Die neuen Farben der Zeit
Wenn man das astrologische Modell als kosmisches Zeit-Ordnungs-System begreift, als eine bildhafte Analogie, die die Mechanismen des Raum-Zeit-Kontinuums aus einer anderen Perspektive beleuchtet als die Naturwissenschaften, dann muss man sich zwingend eine Frage stellen:
Wo bitte sind auf dieser kosmischen Uhr die Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger?
Das Ziffernblatt des Zodiaks zeigt gemeinhin ja nur zwölf Abschnitte. Und je nach Umlaufgeschwindigkeit der einzelnen Planeten verweilen diese mehr oder weniger lang in einem davon. Seit ca. 14 Tagen steht die Sonne jetzt im Zeichen Skorpion, belässt man es dabei, dann würde das zwangsweise bedeuten, dass sie sich auch in den nächsten zwei Wochen durch ein und dieselbe Hintergrund-Atmosphäre bewegt. Die Welt wandert also symbolisch durch eine Landschaft, die ganz plötzlich aus dem Nichts entsteht, sich zwar von der vorherigen unterscheidet, aber in ihrer gesamten Ausdehnung nur eine einzige Struktur kennt, die sich innerhalb dieses Abschnitts nie verändert.
Stimmt das mit unserer Lebens-Erfahrung, mit unseren eigenen Beobachtungen überein?
Wohl kaum…
Versierte Astrologen und Astrologinnen werden jetzt zu Recht einwenden, dass sich die Dynamik des astrologischen Modells ja nicht nur aus den Zeichendurchläufen der Planeten ableitet. Sondern dass es im Prinzip eine fast unüberschaubare Anzahl von unterschiedlichen Rhythmen gibt, die in ihrer Gesamtheit das Phänomen der Zeit wiederspiegeln. Mond- und Planetenphasen sind ein Beispiel, der Häuserkreis ein anderes. Kombiniert man all das, hat man tatsächlich ein weitläufiges Spektrum an verschiedenen Intervallen, die, jedes für sich gesehen, auch anwendbar und aussagekräftig sind.
Trotzdem bleibt der etwas fade Beigeschmack, dass der grundlegende Hintergrund, der Zodiak und seine Unterteilungen, etwas grob gestrickt ist. Eine Uhr eben, auf der die kleinen Zeiger scheinbar fehlen.
Abhilfe schafft hier ein Modell, das schon die alten Griechen kannten. Manilius, dessen Astronomicon Libri V eines der ältesten, astrologischen Werke aus unserem Kulturkreis ist, verweist in seinem zweiten Buch auf eine Methode, die unter dem Namen Dodekatemorion bekannt war. Demnach wird jeder einzelne 30° Abschnitt des Zodiaks wiederum in zwölf gleich große Phasen unterteilt, alle 2°30´ ändert sich also der atmosphärische Hintergrund innerhalb eines Zeichens. Im Artikel Harmonische Resonanzen habe ich schon vor einiger Zeit versucht, die Grundlagen einer möglichen Anwendung in der Deutung aufzuzeigen.
Aber auch wenn es um mundane Auslösungen geht, um die Farben der Jetzt-Zeit, bietet dieses Modell vielschichtige und neue Beobachtungs- und Erklärungs-Möglichkeiten. Vergleichen kann man dieses Herangehen mit dem Prinzip der Fraktale, der naturgegebenen Selbstähnlichkeit aller Prozesse. Eine vertiefende Erklärung dazu, würde den Rahmen dieses Artikels komplett sprengen, wer sich mehr mit dem fraktalen Weltbild beschäftigen möchte, findet am Ende einige Links. Eine Übertragung dieses schlüssigen Systems auf das astrologische Modell ist nicht einfach nur eine moderne Zusatzvariante, sondern zeigt einen systemischen Ansatz auf, der die Vielfalt und Komplexität der astrologischen Bildersprache hervorhebt.
Praktische Beobachtungen
Jedes theoretische Modell bezieht seine Berechtigung auch aus seiner Anwendbarkeit, wenn es nicht nur als philosophischer Hintergrund gedacht ist. Und die „Harmonischen Resonanzen“ oder „Zodiaktale“ zeigen ihre Wirksamkeit vor allem in der Beobachtung aktueller Auslösungen bzw. Zeichendurchgänge einzelner Planeten. Nehmen wir als Beispiel den heutigen Stand von Neptun.
Jetzt, als ich gerade diesen Artikel aktualisiere, also gegen 19:27 Uhr steht Neptun auf 13°47´17" in den Fischen. Wir haben also, musikalisch betrachtet, einen Grundton. Wenn wir unsere westliche Tonleiter als symbolische Analogie nehmen, dann würde dieser Grundton, das Zeichen Fische, dem H entsprechen. Ein Klang besteht jedoch aus vielen, weiteren Schwingungen, wie den sogenannten Obertönen. Das H selbst ist ohne sie nur ein einfacher Sinus-Ton mit einer bestimmten Frequenz, Neptun verkörpert in diesem Beispiel ein spezifisches Instrument, einen Klangkörper, der durchaus feinstofflicher Natur sein kann.
