen (weil schmerzhaften) Empfindungen nicht ändern kann oder am liebsten loswürde (Mond). Und das wiederum schafft man meist dann am schnellsten, wenn man in irgendwelchen traumhaften Sphären (Neptun) lebt, in denen all das Sinn macht. Aber nur, wenn man dazu den immer weisen Jupiter (aus seiner Sicht) einsetzt und aus der persönlichen Kleinheit vor dem Kosmos eine Geschichte der Kolonialisierung des Ungreifbaren wird. Nicht umsonst steht Schütze im Quadrat zu den Fischen. Seine Suche nach dem Optimum, auch esoterisch, wird für die Wahrhaftigkeit der Größe des Absoluten (weil es so unbegreifbar ist) daher auch oft zur Gefahr. Denn eine viel größere, weil letztlich nicht in Sprachregelungen verpackbare Wahrheit geht dann vielleicht in Jupiters Visionen der eigenen Göttlichkeit verloren. Interessant, dass im Schütze-Prinzip auch die vielen Coachings thematisch sitzen, über die jetzt so gern gelernt wird, dass und was man alles kann. Wenn man nur will. Daraus entstehen Größenkomplexe einzelner, denen schwer beizukommen ist. Ebensowenig wie der Frustration, wenn ich dann "falsch manifestiere", weil sich das Ergebnis nicht perfekt zeigt.
Das ist nichts als ein Deal, um die Angst vor der Bedeutungslosigkeit in den Griff zu bekommen. Insofern zeigt der Handel oder das Business dieser anderen Welten, die wir von hier unten aus konstruieren, auch eher ein Problem der Achse Zwillinge/Schütze. Sie versucht, den Wunsch nach Erlösung mit Begriffen zu besetzen. Das ändert - wie gesagt - nichts daran: Die endlose Leere (Neptun) des Kosmischen benötigt weiter eine stabile Form (Saturn), um überhaupt ausgehalten zu werden, damit Mensch geistig nicht völlig engrenzt auseinander fällt und abdriftet in den selbst gestrickten Traum von spiritueller Macht und Wichtigkeit. Denn Löwe (Symbol für das Selbst, das schlechtestenfalls zum Ego wird) ist ja im Zodiak das 6. Zeichen ab Fische. Oder anders: Löwe zeigt, wie Fische weltlich gern gelebt werden, wenn man auf Autopilot fährt. Egoistisch. Einer der verlockendsten, individuellen neptunischen Anpassungs-Mechanismen (6. Prinzip) an eine Welt, die einem immer unüberschaubarer vorkommt, wenn man sie sich auch noch nach oben öffnet. In die endlosen Weiten des Universums und seiner Geheimnisse hinein, die ich mir untertan mache, indem ich mich selbst als Zentrum setze: Ich kann das Namenlose bezwingen.
Oft heißt es dann locker: Hey, ich manifestiere als Schöpferin meine Wirklichkeit. Was in Wahrheit bloß spiritueller Materialismus ist. Ich will etwas haben, besitzen, erhalten. Ein venusisch-plutonisches Konzept zwanghafter Unterwerfung und Kontrolle dessen, was kein Mensch auf dieser Welt kontrollieren kann. Darum liegen zwischen Schöpfung und Erschöpfendem in den Fischen nur Millimeter. Auf keiner anderen Achse als Jungfrau-Fische scheinen die Chancen so groß, das Unbekannte, Namenlose bis Unsägliche nur aus seinem Gefühl oder Ahnungen heraus zu "verstehen". Und keine andere Achse lädt deshalb gleichzeitig zu so vielen Irrtümern und Illusionen ein.
Die dann in Schütze-Zwillinge benannt und damit übertrieben impulshaft geistig festgeklopft werden. Von Menschen. Bitte nie vergessen. Auch wenn wir uns dabei göttlich fühlen mögen oder wenigstens, mit viel jupiterhaften Besetzungen, dem Göttlichen sehr, sehr nah. An all dem ist kein Fehler, weil es so ist, und das was ist, ist nie falsch. Vielleicht unethisch, aber man kann diese Fallen nicht vermeiden. Keiner von uns.
Nur plädiere ich darum zu diesem Vollmond auch für ein bisschen mehr Bescheidenheit (der Jungfrau) gegenüber dem, was man nicht sagen kann. Das Unbewusste (Fische) lässt sich nicht einfach per Knopfdruck in den Alltag heben und in nette Tricks übersetzen, mit dem Leben besser umzugehen. Es in Worte oder Ideen zu fassen mag schön und feierlich sein und im Kern auch erhabene Wahrheiten enthalten. Ob und wie sie letztlich dann stimmen (und vor allem auch, wo nicht), wird sich erst dann zeigen, wenn wir entkörperlicht hoffentlich in genau den Welten weilen, die wir jetzt nur da oben oder unten jenseits der Zeiten vermuten können. Dass wir dann noch ein Bewusstsein haben, erscheint mir astrologisch ziemlich unlogisch, weil Fische ja gerade das Unbewusste dominieren. Solange uns unser Gehirn mit seinen unendlichen Möglichkeiten noch vorspielt, diese Pozenziale des Absoluten seien auch hier, im Relativen, bereits absolut wahr, ist Vorsicht angesagt. Auch ein großes Talent der Jungfrau. Das können wir jetzt nutzen.
Wer darüber hinaus noch dichten, singen, tanzen, ahnen, mitfühlen, spüren und "wissen" möchte, kann das natürlich tun. Das fällt dann unter Kür und das Fische-Team des Vollmonds bietet künstlerischen Ausdruck der Ahnungen an. Aber zu erwarten, dass jetzt Träume wahr werden, ohne viel Mitarbeit der viel zu irdischen Geister drumherum, ist auch nur ein ambitionierter Schütze-Trip, nach dem immer eine Steinbock-Überprüfung durch die Realität kommen wird. Schönen Vollmond also allen! Etwas Hausputz übrigens tut mit dieser Stellung ganz gut - manchmal sogar mehr, als einfach nur gemütlich esoterisch zu räuchern und seinen Empfindungen nachzuhängen. Erde will ein Tun das nicht nur die innere Festplatte säubert. Wobei, wenn wir das jetzt etwas besser hinbekommen, ist auch schon viel gewonnen.
Bilder: Bing KI © sri