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Astro-Labor

Realitycheck: Wunsch und Wirklichkeit

follow yourAn eine Woche im (für mich wirklich sehr schwierigen) Jahr 2023 erinnere ich mich leider aus dem Stand besonders eindrücklich. An die Tage rund um Weihnachten. Kurz vor Heiligabend holte mich plötzlich bis weit nach Silvester erstmalig doch noch die "mikrobielle Krise" ein, wie eine der Astrologinnen mit der höchsten Schwingung Deutschlands Covid mal abmildernd nannte. Vor ein paar Tagen, inzwischen einigermaßen wiederhergestellt, wurde mir nun zufällig erst eine astrologische Wettervorhersage für genau diese Woche nachträglich in die Instagram-Timeline gespült. Und danach boten mir die YouTube-Bots auch noch eine Jahres-Vorschau 2023 als Clip an.

Ich habe erst gezögert und dann die günstige Gelegenheit ergriffen, mal metagnostisch (rückblickend) herauszufinden, wie denn da Wunsch mit Wirklichkeit übereinstimmt. Denn heute ist die gelebte Zukunft von gestern. Und 2023 nun sogar richtige Vergangenheit. Was auch heißt, gut überprüfbar in Bezug auf Ablauf und Atmosphäre seinerzeit. Da die neue "woke" Wunschkultur gerade für astrologische Prognostik aber eine ziemlich gefährliche Mischung ist, dachte ich mir schon, was mich erwartet. Oft Subjektivität als Dogma und Beharren auf das eigene "Gefühl" (womit man paradox aber mehr Denken und dessen Storys ausdrückt). Dieser Trend hat ja massiv auch die Astrologie erreicht.

Letztlich geht sie das kulturelle Klima immer mit, was an sich kein Fehler ist, aber eine gute Beobachtung und Distanzierung von weltanschaulich verstrickenden Eintrübungen braucht. Wobei Horoskope jetzt öfter in Bergen aus verbaler Zuckerwatte und all den angeblich bewussteren Allgemeinplätzen versinken. Das heißt: Erlaubt ist astro-kulturell gerade auch, was man als Deuter "irgendwie" stimmig spürt. Manchmal völlig ohne Bezüge zu astrologischer Lehre. Es ergeben sich dann seltsame Mischungen aus halb verstandener Psychologie, Rast- und Ratlosigkeit, Wunschvorstellung und Weltbildkonzept. Darum so brisant, weil damit Astrologinnen auch Menschen beeinflussen, Werte und Wertigkeiten.

Vorab: Wir irren uns alle. Das lässt sich nicht verhindern. Wenn es mir passiert (weit überzufällig), versuche ich die Einschätzungsfehler später für mich festzumachen. So lerne ich immer weiter. Aber es gibt da jetzt auch diese allgemeinere Tendenz zum Irrtum als Chance. Beide Web-Prognosen - jener Vorweihnachtswoche und von 2023 gesamt - waren aus heutiger Sicht für mich übrigens ein solcher Schlag ins Wasser, dass mich kurz Fremdscham überkam. Überprüft werden solche Wochen-, Monats- oder Jahresprognosen ja leider später kaum. Diese beiden, von unterschiedlichen Astrologinnen veröffentlicht, sprachen durchweg von fantastischen Möglichkeiten. Unterm Strich blieb: In der Wochenprognose stimmten selbst die Daten nicht, wichtige mundane Aspekte wurden weggelassen, andere fachlich falsch gedeutet und - natürlich - wie häufig auf Simpel-Klischees gesetzt. Beispiel: Während ich schwer angeschlagen mit Corona im Bett lag und hoch fieberte, prophezeite die Deuterin: Samstag vor Heiligabend herrscht ja den ganzen Tag Stiermond. Da genießen wir unser Essen mehr und sind sinnlicher. Gut, vielleicht wenn man essen kann. Das gelang mir seit drei Tagen nicht mehr. Und was nun? Auch für mich herrschte ja Stiermond. So zeigen sich dann eben die Fallen platter Pop-Astrologie, die 999 andere Ausdruckslevels von Stier-Mond auslassen, die man auch anders zusammenfassen könnte.

Prognose ist immer ein Risiko und mutig sind die, die es öffentlich wagen. So oder so. Klar, jede Astrologin muss auch verkürzen. Aber heute doch nicht mehr auf: Venus-Uranus = prickelnde Momente. Ähnlich in der Jahres-Vorausschau 2023, bloß "spiritueller": Im letzten Jahr stand Jupiter demnach utopisch gut. Weihnachten davor sogar im "großen Schöpfungsmoment", alles machte insgesamt die "deutliche Wende". Weil: Auch Pluto erschien ja - starting Start - in der neuen Ära Aquarius. Alle Zeichen auf Go. Das kosmische GPS zeigte, dass wir von einem Highlight zum anderen glitten. Regierungen wurden so richtig durchtransformiert, wir manifestierten besser als je zuvor. Kann es sein, dass ich 2023 in einer anderen Welt lebte als in der, die diese Prognose umriss? Für mich hat da das kosmische GPS nämlich völlig versagt. Es gibt - eben wegen solcher Ausreißer - schon Gründe, wieso die - im Vergleich zu den publikumswirksamen Weltbild-Optikerinnen - stabil arbeitenden Astrologinnen sich und den Konsumentinnen eine zu schwächelnde Allgemeinprognostik gern mal erspart. Vor allem einseitig negative oder positive Ausblicke. Weshalb man, wenn es doch nötig wird, weil die Nachfrage faktisch groß ist, verantwortlich mit den Konstellationen umgeht, die man als allgemeine Tendenz deuten muss. Aber Mensch will offenbar Schlagworte, die dann manchmal ähnlich schnell wirken wie eine Beruhigungs-Pille.

Ohne extrem viel Hintergrund-Arbeit mutiert aber ein Wochen- oder Jahres-Event leicht zur absolut subjektiven Wunschvorstellung mit Fakeverdacht. Schade. Man weiß doch, dass das Leben selten isoliert glänzend oder crashig ist, also kann es auch von den Jahrestransiten gar nicht einseitig so abgebildet werden. Ein bisschen ist das, wie weiter an Grimms Märchen glauben zu wollen. Nur mit New-Age-Terminologie. Natürlich sind wir auch alle subjektiv. Aber darum gibt es ja erfahrbare Regeln für ausgefeiltere Deutungen. Die guten Astrologinnen gehen in der Nachfrage dann aber oft unter. Allein, welche Arbeit es macht, all die gesellschaftlich wirksamen Konstellationen wirklich wie ein Mosaik (in gegenseitiger Beeinflussung) mundan = auf alle bezogen einigermaßen sauber und realistisch auszudeuten. Auf einem Hintergrund von vielen erforschten Vergleichen, wie sich ähnliche Aspekte historisch schon einmal zeigten. Wer das so nicht hält, begreift als Astrologe die Astrologie nicht mehr als eine Wissenschaft, die Wissen schafft, sondern macht sie zum Glücksspiel der Gefühle. Slogan: Pluto ist Transformation und - wow - umwälzend, Wassermann ist - wow - Change, also ist Pluto im Wassermann doch wohl: Transformations-Change. Tja. Wenn die Gleichung nur so einfach wäre. 

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Aber wenn man gerade im süffigen Chancen-Kosmos unterwegs und busy dabei ist, Einfluss zu nehmen auf die Stimmung von Leuten, vergisst man das wahrscheinlich leicht. Auch in der nur grob deutenden Astrologie geht es ja darum, sich möglich selbst als Verkünder von Gegenwart und Zukunft noch ein bisschen distanziert zu betrachten und auf dem Boden gründlich erforschter, astrologischer Differenzierungen zu bleiben. Wenigstens ansatzweise. Ich finde es wichtig, unbedingt auch Mut zur Wahrheit zu haben. Nur ist "Wahrheit" eben nicht immer das, was man sich wünscht und mit seiner grandiosen Intuition erfühlt. "Schpürscht du des?" sagte ein pragmatischerer Freund oft ironisch, wenn es um esoterische Weisheiten ging. Denen ich durchaus leidenschaftlich anhänge.

Aber nicht dann, wenn erst mal die astrologischen Grundstrukturen erfasst und zugeordnet werden müssen. Denn sie erst bieten die Form, die jede subjektive Lehre oder Leere absichert und Deutungen mehrdimensional macht. Ja, beispielsweise das Annus Horribilis, das schreckliche Jahr 2020, mit Pluto und Saturn im Meeting - es diente letztlich (mit seinen Schwierigkeiten) dem Ausbalancieren dessen, was Pluto im Schützen davor viel zu sehr erweitert hatte.

Womit sich davor einige Menschen (bis hin zu ganzen Sozialgefügen) plötzlich als in eine Art Halbgötter-Status gesetzt empfanden und danach plötzlich mit der harten Realität klarkommen mussten. Was? Mundschutz? Ich kann aber alles. Und mehr. Und meist. Wir auch. Wir haben DIE Vision! Solche Jupiter-Echos tauchten auf, emotional, als Pluto ein Zeichen weiter wanderte. Nur diesmal innerhalb eines anderen, viel irdischeren Settings, wo sie schmerzhaft mit den Forderungen des TÜV im Zodiak kollidierten. Im Steinbock. 2020, als Pluto und Saturn sich dort begegneten, brauchte es eben den dort sehr starken Saturn und seine Hindernisse, als anderes Extrem, um die aus den Angeln gehobenen Realitäts-Impulse wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Welt balanciert sich aus und der Tierkreis zeigt schon vorher, wie. Genau das passierte ja dann im Corona-Jahr. Nie war so viel Regel wie damals. Nie so viel Unmut des "Gefühls" aus dem Krebs gegenüber. Nie so viel Schimpfen auf Machthaber und "Herrschende". Man suchte ein Ventil statt Selbst-Disziplin, die eine andere saturnische Ausdrucksform gewesen wäre. Aber will man so etwas vorher den staunenden Suchenden auch ganz klar sagen? Einige Astrologinnen taten es. Das sind die guten. Andere vermieden es ganz. Und so geht es immer weiter. Die einen machen sich unbeliebt, weil klare Sicht eben nicht sehr sexy auf Zukuntssuchende wirkt. Die anderen beschwören lieber den nächsten Shift, der ja immer möglich scheint. Sie schwärmen dann chronisch von "Bewusstsein" und "dem Potenzial" in allem, das angeblich völlig unbegrenzt ist und Jahr um Jahr riesig scheint. Als gäbe es die Erd-Zeichen und -Planeten im Zodiak gar nicht. Was aber hieße, es gibt in Wahrheit auch keine Blockaden in der Welt, wenn ich sie mir einfach weg manifestiere. Nein, so läuft es nicht. Uranus steht ja gerade in Erde, dem Stier. Und Potenzial ist das, was nicht nur deshalb immer da ist - vor allem nicht nur, wenn Pluto den ersten Grad Wassermann entert.

Was man langsam auch besser nicht mehr als x-te neue Ära bezeichnen sollte, es ist weder new, noch different. Warum wird das Destruktive eigentlich so gern einfach astrologisch ausgelassen oder - wenn nicht - einem politischen oder sonstigen Feindbild untergeschoben? Und wieso überprüft nachher die große Hoffnung, die erweckt wurde, eigentlich kaum einer? Es hat, wenn man mich fragt, mindestens diese drei Gründe:

1. Diejenigen, die diese Voraussagen einfach so konsumieren, hoffen so sehr auf "bessere Zeiten", das sie sich entzückt dem leuchtenden Klima der Allgemeinplätze und Sprechblasen regelrecht ausliefern. In die Akzeptanz der "besseren Welt" werden sie seit Neptun in den Fischen ja auch durch so arbeitende Astrologinnen quasi hineingeredet. Denn die Sehnsucht, Kontrolle über die Zukunft zu haben, und sei es auch nur ein Millimü, ist sehr alt - und oft stärker als die realistische Fähigkeit, Enttäuschungen zu ertragen. Falls dann nämlich doch alles ganz anders wurde. Also schaut man später lieber nicht mehr hin. Für diese Sehnsucht muss sich auch keiner schämen - wir haben sie alle irgendwo, sie kommt aus dem Neptunischen. Aber man muss sich im Klaren sein, dass einseitige Illusionswelten immer dazu neigen, die mit hochschwappenden Ausgleichs-Bewegungen der Jungfrau-themen gegenüber zu verdrängen, umzudeuten, als total konstruktiv zu reframen. Obwohl man sie doch faktisch (er-)lebt. Mit allem Dienst an der Wirklichkeit, die das 6. Prinzip nun mal Menschen abverlangt. Und auch mit der nötigen Vorsicht, die ebenso drin steckt - gerade gegenüber dem verführerisch destruktiv Neptunischen. Was du denkst ist wahr! Glaube mir, vertraue mir! Es müssen aber beide Pole zusammenkommen, um sich positiv auswirken zu können.

2. Es gibt inzwischen zu viele dieser intergalaktischen Botschafterinnen, die einfach jede Tendenz, ob trist oder rosig, mega positiv ausdrücken. Mir kommt das manchmal schon zwanghaft vor. Manche befinden sich ständig im UpLift durch chronischen Superlativ. Wird ja auch total gern genommen. Shift! Höchste Schwingung! Fantastische Offnung! Siehe Wassermann-Umtriebe + das Motto: Nie war mehr Anfang als heute! Das höre ich in den letzten drei Jahren z.B. zu jedem Jahreswechsel neu. Kam der Shift je? Hm. Hier nicht. Da wird einem dann manchmal gesagt: Ja, du bist eben einfach nicht fähig, ihn zu erkennen. Ob du nun Sonne-Neptun, Fische-AC oder Neptun in 12 hast. Dann plötzlich funktioniert die negative Beurteilung doch - um Argumente abzuwehren. Und genau das ist der passiv-aggressiver Woke-Dreh der Subjektivität, um alle Überprüfungen auszuhebeln. Sehr praktisch und sehr Double-Bind.   

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3. Die flache Form von Romantisierung und "Spiritualisierung" jeder real existierenden Härte hat natürlich gesellschaftlich und nicht nur idividuell viel mit der momentanen Woke-Kultur zu tun, die das Selbst als Manifestor und möglichen Zauberer der Wirklichkeit sehen WILL. Dabei aber leider übersieht, dass so ein Kontext nicht wirklich vom Selbst spricht, sondern beinhart ein Ego beschreibt, das sich das Dasein wenigstens mental untertan macht und Astrologie oft für persönliche Weltbilder verbraucht. Eine Spezialität von Egos. Solche magischen Umdeutungen wirken dann auf einige Menschen, die im Elend ihres Alltags feststecken, wie eine Drogen-Injektion: Wow! Alles wird gut, besser, am allerbesten. Danke!

Und fühlst du dich wieder schlecht, bist du vermutlich selbst schuld und schaust halt das nächste Video. Man hängt so garantiert an der Nadel. Dieser Form von Astrologie nützen die hoch schwingenden, unbeweisbaren Scheinwelten des Wunderbaren, weil der Taler dadurch auch für alle anderen Rest-Angebote rollt. Womit das Astrologinnen-Ego immer größer wird (die Leute applaudieren ja). Und überhaupt: Die nächste, stark von Geistwesen oder mentalen Fähigkeiten überfüllte Supi-Prognose wartet ja schon. Neuer Kick. Letztlich unbelegbar, ob ich als lebende und leidende Konsumentin vielleicht einfach meinen eigenen Shift übersehen habe. Oder noch nicht reif dafür war. Ich spüre doch auch plötzlich das Britzeln der kosmischen Öffnung, wenn ich den Prognosen lausche. Immer dann. Weil ich durch diese Dogma-Brille sehe.

Könnte ja sein, dass ich sonst nur geblendet bin von den Einflüsterungen der gemeinen Bewusstseins-Kritiker, die gerade gern auch als Sozial-Sklaven dargestellt werden. So wird dann jedes Nachhaken der Rationalität angeblich enttarnt als Unterwerfung unter semi-kriminelle Umtriebe von Geheimgesellschaften, die "uns alle" blind machen wollen. Aber ja - die existieren sicher. Aber nein - nicht die ganze Welt ist voll von ihnen. Manchmal ist der Zukunftskünder selbst auch einfach nur ein "falscher Prophet". Und in anderen Fällen schlicht total verwirrt. Ich kann das inzwischen so stehen lassen. Jeder darf seine Sicht auf die Astrologie behalten - aber was der alten "Mutter der Wissenschaften" schadet, das trifft mich persönlich immer wieder. Kein Mensch (als die Anhänger selbst) kann sie unter falscher Flagge der Allwissenheit ernstnehmen. Muss das denn sein? Nein. Aber ich fände es schön, weil in ihr so unendlich viel Weisheit und Möglichkeit zum Enträtseln kosmischer Zyklen steckt, die gerade wieder per Rundumschlag verflachen.   

Gerade die "Gröbest-Astrologie" trifft leider irgendeinen Kern dann auch nicht mehr "immer irgendwie", sondern inzwischen oft nur noch den Kern fremder Welten, die man irgendwo draußen im All vermutet. Mit allen Ablegern wie dem kollktiv erweiterten Bewusstsein, das dann überall festgestellt wird. Ganz wichtig: Natürlich kann man als Astrologin schön und klar eine Zeit-Tendenz aus den größeren Konstellationen einer Woche, eines Monats, eines Jahres ableiten. Aber eigentlich brauchte das immer den Disclaimer: "Leute, in Bezug auf eure Radixbilder kann das tatsächlich absolut paradox laufen. Also Vorsicht!" Das passiert aber so gut wie nie. Es gibt dabei durchaus Astrologinnen, die den Balanceakt zwischen Allgemein und Speziell sehr gut gestanden haben. Zum Beispiel beim Astrodienst eine Weile und selbst ich war sogar oft überrascht, wie stimmig die Tendenzen auch bei späterer Überprüfung daherkamen. 

Meist sind da aber auch Expertinnen am Werk, die ihr Metier noch als Herausforderung verstehen, selbst viel Transitarbeit im eigenen Leben erledigt haben und von daher - arbeitstechnisch aufwendig und oft schlecht bezahlt - die kommenden Aspekte fantastisch zusammenfassen. Nur: Das muss man können. Auch ohne große Gesten, vor dämmrigen Sternendia-Hintergründen und mit verbalen Wuchtbrummen, die alle Lichter auf einmal zünden wollen. Wenn man da nicht aufpasst, dümpeln die Vorhersagen sonst eben weiter im tristen Bodensatz der allgemeinen Oberflächlichkeit vor sich hin. So shiftig oder surreal und spannend man es auch für die Leute draußen darstellt. Was ja viele tun. In den raren, guten Wochen-, Monats- oder Jahres-Horoskopen finden sich eher selten kosmische Klischees wie "Bei Krebs-Mond machst du es dir heute gern gemütlich" oder: "Du gehst jetzt durch Gefühl aus deinen Glaubenssätzen heraus!". Auch "Jupiter im großen Schöpfungsmoment gibt dir jetzt das Go!" ist eine sehr, sehr schöne, aber sehr, sehr allgemeine Ansage. Worin die ganze Bandbreite des Down- oder UpLevelns der billigsten, verführerischsten und der für mich bittersten Art des Umgangs mit Zeitzyklen steckt. Universelle Querschläger, die den Wunsch von Menschen ausnutzen, ihr Leben möge auch nach vorn (und nicht nur nach hinten) einsehbar sein. Was Astrologie in der öffentlichen Sicht mantrahaft genau in jenes Abseits schießt, wo sie vor vielen Jahrzehnten schon steckte. Dann gibt es vielleicht künftig in öffentlicher Wahrnemung nur noch "die Verrückten" oder "die armen Realisten". Dazwischen: Großer Graben. Wobei: Saturn/Neptun auf 0° Widder wird es schon richten.

OIG 18Um diese lange Analyse des Jetzt mit einem kurzen Beispiel aus besagtem Weihnachts-Wochenhoroskop (das ja für alle gedacht war) zu beleben: Selbiges schwenkte - nach den vielen Daten-Fehlern und sachlich völlig absurden Voraussagen - in die Feier-Schlusskurve ein: Heiligabend! "Vielleicht möchte man auch noch mal an die Luft gehen." meinte die Astrologin ernsthaft. Weil Luft! Zwillinge! Wo Mond stand. Ja, dachte ich - für mein Teil: Man will das oft. Spazieren gehen. Auch bei Wasser-Mond. Und man konnte es da nur nicht mehr, wenn man ich war. Weil krank. Und wollen wollte ich es auch nicht. Selbst die versprochene, merkurisch-lunare Liebe zu Austausch und Gespäch ließ massiv zu wünschen übrig. 

Eine von uns (ich) hing beim Feiern genau 15 Minuten lang auf dem Küchenboden auf Halbmast, aber mit Maske, und hielt mich am Küchenschrank fest (aus Schwindelgründen). Während die unangesteckte Familie (auch mit Maske) in 2 Metern Abstand schweigend mein Unglück beobachtete. Da ich nicht mehr sprechen konnte. Kehlkopfentzündung und man meine Stimmbänder nicht herausfordern wollte. Zwillinge-Mond war wohl kaputt. Vielleicht hatte er sich aber auch diesmal nur als Mönch mit Schweigegelübde verkleidet. 

Dann wankte ich wieder ins Bett. Sehr gute Voraussetzungen also für Heiligabend, fasste die Astrologin zusammen. Denn dem winkte ja - vorgeblich vielversprechend - auch schon das kurz drauf stattfindende Trigon von Venus zu Neptun. "Die romatischste Konstellation, die es überhaupt am Planetenhimmel gibt." Ich weiß, was sie meinte, denn ich habe selbst dieses göttliche Trigon (aus ihrer Sicht ein Garant für wundervolle Zeiten) im Radix. Mit ziemlich mäßigem Ergebnis. Was soll's, man gab mir noch mit auf den Weg, dass man drum 2023 auch den spirituellen Hintergrund von Weihnachten positiv sentimental fühlen könnte.

Das war allerdings die Prognose-Granate, denn sie traf hier den Nagel auf den Kopf. Ich war sehr sentimental und betete tatsächlich, dass mein Virus mich bitte bald verlassen sollte. Sogar etwas Manifestation habe ich versucht, aber das interessierte die Angreifer der "mikrobiellen Krise" offenbar nicht. Andere spirituelle Sentimentalitäten spielten sich bei uns zuhause diesmal erst gar nicht ab. Wie vielerorts. Zum Beispiel in Gaza oder der Ukraine. Außer vielleicht, dass mein Junge befürchtete, bald Waise zu sein. Und möglicherweise auch heimlich betete. Woran das lag? Dass wir alle völlig andere, schwerere Transite hatten und dass Stiermond für den einen eben gar nicht lecker Essen, sondern Existenzkämpfe bedeutet. Wie für den anderen ein Venus-Neptun auch ein paar schöne Illusionen in Beziehungen bringen mag, aber eben potenziell Illusionen.

Was auf der bürgerlichen Ebene der "Nicht-Eingeweihten" keinerlei spirituellen Charakter haben muss, sondern, wie alles, was Neptun betrifft, auch als schmutzige Wäsche enden mag, die man am Beziehungsende enttäuscht wieder und wieder wäscht. Astrologie wird jedenfalls immer nur so genau sein können, wie die Referenz-Horoskope, auf die sie sich bezieht. Und wie der Astrologe oder die Astrologin. Die, wenn sie gut sind, erst mit einem Bezugskontext das 1000fach mögliche Ausdrucksfeld eines Planeten, eines Zeichens oder einer Konstellation auf dem korrekten Level auslesen können. Was an sich schon schwer genug ist. Statt einseitig auf die eigene Begeisterung über die 'beste Zukunft ever' hereinzufallen. Denn so lange es noch Quadrate oder Oppositionen in Mundan-Zusammenhängen gibt (hoffe, sie werden nicht bald aus dem astrologischen Kanon heraus amputiert) und wichtige Herrscher-Clashs oder Langsamläufer-Aufenthalte in freundlichen oder feindlichen Zeichen existieren, ist alles andere Verdummung. Opium des Volks oder für das Volk.

Astrologie ist ja nicht statisch, sondern dynamisch. Sie besteht auch nicht aus schlappen Mutmach-Sprüchen, schicken Keywords oder einer persönlichen Kosmo-Show. Was einem vielleicht auch noch lockend suggeriert, dass man ein geheimes, spirituelles, auserwähltes Talent ist, das nicht zufällig in diese Galaxie fiel. Um 2024 - nie war mehr Anfang als in diesem Jahr, aber diesmal wirklich! - mit kollektiver Energie das Universal-Bewusstsein zu verändern. Quasi fast im Alleingang. Es kommt da vielmehr mundan so immens auf die Empfänger-Konstellationen an. Wobei die Jahrgänge oder Generationen mit Pluto, Saturn, Uranus oder Neptun im Skorpion von dem angeblich immer noch erwartbaren Shift des Pluto oder anderer Kollegen aus dem oder im Wassermann nur wenig ungetrübte Freude haben werden. Falls der berüchtigte Shift (natürlich immer positiv!) denn doch noch stattfinden sollte. Wochen- oder Jahresprognosen zu lesen, kann man insofern auch als nettes Hobby und Ersatz für Diazepam betrachten. Es sei denn, ihr stoßt auf Menschen, die es wirklich können, und euch auf die verschiedenen Ebenen vorbereiten, die eine Zeitqualität annehmen kann. Was heißt, dass sie sich auch bewusst sind, welche Bilder sie schlechtestenfalls mit Jubel-Vorschauen in die Welten und Gehirne setzen. Und wenn ich eins in dem Zusammenhang nur wünschen kann, dann wünsche ich euch solche wirklich guten Astrolog*innen, die mit euch direkt arbeiten. Denn davon gibt es auch noch so einige, die oft nur nicht so viel Glitzer-Show machen. Es geht ja um Qualität und nicht um die größte Social-Media-Gruppe, die schönste Astrozeitung, den tollsten Insta-Post oder die meisten Views. Das alles ist gutes Marketing. Manchmal trifft es zusammen mit guter Astrologie. Manchmal aber auch leider gar nicht.

Bilder: Bing KI -  © sri

Donnerstag, 21. November 2024

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