Unterteilt man das Zeichen Fische jetzt in zwölf Abschnitte und betrachtet das gesamte Zeichen als eigenen kompletten Zodiak, dann befindet sich Neptun gerade in der sechsten, der Jungfrau-Phase. Oder in Zahlen ausgedrückt: auf 15°27´29" Jungfrau. Der erste neptunische Oberton des aktuellen Moments hätte also eine F-Färbung (sechster Ton in der Tonleiter analog zum Jungfrau-Prinzip). Aber ähnlich wie in der Musik, bleibt diese Klangfarbe nur eingebettet in den Grundton hörbar, steht also nicht alleine für sich und sollte daher auch immer nur im Zusammenhang mit Neptuns Grundstellung gedeutet werden. Anders ausgedrückt: aus dem Fische-Neptun wird kein Jungfrau-Neptun, lediglich eine bestimmte Klangfarbe lässt alles merkur-jungfrauhafte für eine gewisse Zeit mitschwingen.
Im Sinne der fraktalen Selbstähnlichkeit ist es natürlich auch statthaft, diesen Jungfrau-Abschnitt innerhalb der Fische wiederum als in sich geschlossenen Kreis zu sehen. Dann erklingt ein weiterer, noch feinerer Oberton, jetzt allerdings schon in einem Frequenzbereich, der kaum noch hörbar ist, nichtsdestotrotz aber Teil des gesamten Klangbildes bleibt. Umgerechnet steht Neptun in dieser zweiten „harmonischen Resonanz“ auf 5°29´25" Waage, das Grundthema wird also gerade subtil venusisch verstärkt.
Praktisch sind jetzt auf unserer Neptun-Uhr zwei neue Zeiger sichtbar, die, wenn man so will, zusammen die Stunden und Minuten seines Durchlaufs durch das Fische-Segment anzeigen.
Bildlich gesprochen ist Neptun´s Tag somit ein „Fische-Tag“, sein Stundenzeiger steht auf Jungfrau und der Minutenzeiger läuft gerade durch das Waage-Segment. Natürlich könnte man rein theoretisch auch noch die Stellung des Sekundenzeigers berechnen (5°52° Zwilling), wir könnten die kosmische Zeit in hundertstel oder tausendstel aufteilen und selbst bis zur Plank-Zeit vordringen. Wer also in den Welten der Quanten zuhause ist, dem wünsche ich viel Vergnügen dabei, ansonsten sei dringend davon abgeraten. Zumindest wenn es um die Anwendbarkeit dieses Modells geht.
Denn bei einem Langsamläufer wie Neptun mag man diese feinen Unterteilungen noch halbwegs nachempfinden können, bei einem Mondumlauf würde schon dessen Minutenzeiger im selben Zeittakt von einem Zeichen zum nächsten springen.
Sinn dieses Artikels ist es aber, nachvollziehbar zu machen, wie man im Alltag diese neuen Farben der Zeit beobachten und erfahren kann, ohne dabei gleich in Stress zu geraten und den "Wald vor lauter Bäumen" nicht mehr zu sehen. Hier bietet sich für den Anfang die Beobachtung des aktuellen Sonnen-Durchlauf durch das Skorpion-Zeichen an.
Bleiben wir beim obigen Bild, dann wäre dieser Durchlauf vergleichbar mit einem Sonnen-Tag, die „Sonnen-Stunden“ ergeben sich dann aus der ersten „Harmonischen Resonanz“, alle 2°30 also entsteht ein neuer Oberton, findet ein fraktaler Zeichenwechsel statt
Hier die genauen Zeitpunkte dieser Wechsel in den nächsten Tagen:
Datum |
Uhrzeit |
Zeichen-Oberton |
In Resonanz mit |
07.11. |
12:31 |
Waage |
Venus |
10.11. |
00:15 |
Skorpion |
Mars/Pluto |
12.11. |
11:55 |
Schütze |
Jupiter |
14.11. |
23:31 |
Steinbock |
Saturn |
17.11. |
11:05 |
Wassermann |
Saturn/Uranus |
19.11. |
22:34 |
Fische |
Jupiter/Neptun |
22.11. |
10:01 |
Wechsel der Sonne ins Zeichen Schütze |
„In Resonanz mit“ bezieht sich auf den generellen Themenkomplex dieser Phase. Der Durchlauf der Sonne durch die Skorpion-Phase aktiviert ja in gewisser Weise alle marsianisch-plutonischen Bereiche, sowohl bezogen auf die Welt als Ganzes, wie auch auf jeden Einzelnen von uns. Daran ändert sich nichts, nur die Art und Weise wie dieser lebendige Prozess vollzogen wird, bekommt jeweils einen anderen „Unter- bzw. Oberton“.
Je nach Mensch und Umständen kann sich dieses Grundthema auf fast alles beziehen, was im eigenen Kontext „skorpionisch" bedeutungsvoll ist. Viele Möglichkeiten und Variationen also, und ich würde mich freuen, wenn es hier einige Forscherinnen und Forscher gäbe, die ihre eigenen Erfahrungen und Beobachtungen teilen möchten.
Fragen und Vorschläge dazu sind herzlich willkommen (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!), in diesem Sinne fröhliches „fischen“ nach neuen Erkenntnissen.
Links:
Wikipedia Einträge: Fraktale, Sierpinksi-Dreieck
Artikel zum Thema: Harmonische Resonanzen
Titelbild: By Godot13 (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons