2015 BZ509: Gegen den Strom
Ein bisschen ist es wie bei Asterix - alle tun alles gleich, nur ein paar Außenseiter nicht. Im Astro-Latein heißt das dann "uranisch" und in Astronomie-Sprache: retrograd. Nicht zu verwechseln mit der astrologischen Rückläufigkeit. Die ist nur scheinbar. Da sind wir nun aber konfus. So soll es sein, beim sehr realen Kleinkörper 2015 BZ509. Es vergeht ja kaum ein Tag, an dem nicht etwas Neues am Himmel entdeckt und spannend "verkauft" wird. Diesmal ist's einer der seltenen kosmischen "Geisterfahrer", der schon seit einer Million Jahre ungewöhnlich unfallfrei am Himmel gegen den Strom schwimmt und Jupiters Bahn dabei sogar zweimal pro Runde fröhlich kreuzt.
Risiken inbegriffen - und das sind, wie man als Autofahrer ahnt, nicht wenige. Zusammen cruisen sie nun um die Sonne in einer Art gequetscht liegender Acht, die Trisectrix heißt. All das, ohne dass BZ (Kurzname, Uni-Grafik links in hoffnungsvollem Grün)) wie die vielen anderen Reisenden, irgendwann vom System geschluckt oder weggetreten würde. Ein rebellischer Asteroid, der da Katz und Maus mit dem mütterlich begleiteten Gasriesen Mr. Jupiter spielt. Wobei David dem Goliath und anderen kosmischen Kollegen noch mehr exzentrisches Sein beweist. Wie Professor Paul Wiegert von der Universität West-Ontario erforschte. Mach alles anders als andere und bleibe dennoch kollisionsfrei, hat sich der kleinkörperige Fremdling mit nur 3 Kilometern Größe auf die Fahnen geschrieben.
Das muss man erst mal bringen. Immerhin 726.261 Asteroiden kennt man bis jetzt, aber nur 82 von ihnen kreisen astronomisch trotzig retrograd. Und da alles mit allem zuammenhängt, passt er als Maverick nicht nur gut in diese Zeit, sondern auch zum Horoskop der BZ-"Bahnbestimmung" von 2016, wo man nach der Entdeckung ein Jahr vorher dann die Details über den Neuling richtig festklopfte (daher als Radix deutbar, hier). Am Sichtungs-Tag befand sich allein der Uranus als Revolutionär unter den üblichen Verdächtigen (astrologisch) im Retro-Modus. Was inhaltlich den BZ509-Außenseiters sehr schön spiegelt, der sich einfach nicht von seinen Runden abbringen lassen will.
Denn das passiert sonst leicht, weil entweder Jupiter als wichtige Größe ihn stabilisieren und einnorden würde, oder andere Körper ihn weglocken. Bzs Entdeckung im Januar 2015 war aber bereits sehr eigenwillig uranisch gewesen, mit Wassermann-Merkur an der Venus, wobei Venus bei besagter "Orbit Determination" ein Jahr danach dann wieder an genau diesem Ort ihres Ursprungs zu finden war. Alles aufeinander beziehbar, kein Zufall und höchst exzentrisch, wenn man als Forscher die "richtige" Richtung kennt, sich wie Gott über den nördlichen Ekliptikpol fantasiert und wie über ein gedankliches Zifferblatt interessiert in die universelle Landschaft dieses merkwürdigen Verhaltens späht. BZ 509 jedenfalls gilt nun als eine Art "Kind" des "Elternkörpers" Jupiter - nur ist seine Bahn eben richtungsmäßig neben der Spur. Sprich, er läuft im Uhzeigersinn, nicht gegenläufig, wie die Mustermann-Bahn des genormten hiesigen Körpers im näheren All so vorgibt. Wobei man sich immer klarmachen muss, wie und von wo aus man eigentlich bei diesem Richtungs-Chaos in die Sterne sieht, da Grad der Erkenntnis ja immer vom Standort abhängt.
Der wilde Besucher (rechts der Entdeckungs-Tag, der Unklarheit über die genaue Position und Zeit geschuldet, auf Ontario-Universität-Standort mittags berechnet) wurde dann offiziell als "ein retrograder Co-Orbital-Asteroid des Planeten Jupiter" festgenagelt. Er kreuzt dessen Bahn zweimal je Runde (von denen es um die 1000 gab bisher) und zwar je einmal innen, einmal außen der "Bahnblase". Der Asteroid könnte, laut Forscher-Team, ein "Halley-Familien-Komet sein, der durch eine Interaktion mit Saturn in die jetzige Resonanz eingetreten ist". Kurz, möglicherweise stammt er aus den unendlichen Weiten der Oortschen Wolke, am Tellerrand des Sonnensystems, wo viele kosmische Touristen herkommen, die man nicht genau orten kann.
All die Jungs da oben ziehen sich dann ja an oder stoßen sich ab und es werden daher immer wieder neue Besucher aus den unendlichen Weiten in die Nähe unseres Systems gelockt und irgendwann dann dem Menschen auffällig.
Tag der Bahnbestimmung (links, mit genauer Zeitangabe in UT):
Uranus ist, wie angemerkt, bei der so wichtigen Bahnbestimmung, wo die Parameter solcher Neulinge dingfest gemacht werden, als einziger Faktor rückläufig und weist schon auf das Irreguläre am Geisterfahrer BZ509 hin. Auch Wassermann-Venus steht noch mal auf den Grad genau da, wo sie sich bereits mit Merkur befand, als der Asteroid entdeckt wurde. Mars im letzten Wassermann-Grad in 11 bestätigt die radikal autonome Stur- = Eigen-heit, die man von Luft- (aber zum Teil auch Feuer-) Zeichen kennt, wenn man ihnen etwas verordnen will, was nicht auf ihrem Mist wächst.
Sonne am GZ macht klar, dass es sich hier wirklich um einen außergewöhnlichen Verlauf handelt. Lange haben sich die Forscher gefragt, wieso eigentlich nach den tausend Runden aus einer Million Jahren Umlauf der kleine, fremde Asteroid mit seinen Querschläger-Tendenzen nicht entweder vom System eingefangen und angepasst wurde, wie das normalerweise passiert. Oder auch aus dem Team geschoben, so dass irgendwann doch wieder klare Verhältnisse herrschen. Stattdessen rechnet man sich sogar eine weitere Million Jahre von befremdlich ungewöhnlicher Kreuzung der Jupiter-Bahn aus. Dass David mit Goliath weder zusammenstößt, noch eine stärkere Annäherung oder Abwehr durch die Schwerkraft des "mütterlichen" Elternkörpers passiert, liegt aber wohl an den beiden "wippenden" Kreuzungspunkten der Bahn mit Jupiter.
Wo der Kleine vom Großen erst, innerhalb der Grenzen, herangezogen wird, gerät er danach wieder weiter hinaus, außerhalb der Grenzen. Die Bahn bleibt insgesamt dann aber genauso, wie sie schon war. Ausbalanciert. Wie ein ödipales Perpetuum Mobile. Uranus in 12 Opposition Jupiter in 6 eben Anno Bahnbestimmung. Oder lyrischer: Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne, auch wenn man nur ein sehr kleiner Asteroid ist (der vermutlich heimlich in Wahrheit eher Obelix als Asterix heißt = als Kind in den Zaubertrank gefallen...)
Originalsprachlicher Artikel: Nature, Daten über den Asteroiden: Nasa JPL
Bild (bearbeitet): University of Western Ontario